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      Das Mädchen warf mit einem wilden Ruck den Kopf in den Nacken und sah ihn aus funkelnden Augen an.

      »Du sagst es in einem Tonfall, als wolltest du mir daraus einen Vorwurf machen, Holger.«

      Sie zuckte die Schultern:

      »Wir sind doch moderne Menschen, Holger, und haben uns doch viel zu wenig gekannt, um uns zu lieben, nicht wahr? Du hast dein Herz in einer ausweglosen Liebe verloren und wirbst nur um mich, weil dir keine andere Wahl blieb. Ich nehme deine Werbung an, weil es einmal so ausgemacht war und es auch für Dahmen Vorteile bringt.«

      »Du redest sehr geschäftlich über unsere Ehe«, konnte er sich nicht verkneifen, sehr bitter zu sagen, und ihm wurde qualvoll bewusst, wie grundverschieden die beiden Frauen doch waren, die in seinem Leben eine so große Rolle spielten.

      Phyllis – schrie sein Herz wild auf. Verzweifelt sehnte der Mann sich in diesem Moment nach der zärtlichen Liebe, dem gütigen Verstehen der Geliebten, nach ihren weichen streichelnden Händen, die alle Not, alle Qual wegwischen würden, als wäre sie nie gewesen.

      »Ja, ist sie denn etwas anderes als ein Geschäft, Holger?«, warf das Mädchen ein. »Du bietest mir eine gehobene Stellung, ich aber gebe dir dafür die Mittel, Langen zu halten. Was erwartest du sonst noch von mir?«

      »Den ehrlichen Willen, es zu einem guten Ende zu führen, den Wunsch, aus unserer Zwangslage das Beste zu machen«, entgegnete er.

      Sie wandte sich wieder brüsk ab, damit er die Tränen nicht erkennen sollte, die auf dem Grund ihrer Augen brannten.

      »Das Beste?«, murmelte sie, als spräche sie mit sich selbst. »Wie kann denn Segen auf einer Ehe ruhen, die nur aus nüchterner Überlegung geschlossen wurde?«

      Er war hinter sie getreten und legte eine Hand auf ihre Schulter.

      »Juliane, wir müssen alles versuchen, damit dieses Leben erträglich wird. Ich bringe den besten Willen mit und bitte dich um ein wenig Geduld, bis mein Herz sich wieder gefangen hat.«

      Mit einem weichen, aber unwiderstehlichen Griff, aus dem es für sie kein Entrinnen gab, drehte er das widerstrebende Mädchen zu sich herum und zwang es, ihn anzusehen.

      »Juliane, wollen wir versuchen, gute Freunde zu sein?«, fragte er.

      Sie sah zu ihm auf. Langsam füllten sich die Augen mit brennenden Tränen, denen sie keinen Einhalt mehr gebieten konnte. Sie rannen die Wangen herunter und verfingen sich in den zuckenden Mundwinkeln.

      »Freunde«, flüsterte sie erstickt und senkte wie unter einer schweren Last den blonden Kopf auf die Brust. Ihr Herz bäumte sich auf, wand sich in heißer Not.

      Freundschaft, wo sie Liebe und Glück erwartete?

      »Ja, wir wollen Freunde sein, Holger.«

      Er hob mit einem tiefen Aufatmen ihr gesenktes Gesicht zu sich auf.

      »Du sollst es nicht bereuen, Juliane. Ich werde alles versuchen, um dich glücklich zu sehen.«

      Sie zuckte wie unter einem harten Schlag zurück.

      Schroff befreite sie ihre Hand aus der seinen und blickte ihn hochmütig an.

      »Ich erwarte keinerlei Gefühlsausbrüche, Holger, die ich nicht erwidern könnte.«

      Seine Hände legten sich fester um ihre Schulter. Hart zog er sie zu sich heran.

      »Du – du liebst einen anderen, Juliane – gibt es auch in deinem Leben eine unerfüllte Liebe?«, forschte er.

      Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Unwillkürlich hatten ihre Augen wie fasziniert die seinen gesucht. Beklommen senkte sie schnell die Lider, aber nicht schnell genug, um das Entsetzen, das in ihren Augen stand, zu verbergen.

      »Und wenn es so wäre, Holger?«, wich sie einer direkten Antwort aus. »Dann würde es an unserem Entschluss nichts ändern, nicht wahr?«

      »Nein, das nicht, Juliane, aber ich wäre dir dankbar, wenn du offen und ehrlich zu mir wärst, so wie ich es zu dir gewesen bin. Schließlich soll es doch zwischen uns keine Geheimnisse geben.«

      Mit einem Ruck machte sie sich von seinen Händen frei. Zitternd zündete sie sich eine Zigarette an.

