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      Gustav Schilling

      Memoiren eines Barons II

      Die Denkwürdigkeiten

      eines vornehmen Herrn

      Saga

      Memoiren eines Barons IICopyright © 1987, 2019 Gustav Schilling und Verlag All rights reserved ISBN: 9788711717141

      1. Ebook-Auflage, 2019

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit dem Verlag gestattet.

      Es ist gewiß nicht meine Absicht, Sie mit einer ausgedehnten Geschichte meiner akademischen Jahre zu unterhalten. Ich möchte Sie auch nicht mit ausführlichen Berichten über meine Reisen langweilen. Ich werde Ihnen nur mein Temperament schildern.

      Ich habe meine Zeit nicht vergeudet, und ich kann ehrlich feststellen, daß ich unter der Führung meines getreuen Balthasar mehr Wissen und Erfahrung gesammelt habe, als man normalerweise von einer Person meines Standes erwarten kann.

      Über Italien, Frankreich und England gibt es unzählige Reisebeschreibungen, deshalb werde ich nichts davon erwähnen, obgleich ich genügend Informationen besitze, um mehrere Bände zu füllen. Immerhin habe ich viel Zeit in den drei Hauptstädten verbracht. Ich möchte Sie mit kleineren Abenteuern unterhalten, und ich hoffe, daß meine Schilderungen Ihnen gefallen.

      1

      Ich war bereits seit über anderthalb Jahren auf der Akademie, hatte aber noch keine Bekanntschaft machen können. Die wenigen Gelegenheiten, die sich boten, gefielen mir nicht. Andere Bekanntschaften, auf die ich Wert gelegt hätte, waren mit unlösbaren Schwierigkeiten verbunden.

      Ich begann ein Gefühl des Unbehagens zu verspüren. Mir fiel auf, daß ich immer weniger Appetit hatte, ruhelos, mürrisch und gereizt wurde.

      Als Balthasar dies bemerkte, fragte er freundlich, was mit mir los sei.

      „Allerhand, aber ich weiß nicht, was!“

      „Armer Mann! Wirst du nicht manchmal von innerer Unruhe geplagt, von Erregung und beschleunigtem Herzschlag?“

      „Aber, ja! Du beschreibst das, als ob du selber darunter littest.“

      „Und dann weißt du noch immer nicht, was mit dir los ist? Ich glaube nicht, daß du dein Herz jemals gründlich erforscht hast! Findest du nicht Erleichterung, wenn ein hübsches Mädchen dir zulächelt?“

      „Wirklich, lieber Freund, das vermisse ich am meisten! In meinem Herzen gibt es eine große Leere, ungestilltes Verlangen! Kannst du spüren, wie heftig es schlägt?“

      „Ich kann sehen, wie leidenschaftlich deine Augen funkeln! Sie verraten mir alles, was ich wissen muß. Warum machst du nicht ein paar Bekanntschaften? Ich glaube ...“ Er brach ab und fuhr fort: „Sieh doch mal zu dem Fenster dort hinauf! Ich müßte deinen Zustand schon sehr falsch einschätzen, wenn du an der da oben nicht interessiert wärst!“

      „Ich bin keineswegs ganz uninteressiert, und sie hat auch klar genug zu verstehen gegeben, daß ich ihr gefalle, nur ... ich bleibe bei ihrem Anblick kalt, mich zieht es nicht besonders zu ihr hin ... ich ... ach, ich kann einfach nicht mit Worten ausdrücken, was ich empfinde.“

      „Ich gebe zu, daß es eine ziemlich leere Sache ist, wenn man sich ohne leidenschaftliche Zuneigung mit einem Frauenzimmer einläßt. Ich bin jedoch überrascht. Ein junger Mann deines Alters ist doch leicht zu entflammen ... allein durch den Anblick jeder einigermaßen erträglichen weiblichen Figur! Oder bist du etwa schon so verwöhnt?“

      „Woher soll ich das wissen? Komm, laß uns ein bißchen ausfahren.“

      Ich hatte keine Ahnung, wohin ich fahren wollte. Ich empfand einen eigenartigen Schmerz, der meinen ganzen Körper durchzog. Ich fühlte mich so elend, daß ich am liebsten einen Streit mit den Schlafzimmergardinen angefangen hätte.

      „Fahren Sie, wohin Sie wollen“, sagte ich zum Kutscher, „Hauptsache, daß es weit genug ist“, und bestieg die Kutsche.

