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habe ihn nie anders gesehen. Der Kerl hat schwarzes öliges Haar, er fällt gleich auf.«

      »Gut, gut, Bill. Hier biegt der Weg zu den Nunns ab, nimm jetzt besser den.«

      Der Alte sieht den Jungen erstaunt an.

      »Was ist, ich soll dich allein lassen?«

      »Ein Thayer braucht keine Hilfe, er kämpft allein.«

      Cooley sitzt reglos im Sattel, glaubt sich um sechsundzwanzig Jahre zurückversetzt. Genau Nats Worte, genau dieselben. Gebraucht Ray sie nur, weil er sie so immer wieder von seinem Vater gehört hat?

      »Ray, sie sind stark, sie sind viel stärker, als du glaubst. Kilburn ist eine Klapperschlange, rücksichtslos und verflucht schnell. Er klappert nur nicht, wenn er kommt. Ray, du kannst doch nicht allein auf sie losgehen.«

      »Du reitest zur Ranch«, entgegnet Ray mit fester Stimme. »Nimm zwei Gewehre und schieß jeden nieder, der auf den Hof oder an die Gebäude will! Das ist ein Befehl! Es könnte sein, daß sie aus Wut die Ranch anstecken.«

      »Großer Gott, Ray, du kannst doch nicht ganz allein auf sie losgehen. Was hast du vor? Sage es wenigstens, Junge.«

      »Kein fester Plan. Ich richte mich nach dem, was sie tun werden«, erwidert er ernst. »Darum kann ich dir auch nicht genau sagen, was ich machen muß. Du sicherst die Ranch. Vielleicht helfen dir die Dawes-Jungen dabei. Sage ihnen, sie brauchten nichts zu riskieren, nur alles Gesindel von der Ranch wegzuhalten. Verschwinde jetzt, Bill, ich will es so!«

      »Und – und wann kommst du zurück?«

      »Morgen früh, wenn es glückt.«

      »Junge…«

      »Sei ruhig, Bill, ich weiß genau, was ich mache.«

      Der Alte sieht ihn an, nickt kaum merklich. Diese Ruhe ist ihm unheimlich. Nat hätte den ganzen Weg über geflucht, aber sein ältester Sohn schweigt sich aus. Darin ist er nun doch anders.

      »Sieh mehr nach hinten als nach vorn, Junge, hörst du?«

      »Ja, sicher«, sagt Ray Thayer gleichmütig. »Hau jetzt ab, laß dich unterwegs nicht von den Kerlen schnappen.«

      »Dann gib es ihnen, Junge.«

      »Aha!«

      Der Alte reitet zehn Yards, als er sich noch mal umblickt.

      »Alter, ist Sheila auch im Saloon?«

      »Warum? Sicher, sie ist oft unten.«

      »Ist gut.«

      Er lenkt das Pferd herum, reißt einmal kurz an der Longe des Ersatzpferdes. Dann reitet er an.

      Mein Gott, denkt Old Bill Cooley, jetzt geht er auf sie los. Und ich kann nicht dabeisein. Genauso wollte es Nat damals, der brauchte auch keinen. Aber damals ist nicht heute. Damals hatte Jim Vance keine Revolverschwinger gemietet, nur ein paar harte Burschen wie Clay Jenkins, aber die waren ehrlich.

      Warum hat Ray nach Cole Lane gefragt?

      Ist das der erste Mann?

      *

      Jemand lacht, irgendein Girl aus der Front Street. Da wohnen lauter ehemalige Greaser. Und die Mädchen haben immer ein paar Freunde, von denen sie in den Saloons von Uvalde freigehalten wurden.

      Laternen brennen in der Main Street, ein Hund kläfft. In O’Henrys Saloon klimpert das Walzenklavier die Melodie von Danny Smith herunter. Im Text heißt es, daß Danny ein Mädchen liebt und wegging, als es ihm untreu wurde. Seitdem reitet Danny und will vergessen, aber er schafft es nicht, er denkt immer noch an Eileen. Sie hieß Eileen, hatte rote Haare und einen lockenden Mund, und sie war nicht treu.

      Das Lied schallt bis auf die Straße, über die ein Wagen fährt. Als der Wagen vor dem Drugstore von Knobb ist, kommt der Mann aus der dunklen Ecke am Mietstall. Er geht langsam, den Hut nach hinten geschoben, über die Straße.

      Zwei Mädchen kichern, als sie aus dem Store kommen und den Mann mitten auf der Straße gehen sehen. Der Mann ist so groß, daß er ihnen auffällt. Sein Revolver ragt mit dem Kolben weit nach außen. Der Mann ist langbeinig und breitschultrig. Und er pfeift.