      Graf Holger zog leicht unwillig die Augenbrauen hoch. Er liebte es nicht, wenn eine Frau rauchte, aber er sagte kein Wort, sondern reichte ihr höflich Feuer.

      Tief sog sie den Rauch ein und stieß ihn langsam wieder aus. Sie schien zu den Frauen zu gehören, die durch eine Zigarette ruhiger wurden.

      »Nun, Juliane, willst du mir meine Frage nicht offen beantworten?«, drängte er.

      Mit einer anmutigen Bewegung schnippte sie die Asche in den Becher und wandte sich ihm dann wieder zu.

      »Gut, Holger, du sollst es wissen.« Sie holte kurz Luft, dann sagte sie:

      »Ja, ich liebe einen Mann, aber er ist für mich genauso unerreichbar wie die andere Frau für dich. Auch zwischen uns liegt eine ganze Welt von unüberwindlichen Hindernissen. Bei dir ist es, weil sie aus einer anderen Welt kommt, weil sie arm ist. Bei mir liegt es tragischer, Holger.«

      Ein hohnvolles Lachen kam von ihren Lippen.

      »All diese Hindernisse stehen nicht zwischen mir und diesem anderen Mann, und doch kann es nie ein Glück für mich an seiner Seite geben, denn er liebt mich nicht, sein Herz gehört einer anderen, die all das Glück mit vollen Zügen genießen darf, nach dem ich mich verzehre.«

      Keinen einzigen Gedanken verschwendete Graf Holger daran, dass er vielleicht dieser Mann sein könnte, dass dieses frische junge Menschenkind ihm sein Herz spontan zugewandt hatte und nun an seiner Enttäuschung entsetzlich litt und nicht damit fertig wurde.

      Freundschaftlich umklammerte er die eiskalte Mädchenhand.

      »Ich wünschte, ich könnte dir dein Glück erringen, Juliane. Nichts würde mir dafür zu viel sein«, sagte er ernst, und das Mädchen zweifelte keinen Moment daran, dass es ihm bitterernst mit seinen Worten war.

      Mit einem erstickten Laut riss sie sich von ihm los und stürmte aus dem Zimmer. Sie konnte seine Nähe einfach nicht mehr ertragen, fühlte sich am Ende ihrer Kraft.

      Wie soll ich täglich seine unmittelbare Nähe ertragen, wie die Kraft finden, Gleichgültigkeit zu heucheln, wenn sich alles in mir nach ihm verzehrt, nach seinen Küssen, nach seiner Umarmung?

      In diesen bitteren Stunden war Juliane fest entschlossen, Holger zu bitten, ihr das Jawort zurückzugeben. Aber am nächsten Tag hatte sie nicht mehr die Kraft dazu, empfand sie es als ein wehmütiges Glück, bei ihm sein zu dürfen, seine Kameradin zu sein.

      Nie hätte die ungestüme stolze Juliane von Dahmen es für möglich gehalten, dass sie einmal so demütig um die Liebe eines Mannes ringen würde, dass ihr einziges Glück ein stilles Hoffen und Warten auf den Tag sein würde, da der Mann sie in seine Arme nahm und ihr sagte: »Ich liebe dich.«

      Graf Holger ahnte nichts von dem Kampf, den seine junge Braut mit sich selbst ausfocht. Er glaubte um ihre Not zu wissen und versuchte ihr über ihre verlorene Liebe hinwegzuhelfen, so gut er vermochte. Freilich ahnte er nicht, dass sein Bemühen Öl in die leidenschaftlich brennende Glut goss.

      Aber Juliane von Dahmen hatte gelernt, ihre Gefühle hinter ihrer Freundlichkeit und Beherrschtheit zu verbergen. Wohl schwankte ihre warme Stimme oft bedenklich, wenn ihre Hände sich wie zufällig begegneten oder er seinen Arm wie selbstverständlich um ihre Schultern legte, aber sonst blieb sie völlig ruhig, dass selbst die junge Schwägerin, mit der sie ein herzliches Verhältnis verband, nichts bemerkte.

      Nur einmal hatte es wie Panik nach ihr gegriffen, und sie wäre am liebsten geflohen, so weit ihre Füße sie trugen. Als sie an Holgers Arm die Kirche verließ, da zuckte es in ihren dunklen Augen verhalten auf.

      Sie hatte die Gestalt hinter dem Pfeiler entdeckt. Nur kurz trafen sich die Blicke der beiden Frauen und blieben ineinander hängen. Dann machte die andere

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