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      Impressum

      © 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-96688-088-6

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Jan J. Moreno

       Aufgelaufen

       Im Sturm ist jeder sich selbst der Nächste

       15. August 1599, Südindien.

       Der Sonnenaufgang brachte eine mäßige, kühle Brise aus Süden. Die Küste von Mangalore verschwand hinter dunklen, schnell dahinziehenden Wolkenbänken.

       Im Laufe des Vormittags briste es weiter auf, die Wellen zeigten Schaumkämme. Erst gegen zehn Uhr brach die Sonne durch, und es wurde wieder wärmer.

       Um die Mittagszeit lastete bereits brütende Hitze über der See. Eine eigentümliche, bedrohlich wirkende Stimmung zog auf.

       Kurz darauf verkündeten grelle Blitze und ein lang anhaltender Donner ein heftiges Gewitter über dem Indischen Ozean.

       Eine schwarze, ausgefranst wirkende Wolke bewegte sich schnell nach Süden, während eine andere nach Norden zog. Wer sie beobachtete, stellte fest, daß sie plötzlich stehenzubleiben schienen und anschließend in die andere Richtung wanderten. Sie drehten sich im Kreis.

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Matt Davies – wird unter Deck eingeklemmt, als die Gold- und Silberladung während des Sturms verrutscht.

      James Taurean – der selbsternannte Bordgeistliche der „Respectable“ betrinkt sich aus Angst vor dem Sturm.

      Hyram Scaleby – der Erste Offizier des Viermasters gibt einen falschen Befehl, der drei Männer das Leben kostet.

      Jack Finnegan – geht im Sturm außenbords und kann nicht mehr aufgefischt werden.

      Philip Hasard Killigrew – um seine Männer zu retten, muß er kapitulieren und den Befehl geben: „Alle Mann von Bord!“

       Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       1.

      Mac Pellew wurde als erster auf diese Naturerscheinung aufmerksam, weil alle anderen die „Respectable“ beobachteten. Seit Hasard den Lords gesagt hatte, daß die Schebecke elf Tonnen Gold und Silber für den Mogulkaiser Akbar geladen hätte, folgten die ehrenwerten Gentlemen mit ihrem Kriegsschiff den Arwenacks unbeirrbar wie Haie, die Beute wittern.

      Macs sauertöpfische Miene wurde noch ein ganzes Stück länger, als er den Wolkenwirbel beobachtete. Er murmelte eine Verwünschung und kratzte sich hilflos die Bartstoppeln. Ein scheußliches Jucken breitete sich auf seinem Gesicht aus.

      Soweit sich Mac entsann, hatte er ein ähnliches Gefühl nur ein einziges Mal verspürt. Aber das lag lange zurück. Dieses Jucken hatte eine kurze und ebenso kostspielige wie leidenschaftliche Liebelei angekündigt, denn das Weibsstück war damals mit seinem Geldbeutel durchgebrannt.

      Welche bittere Erfahrung stand ihm diesmal bevor?

      Auch Arwenack, der Bordschimpanse, spürte das nahende Unwetter. Zeternd und kreischend hockte er auf der Fockrahrute und begann mit den Händen aufs Segeltuch zu trommeln.

      „Affe!“ schnaubte der zweite Kombüsenmann. Und prompt folgte die Steigerung: „Affenarsch!“

      Arwenack zeigte sich davon nicht im mindesten beeindruckt. Er rüttelte am Rack, als wolle er die Rahrute aus ihrer Verankerung reißen, und turnte höher am Mast hinauf. Sein schrilles Keckern ließ Mac Pellew zusammenzucken.

      Der Koch war fasziniert und entsetzt zugleich. Der Drang zu fliehen wurde schier übermächtig, aber seine Neugier behielt die Oberhand. Er blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete die unheimliche Wolkenfront, die sich zunehmend schneller drehte.

      Aus höchstens noch drei bis vier Meilen Entfernung sah es so aus, als befände sich der obere Rand der Wolke nur knapp eine Handbreite über der Kimm. Die Unterseite des düster brodelnden Gebildes berührte die See.

      Die Wolke drehte sich in der Zeitspanne, die Mac Pellew brauchte, um bis zehn zu zählen, einmal um sich selbst. Vor Erregung zählte er nicht besonders langsam.

      „Da – da ist …“

      Das Schlachtermesser in der einen Hand, in der anderen den noch zappelnden Fisch, den er eben erst gefangen hatte, verharrte er zwischen Schanzkleid und Kombüsenschott.

      Ein heller Rüssel entstand inmitten der wirbelnden Wolken. Er war nicht lang, Mac Pellew schätzte ihn aus der Distanz auf etwa drei Großmastlängen, aber wo er die ohnehin aufgewühlte See berührte, schossen Gischt und Wasser wie in einem gewaltigen Sog himmelwärts.

      Endlich gab jemand Alarm. Der Klang der Schiffsglocke scheuchte die Männer der Freiwache an Deck.

      Die Schebecke segelte auf Südkurs. Mit rund einer halben Meile Distanz folgte die „Respectable“ ziemlich genau achteraus.

      Der Südwest-Monsun, der tagelang beständig geweht hatte, war während der Nacht auf westliche Richtung umgesprungen. Jetzt begannen die Segel unter dem Einfluß rasch wechselnder Böen zu killen. Das Küstengewässer wurde kabbelig.

      „Fiert das Großsegel weg!“

      Besorgt blickte Philip Hasard Killigrew nach Westen, wo mittlerweile fast die gesamte Kimm hinter brodelnder Schwärze verschwunden war. Lediglich weit im Süden huschten noch irrlichternde Sonnenstrahlen über die See.

      Der gischtende Rüssel, der große Wassermassen in die Höhe riß, bewegte sich eindeutig in Richtung Küste. Nur noch knapp drei Seemeilen trennten ihn von der Schebecke, die zusammen mit dem englischen Viermaster zwangsläufig seinen Kurs kreuzen mußte.

      „Sir“, fragte Ben Brighton, der Erste Offizier, „gehen wir auf Ausweichkurs?“

      Hasard ließ die rotierende Wolkenwand nicht aus den Augen. Langsam hob und senkte er die Schultern.

      „Können wir überhaupt ausweichen?“ erwiderte er zögernd.

      Die Antwort gaben die erneut heftig schlagenden Segel. Augenblicke später klebte das Tuch schlaff an den Masten, gleich darauf schralte der Wind und fiel vorlicher ein. Er sprang hin und her wie ein junges, bockendes Fohlen.

      „Die Crew soll pullen“, sagte Ben Brighton. „Noch können wir unsere restliche Fahrt ausnutzen.“

      Hasards Finger verkrampften sich um den Handlauf der Steuerbordverschanzung. Mit ausdrucksloser Miene blickte er nach

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