ТОП просматриваемых книг сайта:
Die Sache, die man Liebe nennt. Lise Gast
Читать онлайн.Название Die Sache, die man Liebe nennt
Год выпуска 0
isbn 9788711509111
Автор произведения Lise Gast
Издательство Bookwire
Lise Gast
Die Sache, die man Liebe nennt
Menschen, Pferde und ein Roman
Saga
Die Sache, die man Liebe nennt
German
© 1981 Lise Gast
Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen
All rights reserved
ISBN: 9788711509111
1. Ebook-Auflage, 2016
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.
SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com
1
In solcher Stimmung sollte man keine Entschlüsse fassen.
Nein, man sollte nicht.
Aber gerade in solcher Stimmunyg ...
Es war ein Tag, um sich einen haltbaren Ast zu suchen und einen Strick dazu. Keine Angst, weder das eine noch das andere war vorhanden, aber es tat so wohl, dies einmal vor sich hin zu knirschen.
Wir hatten gestern gefeiert. Was man so feiern nennt. Keine wüste Orgie, aber immerhin – die Jungen gingen lieber zu Fuß nach Hause. Als sie gingen, heißt das. Es war ein schweres Stück Arbeit, sie dazu zu bewegen. Uli lag schon zusammengekringelt auf der Couch wie ein Dackel, sie hat die beneidenswerte Eigenschaft, auch bei Kanonendonner einschlafen zu können. Und mir fielen die Augen seit drei Stunden pausenlos zu. Endlich waren die lieben Gäste raus – ich warf mich in die Waagerechte und versuchte nachzuholen, was Uli mir voraus hatte.
Natürlich wachte ich nach meiner Gewohnheit zeitiger auf als nötig. Das ist auch so eine hassenswerte Eigenschaft an mir. Ich war wütend auf mich und die Welt, es roch nach kaltem Zigarettenrauch und warmem Mensch, puh, nein, Fenster auf – aber selbst das half nicht. Und da faßte ich also meinen Entschluß.
Nein, ehrlich: nur beinah. Richtig faßte ich ihn, als die Post kam. Ich hatte vorher sozusagen mit dem Entschluß gespielt, hatte ihn an mich herangezogen und wieder von mir gestoßen, so, wie man vor einigen Jahren oder Jahrzehnten tanzte. Das ist ganz lustig und reich an Variationen. Ich stieß ihn also wieder von mir – bis die Post kam.
Es stellte sich heraus, daß ich einen Fehler gemacht hatte. Einen sehr entscheidenden: Ich hatte auf Hilfe von außen gewartet. Dabei hat mich das Leben doch wahrhaftig gelehrt, daß Hilfe nie von außen kommt. In einem Beruf wie meinem, in dem man darauf angewiesen ist, eigene Produkte anderen Leuten zu guten Preisen anzudrehen, darf man diesen Fehler noch weniger machen als in anderen, gut bürgerlichen Lebenslagen. Natürlich hofft und harrt man: Wenn dieser Streifen angenommen wird, dann wird von nun an jeder angenommen. ›Streifen‹ – damit meinen wir, meine Berufskollegen und ich, eine Bildserie mit Text darunter, für aktuelle Zeitschriften gedacht. Von der Herstellung dieser Streifen leben wir, mit Kamera und Schreibmaschine, besser oder schlechter. Meist schlechter.
Ich hatte also gehofft, daß mein jüngster Streifen Gnade vor den Augen eines dicken Zeitungsonkels finden würde, eines Mannes, den ich nicht kenne und nie kennen werde und der für mich so wichtig ist wie – na, wie beinah eine mittelgroße Liebe. Und dieser Onkel sagte also: »Nein.« Der Streifen erwies sich als anhänglich und kam zu mir zurück. Dabei war er bestellt gewesen.
»... deshalb bedauern wir, Ihre Reportage diesen Herbst nicht mehr bringen zu können. Wegen Verkleinerung unseres unterhaltenden Teiles und Vergrößerung unserer Annoncenseite ist es uns leider unmöglich ...«
»Schietkrom«, knurrte ich und zerknüllte den Brief. Mein Vater stammt von der Waterkant, daher verleihe ich meinem Zorn mitunter Ausdruck auf Plattdütsch. Mein schöner Streifen! Meine tollen Bilder! Meine geistreichen Unterschriften! Kein Wunder, daß diese Zeitschrift Pleite macht, wenn sie sich derartige Spitzenbeiträge entgehen läßt!
