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»Bist du verrückt geworden? Das ist der Mann, der auf meinen Boß…«

      »Er ist es nicht!« unterbrach ihn der Sheriff. »Du hast dich durch die Spur täuschen lassen, die sich auf den Felsen verlor. Matt, was hast du in den letzten beiden Tagen getan? Sage es ihm – schnell!«

      Der Breitschultrige blickte von Walsh zu Warren.

      »Ich habe zwei Antilopen geschossen und sie nach Dos Cabezas zu Chicco Gonzales gebracht«, sagte er grimmig. »Chicco hatte sie bestellt, John. – Das also ist Don Walsh?«

      »Ja, das ist er«, bestätigte Warren düster. »Er kennt dich nicht, sonst hätte er diese Verücktheit nie begangen.«

      »Verdammt, was soll das?« fauchte Walsh. »Der Morgentau hatte die Spur auf den Felsen gelöscht, aber unten fand ich sie wieder und…«

      »Und hast nicht gesehen, daß sie älter war und eine Spur von einem Maultier gemacht worden ist!« fuhr ihn Warren zornig an. »Wir haben hier kalte Nächte und jeden Morgen Tau, der alle Spuren löscht, Walsh. Weißt du, wo du hier bist? Kennst du den Mann?«

      »Nein«, entgegnete Walsh wütend. »Warren, ich habe in Colorado und New Mexiko genug Spuren verfolgt, ich irre mich nicht.«

      »Diesmal hast du dich geirrt. Hier haben wir Halbwüstenklima mit bedeutend mehr Tau in den Bergen. Du hast den falschen Mann verfolgt, Mister. Der da ist Mathew McGruder.«

      Don Walsh zuckte unwillkürlich zusammen. Man hatte ihm nur andeutungsweise von dem ältesten Sohn des Alten erzählt. Sobald die Rede auf Matt McGruder gekommen war, waren die Männer der Ranch schweigsam geworden.

      »Was?«

      »Ja«, sagte John Warren. »Der alte Löwe hätte dich in die Hölle gejagt, wenn seinem Sohn was passiert wäre, ganz gleich, wie er mit ihm steht. Du kennst Lionel McGruder noch lange nicht, Mensch. Spuren altern nach einer Nacht so sehr, daß sich schon mancher getäuscht hat. Der Mann, hinter dem du her bist, ist über die Felsen geritten. Er hat sie bis zum Morgengrauen nicht verlassen. Jetzt gibt es keine Spur mehr, ich könnte sie auch nicht finden. Von mir aus such weiter, aber es dürfte zwecklos sein. Matt, jemand hat aus dem Hinterhalt auf deinen Vater und Bill Shivers gefeuert.«

      Matt McGruder hatte große Ähnlichkeit mit seinem Vater. Er war bedeutend größer, schwarzhaarig und hatte auch nicht die hellen Augen seines Vaters.

      »So?« sagte er leise und preßte die Lippen zusammen. »Wer kann das gewagt haben, John?«

      »Ich weiß es nicht«, antwortete Warren. »Matt, ich vermute, es ist jedesmal derselbe gewesen. Nach der Art, wie er schießt, kann er kein berufsmäßiger Killer sein. Ich tippe eher auf einen mexikanischen Pistolero. Vielleicht war es auch einer von den Halunken, die an eurer Südgrenze hausten und euch vor Jahren Vieh abtrailten. Damals starben einige Männer. – Also Rache?«

      »Und wo war der da?« fragte Matt grimmig. »Wo war er, John?«

      »Hören Sie!« schnaubte Walsh wild. »McGruder, wenn Ihr Vater einen Befehl gibt, dann muß ich gehorchen. Er wollte mit Shivers allein reiten. Genügt das?«

      »Es reicht – es reicht genauso wie das, was Sie hier angestellt haben«, knurrte Matt. »Verschwinden Sie, Walsh – schnell!«

      »Tut mit leid«, sagte Walsh. »Warren, wohin kann der Kerl geritten sein?«

      »Wahrscheinlich durch die Pedregosa-Berge nach Süden«, gab der Sheriff zurück. »Er kann auch eine andere Richtung genommen haben. In den Pedregosas gibt es nur Steine. Auf jeden Fall kennt der Kerl sich aus.«

      »Nun gut, ich werde suchen.«

      Der Revolvermann drehte sich um und ging davon, während John Warren absaß und der zitternden Clarissa McGruder die Hand auf die Schulter legte. Dem Jungen

      war nichts geschehen, seine Mutter hatte ihn auf die Arme genommen.