      Das Pfeifen hört der Schmied Byrd. Der sieht den Mann drüben am Frachtkontor unter den Laternen auf den Gehsteig treten.

      Licht fällt auf den Mann, der vor sich hin pfeift – die Melodie von Danny Smith und Eileen Roggers.

      Mein Gott, denkt Byrd und macht ganz große Augen. Das ist doch – das ist doch… Früher hat er auch immer gepfiffen, wenn der Alte ihn mal in die Stadt ließ. Er hatte einen Spitznamen weg, sie nannten ihn schon in der Schule so: Whistling Ray Thayer, den pfeifenden Ray.

      Der Mann kommt auf den Saloon und das Hotel von Mabel O’Henry zu.

      Byrd steht ganz still und hält den Atem an. Gleich muß er den Mann von vorn sehen können. Noch drei Schritt, dann wird das Licht der Hotellaterne sein Gesicht zu erkennen geben.

      Noch zwei, einen und…

      Er ist es, denkt Byrd entsetzt. Großer Gott, der pfeifende Ray ist da. Er geht zu Mabels Saloon, jetzt steht er an der Tür. Das Walzenklavier hämmert…

      Ray hebt die linke Hand, stößt leicht gegen den Türflügel und stellt das Pfeifen ein.

      In diesem Augenblick tritt er in die rauchige Atmosphäre, in der es nach Brandy, Schweiß und Tabak riecht.

      Das Walzenklavier hämmert. Der Mann kommt herein. Er blickt über den Tresen hinweg auf die Ecke hinten links. Dort war damals schon der Spieltisch unter einer mächtigen grünschimmrigen Petroleumlampe. Wenn der alte Nat über diese Ecke sprach, dann immer nur abfällig. Für ihn waren die Karten Teufelswerk. Und die Männer, die sie benutzen, Kartenhaie. Hätte sich jemals einer seiner Söhne in die Ecke gesetzt, wäre es zum Donnerwetter gekommen.

      Am Tresen steht ein halbes Dutzend Männer. Zwei Mann von der Nunn-Ranch. Von den Weymillers und der kleine Charly Duty, den sie so nennen, weil er immer das Wort von der Pflicht im Mund hat, die ein Mann in seinem kurzen Leben zu erfüllen hat.

      Zwei, drei unbekannte Gesichter. Die anderen reden gerade noch. Dann schweigen sie so abrupt, daß die Frau hinter dem Tresen den Kopf hebt. Sie ist noch immer eine faszinierende Erscheinung, diese Mabel O’Henry. Manche sagen, sie färbt sich ihr Haar mit Wasserstoff blond. Freundlich ist sie mit allen, darum ist der Saloon auch immer besetzt. An ihrer Seite steht – wie eh und je – der glatzköpfige Antony Laser. Er macht hier den Waiter, im Hotel den Diener und im Stall den Help. Antony ist für alles und jeden da.

      Jetzt macht Antony Laser den Mund auf und vergißt ihn zu schlie­ßen. Der Mann blickt auf die Ecke und den Spieltisch. Das Walzenklavier hämmert immer noch dieselbe Melodie. Und der Mann pfeift nun wieder leise. So geht er weiter. Er sieht niemanden an, geht auf den Spieltisch zu. An dem sitzen drei Männer mit einem vierten. Die Lampe über dem Tisch wirft das Licht auf sein ölig glänzendes Haar.

      Cliff, denkt der große Ray, Kleiner, ich bin jetzt hier und sehe eine Ratte. Scheint allein zu sein, dieses verdammte, pomadenbeschmierte Ungeziefer. Ratte hat Bill den Kerl genannt, und ich denke, der Name paßt. Sieht gut aus in seinem feinen Anzug, hat schlanke Finger, der Rattenabkomme. Mal sehen, ob die Ratte quieken kann, Kleiner.

      Die Frau hinter dem Tresen wird kreidebleich. Ihr kommt der Mann plötzlich riesengroß vor. Viel breiter und größer, als sie ihn in Erinnerung hat. Der Mann pfeift immer noch und geht an einem Dutzend anderer Burschen vorbei, überragt den größten von ihnen noch um eine ganze Kopflänge.

      Gleich ist die Hölle los, denkt der kleine Charly Duty. Allmächtiger, der große Ray ist da. Seinen kleinen Bruder sollen sie halbtot geschlagen und Old Bill angeschossen haben. Was wird das? Da sitzt doch Cole Lane, der gelackte Affe.

      Ray Thayer pfeift noch immer, als er an den Tisch tritt und sich gegen­über von Cole Lane hinstellt. Rechts von ihm zwei Männer, links einen. Alles Greaser.

      Einer

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