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      Manfred Kyber

      Ausgewählte Tiergeschichten

      Books

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       [email protected]

      2017 OK Publishing

      ISBN 978-80-272-1089-3

      Inhaltsverzeichnis

       Das patentierte Krokodil

       Der K. d. R.

       Jakob Krakel-Kakel

       Onkel Nuckel

       Der große Augenblick

       Basilius Mummelpelz und Hieronymus Kragenpeter

       Professor Bohrloch

       Die Haselmaushochzeit

       Lups

       Stumme Bitten

       Auf freiem Felde

       Die leichtsinnige Maus

       Die fünfte, sogenannte feuchte Sinfonie

       Der Mann mit dem schwarzen Gesicht

       Das Faultier

       Unter uns Ungeziefer

       Der Pilger mit dem schleppenden Hinterbein

       Jeremias Kugelkopf

       Alräunchen

      Das patentierte Krokodil

      Inhaltsverzeichnis

      Es war eine Wüste, und in der Wüste war ein Fluß, und in dem Fluß war ein Krokodil. Es tut mir leid, es zu sagen, aber Krokodile sind nicht beliebt. Nein. Das kommt nicht etwa daher, weil ihre Toilette meist schlammig und salopp ist oder weil sie unleugbar einen etwas unsympathischen Zug um den Mund haben; denn das sind schließlich Äußerlichkeiten. Die Unbeliebtheit kommt vom Appetit. Das ist in der ganzen Welt so: je größer der Appetit, um so kleiner die Beliebtheit. Liebe und Freundschaft gedeihen nur unter Ausschluß des Appetits, und man versteigt sich sogar so weit, die harmloseste Konversation nur einzugehen unter der engherzigen Bedingung, daß man nicht gefressen oder auch nur angeknabbert wird. Es ist gewiß einseitig, aber auch begreiflich; denn niemand will, kaum daß ein paar verbindliche Worte gewechselt sind, gleich ohne Hände oder Beine dasitzen, die er doch andenweit benötigt und die ihm schließlich auch gehören. Und so ist man bei jedem, den man verschlucken will, unbeliebt. Da nun das Krokodil auf alles Appetit hat und alles verschlucken will, so ist es auch bei allen unbeliebt. Es schluckt Missionare, Frösche, Neger, Affen und selbst die eigenen Familienangehörigen – alles aus Appetit. Es bekommt ihm auch alles – Gott sei Dank –, und es verdaut auch alles, sogar seine Verwandten. Das Krokodil lag also in dem Fluß, der in der Wüste war, hatte Appetit und war böse. Böse war es nicht, weil es Appetit hatte, sondern weil nichts da war für den Appetit, und da ist jeder böse, nicht nur ein Krokodil, sondern auch die zarteste Dame. »Wie schön wäre jetzt ein Weißer!« sagte das Krokodil und blinzelte in die Morgensonne. »Weiße sind zum Frühstück am besten, Neger sind besser zum Mittagessen, sie sind öliger und halten länger vor. Es ist ein Unterschied wie zwischen Huhn und Ente. Pikant sind Weinreisende, sie haben Wildgeschmack durch den Alkoholgenuß und sind meist gut im Stande.«

      Das Krokodil lächelte wehmütig, wodurch sich der unangenehme Zug um den Mund noch verschärfte, so leid es mir tut, das zu sagen. »Nicht mal einheimische Küche ist zu haben«, fuhr das Krokodil fort und schluckte heißhungrig, »ich wäre schon mit Hausmannskost zufrieden, mit einem Neffen oder einer Nichte. Aber einen Teil hab' ich gegessen, die anderen sind flußabwärts geschwommen, man hat gar kein verwandtschaftliches Gefühl mehr heutzutage. Was nützt da der Appetit?!« Und das Krokodil bettete seinen hungrigen Magen tiefer in den nassen Schlamm, machte die Augen resigniert zu und gähnte. Dabei hielt es nicht mal die Vordertatze vor den Mund; denn der Mund ist sowieso zu groß, und dann gibt das Krokodil überhaupt nicht viel auf Manieren. Ich werde dösen, dachte es – und es döste. Oben auf dem Dattelbaum botanisierte emsig und leise gurrend ein kleiner Makak. Es war ein sehr fröhliches Äffchen, und es freute sich permanent darüber, daß es ein Äffchen war und daß es überhaupt da war. Dazwischen turnte es ein wenig nach der Methode »Mein System« oder »Wie bekomme ich den schönsten Schwanz, die längsten Arme und die kürzesten Beine?«. Dann setzte es sich auf einen Ast und suchte mit größter Aufmerksamkeit nach lästigen Ausländern in seinem Fell und exmittierte sie ohne Unterschied, Männer und Frauen und selbst zarte Kinder. Es war eine mühselige, aber ertragreiche und dankbare Arbeit.

      »An drei Stellen zugleich kann ich mich kratzen«, sagte der kleine Makak und grinste selbstzufrieden, »mit dem Schwanz und dem einen Bein halte ich mich, was übrig ist, das kratzt. Wie weise ist doch die Natur!« Der kleine Makak war eben ein sonniges und bescheidenes Gemüt. Mitten in dieser Prüfung seiner Garderobe wurde er jedoch durch das etwas heisere Organ des Krokodils gestört. Das Krokodil hatte nach oben gesehen und das Äffchen bemerkt. »Pst, Sie«, rief es, »kommen Sie runter, ich will Sie fressen.« Es sagte »fressen«, denn das Krokodil hat keine feine Ausdrucksweise. Der kleine Makak erschrak furchtbar. »Nein; keinesfalls!« sagte er weinerlich, und sein Fell sträubte sich vor Angst, so daß die lästigen Ausländer ganz verstört umherliefen. »Sie wollen also nicht«, fauchte das Krokodil hämisch und pustete bösartig durch die Nasenlöcher. »Gut, ich werde warten, bis der Appetit Sie vom Baum treibt, wenn nichts mehr da ist. Alles im Leben ist Appetit. Ich weiß das.«

      Der kleine Makak sagte gar nichts mehr, er nahm ein Dattelblatt und schluchzte fassungslos hinein. Wo war nun die Weisheit der Natur, was nützten einem nun die langen Arme und die kurzen Beine, die man durch »Mein System« erzielte, wenn sie verschluckt werden sollten? »Arroganter Kerl«, knurrte das Krokodil und räusperte sich gehässig, »ziert sich, als wäre er ein besonderer Leckerbissen, dabei ist Affenfleisch ganz kommun.« Der kleine Makak war aber gar nicht arrogant, er hatte bloß schreckliche Angst, weil er gefressen werden sollte, und er dachte an Papa und Mama und an des Makaknachbars älteste Tochter, von deren lächelndem Mäulchen er den ersten Kuß bekommen, weil er ihr galant und ritterlich das zarte Fell abgesucht hatte. Und bei solchen Gedanken ist das ganz gleich, ob es ein großer Mensch ist oder eine kleine, zitternde Affenseele – und bei vielem anderen übrigens auch. Aber es gibt etwas

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