      Von Balthasars unterhaltsamen Geschichten hörte ich nicht viel, und auf seine Fragen gab ich nur mehr oder minder halbherzige Antworten.

      An einer Wegstation hielten wir an und lernten einen bekannten Schauspieler und drei seiner Kolleginnen kennen.

      „Hör zu, lieber Junge“, flüsterte Balthasar mir zu. „Hier könnten wir uns ein bißchen amüsieren! Sieh mal, diese drei Mädchen sehen wirklich gar nicht übel aus! Welches möchtest du denn am liebsten haben?“ „Im Moment ... gar keins“, war meine Antwort.

      „Wir bestellten ein paar Flaschen Wein und luden die Schauspielertruppe ein, unsere Gäste zu sein. Zunächst lehnten sie höflich ab, nahmen aber nach einigem Hin und her unsere Einladung doch an.

      Das erfreute Verhalten einer kleinen Frau trug dazu bei, daß ich mich etwas wohler fühlte. Da sie mir erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken schien, setzte ich mich schließlich neben sie. Mir fiel auf, daß ihr dies offenbar ganz lieb war.

      Unsere Hände berührten sich. Ich drückte ihre Hand, und sie drückte zurück. Sie stand auf und ging zum Fenster hinüber.

      „Wollen Sie mich verlassen, schöne Frau?“

      „Weil ich mir wünsche, hier mit Ihnen allein zu sein. “ „Das ist sehr schmeichelhaft für mich.“

      Ich schlang meinen Arm um ihren Nacken und drückte einen leidenschaftlichen Kuß auf ihre grell geschminkten Lippen.

      Sie sah mich an.

      „Möchten Sie vielleicht mit mir in den Garten gehen? Ich kann von hier aus sehen, wie die Sonne ein hübsches Muster durch das Laub der Bäume zeichnet.“ Sie bot mir ihren Arm, und wir gingen hinaus.

      Ich spürte, wie ein gewisses Feuer in mir zu brennen begann. Es verbesserte meine Stimmung beachtlich. Schon lange hatte ich mich nicht so wohlgefühlt.

      Das Reden ging immer leichter, und allmählich begann ich, mich wirklich zu freuen. Ich wurde auf eine Laube am Ende des Gartens aufmerksam und lenkte unsere Schritte dorthin. Eine hölzerne Bank und ein Steintisch waren das einzige Mobiliar. Ich lehnte mich gegen den Tisch, umarmte meine kleine Eva innig und küßte sie auf die Stirn. Dabei sah ich ihre ungewöhnlich schönen Brüste.

      „Schöne Frau, möchten Sie mich sehr glücklich machen und mir erlauben, Sie heimzufahren?“

      „Wenn Sie das in bezug auf die anderen irgendwie bewerkstelligen könnten, wäre ich mehr als glücklich“, antwortete sie. „Wir sind nämlich zu Fuß.“

      Ich setzte mich auf die Bank und zog sie auf den Schoß. Dann begann ich mit leidenschaftlichem Zungenspiel. Das schien ihr Freude zu bereiten. Mir wurde warm dabei, und mein Verlangen begann den Kopf zu heben.

      „Ihr Gesicht ist ja auf einmal rot geworden! “ sagte sie verwundert.

      Ich schob meine Hand unter ihren Rock.

      Sie hielt mich fest und lächelte.

      „Sollte ich jetzt keusch sein?“ fragte sie.

      „Glauben Sie, daß dies für unsere Leidenschaft gut wäre?“

      „Wenn Sie nicht so charmant wären ... ich weiß nicht, warum ich mich so sehr zu Ihnen hingezogen fühle.“ Es gelang mir, mit der Hand bis zum Rosenbusch vorzustoßen. Ich glaube, ich hatte noch niemals einen hübscheren und kleineren entdeckt. Die kleine Liebesgrotte war fest und eng, Beweis genug, daß sie nur wenige Besucher dort eingelassen hatte.

      Ich verlor beinah die ruhige Überlegung.

      „Es fällt mir ungemein schwer, mich noch länger zurückzuhalten, schöne Frau.“

      „Hier ist es doch sehr ungemütlich. Könnten Sie nicht noch ein bißchen warten? Immerhin wollen Sie mich ja nach Hause begleiten. In diesem Moment ist mir zumute, als ob mir das sehr gefiele.“

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