      »Vielleicht denkt er, ich hätte auf ihn geschossen, was?« sagte Matt düster. »Hm, wer weiß, was man ihm über mich erzählt hat.«

      »Weniger als mir, wette ich«, erwiderte John gelassen. »Matt, ich bin sicher, daß die Sache zwischen dir und Lion in Ordnung käme, wenn du den ersten Schritt machen würdest.«

      Über Matt McGruders Gesicht huschte ein Schatten.

      »Nein!« sagte er verbissen. »Er hat mich wie einen Hund davongejagt. Er kennt Clarissa nicht mal, er haßt sie. Wenn ich ihm die Peitsche nicht entrissen hätte, hätte er mich totgeschlagen.«

      »Matt, du hast ihm die Stücke ins Gesicht geworfen, oder?«

      »Das – das tut mir leid, ich wollte ihn nicht verletzen. Er hat immer mehr an Howie gehangen, der ist sein Ebenbild.«

      »Aber Howie kommt doch hierher, obwohl er es ihm verboten hat, Matt.«

      »Wenn er das wüßte, würde er Howie auch noch davonjagen. John, was Lionel McGruder einmal gesagt hat, das nimmt er nie zurück.«

      »Meinst du?« antwortete John Warren. »Matt, machmal habe ich das Gefühl, daß der alte Löwe einige Dinge längst bedauert. Mag Howie ihm auch ähnlich sehen, charakterlich gleichst du deinem Vater mehr. Sicherlich weiß er inzwischen auch, daß du schon zweihundert Rinder besitzt, daß deine Frau die schönsten Teppiche in dieser Gegend webt und ihr aus den ersten Schwierigkeiten heraus seid. Clarissas, Judy Weiser wartet auf neue Teppiche.«

      »Ja, ich weiß, Sheriff. Ich werde nächste Woche in die Stadt fahren und sie ihr bringen«, erwiderte Clarissa leise. »Wir werden es schon schaffen, Sheriff. Matt ist sehr stolz.«

      »Das sind alle McGruders, selbst dein leichtsinniger Bruder Howie, Matt«, sagte John. »Eines Tages wird er den Bogen überspannen, fürchte ich. Er hat sich gestern mit Cannonball und Einohr-Joe Murphy angelegt, der wilde Bursche. Matt, ihm fehlt sein älterer Bruder.«

      »So? Ich glaube eher, ihm hat die Strenge gefehlt, mit der ich erzogen worden bin. Er wird sich schon die Hörner abstoßen, John, ein schlechter Kerl ist Howie nicht.«

      *

      Jim Lawson warf Howard McGruder einen verstörten Blick zu und zügelte dann sein Pferd. In der prallen Nachmittagssonne blendete Lawson die weiße Mauer der Stellmacherei von Sam Winters so sehr, daß der Zureiter blinzelte. Dennoch hatte Lawson genug gesehen. Im Hof der Stellmacherei – sie lag neben der Schmiede von Joe Winters, dem Bruder Sams – hockte Luke Harris auf dem Doppeldeichsel-Buckboard.

      Cannonball Jacksons affenähnliche Mißgestalt lehnte im Schatten des Schuppens, während Selwyn Harris gerade auf dem zweiten Buckboard herumkletterte.

      Die beiden Wagen standen nebeneinander im Hof zwischen Schmiede und Stellmacherei. Selwyn Harris war dabei, den Rennwagen der McGruders zu untersuchen. Dann sprang er herunter und sagte etwas zu seinem älteren Bruder

      Luke. Der nahm augenblicklich den Kopf herum.

      »Reite weiter!« zischelte Howie McGruder im selben Moment hinter Lawson. »Verdammt noch mal, was schnüffelt dieser schlappohrige Selwyn Harris auf unserem Wagen herum?«

      »Howie, um Gottes willen, mach keinen Ärger!« warnte Lawson. »Wir können noch umkehren, Howie, müssen nicht in den Hof reiten. Das geht nicht gut, glaube mir.«

      »Was soll das?« knirschte Howie. »Mensch, ein McGruder kneift nicht. Die Halunken haben uns gesehen. Soll es in der ganzen Stadt heißen, daß ich vor ihnen davongeritten bin? Ich soll den Wagen holen, hat der alte Löwe gesagt, und genau das tue ich, und wenn sich mir der Teufel in den Weg stellen sollte!«

      »Howie, hör doch! Die haben zufällig dasselbe vor. Laß uns zu McClure reiten und einen trinken, bis sie aus der Stadt sind.«

      Der jüngste McGruder ritt stur weiter. Er sah mit einem Blick, daß die Harrisbrüder ein hochbeiniges Pferd mitgebracht und im Schatten abgestellt hatten. Der Gaul, ein Dunkelbrauner, war so groß und langbeinig, daß Howie zusammenzuckte. Es mußte das neue Rennpferd für den Buckboard sein, auf das die Harris’ alle Hoffnungen setzten.

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