Pleite – ich zögerte, dieses Wort zu denken. Pleite auf der ganzen Linie, so kam ich mir vor. Es war nicht diese Sache allein, es wurmte schon lange in meinem Leben. Solange man jung ist, kann man von Haferflocken und Buttermilch aus dem Supermarkt leben und darauf hoffen, daß das Genie eines Tages entdeckt und damit alles gut wird. Wenn man sich aber langsam, langsam den Dreißigern nähert und keinen richtigen Beruf hat ...
Nein, so schlimm ist es noch nicht. Aber es ist – beinah so schlimm, oder, noch schlimmer: ziemlich bald so schlimm. Wie bald, das verschweige ich.
Und nun mein Entschluß.
›Verkauf den Wagen und fang etwas Vernünftiges an‹, hatte Mutti unzählige Male gesagt, ›ein Kurs in Stenografie und Schreibmaschine dauert höchstens fünf Monate. Du kannst auf der Couch schlafen, das geht ohne weiteres. Und dann fängst du mit achthundert Mark im Monat an. Ich habe von Elfi gehört ...‹
Elfi, die so sehr tüchtige, sehr hübsche, sehr zielbewußte Tochter von Muttis Freundin! Nein danke, danke vielmals! Alles, was an Widerstandsresten noch in mir schlummerte, richtete sich jäh auf, besser: bäumte sich auf. Ich spürte es rein körperlich.
»Das nicht!« flüsterte ich wild, so wild, daß Uli sich herumwarf und beinah von der Couch gefallen wäre. »Was hauchst du denn da so durchdringend?« fragte sie interessiert. Sie weiß, wenn ich ganz wütend bin, werde ich leise.
»Soll ich lieber brüllen?« Ich suchte mit einer Entschlossenheit nach meinem linken Schuh, der unter ein Möbelstück geraten sein mußte, daß an ein Weiterschlafen für Uli nicht zu denken war. »Daß du es weißt: Ich hab’ es satt. Jawohl, satt, satt, satt! Ich heirate!«
Ich schrie es jetzt heraus, sozusagen fünfmal unterstrichen. Von nebenan klopfte es an die Wand. Nächtliche Ruhestörung – na, so nächtlich war sie gar nicht mehr. Wenn der Briefträger schon da gewesen war, und überhaupt ...
»Bist du wahnsinnig geworden heute nacht?« fragte Uli mit besorgtem Unterton. Dieser Unterton war ernst, ich hörte es genau. Uli konnte mitreden. Sie war verheiratet oder doch verheiratet gewesen, ihr Mann befand sich seit einiger Zeit ›auf Reisen‹. Sie leben getrennt – bis auf weiteres.
»Nicht wahnsinnig. Einsichtig! Ich sehe ein, daß ich im Beruf eine Niete bin. Eine ganze, vollständige Niete. Da, lies das –«, und ich fegte ihr den Absagebrief des dicken Onkels hin. »Deshalb heirate ich.«
›Heiraten ist immer ein Risikos‹, so heißt ein Theaterstück. Darin heiratet, soweit ich informiert bin – ich habe es selbst nicht gesehen –, ein Gattenmörder, des Verbrechens nicht überführt und mangels Beweisen freigesprochen, eine Frau, die ihren Mann ebenfalls auf elegante Weise unter die Erde gebracht hat. Ich finde diesen Vorwurf makaber. Ich selbst möchte, wie viele oder sogar fast alle jungen Menschen weiblichen Geschlechts, heiraten, zu einem verläßlichen Menschen gehören, mit ihm durch dick und dünn gehen und Kinder haben. Nicht nur eins, sondern mehrere. Rotbakkige, stämmige, meinetwegen zeitweise auch rotznäsige Kinder, die in Strampelhöschen in der Sonne liegen und krähen, solange sie klein sind, und später reiten, daß einem das Herz lacht. So ungefähr. Um dieses Zukunftsbild wahr zu machen, braucht man einen Mann. Und da man sich nicht selbst einen zusammenbasteln kann, muß man nehmen, was sich bietet. Insofern ist Heiraten natürlich ein Risiko, gemeinhin.
In meinem Falle jedoch nicht. Jochen – um den wird es sich also von jetzt an in meinem Leben handeln –, Jochen ist die große, die seltene, die einmalige Ausnahme. Ich bin nicht verblendet. Ich sehe klar, jedenfalls Jochen.
Er dient jetzt das siebente Jahr um mich. Sieben Jahre, das ist wahrhaftig biblisch. Und da ich nur Brüder und keine einzige Schwester habe, läuft er nicht Gefahr, wie weiland Jakob, sieben Jahre um Rahel – in diesem Falle Lex – gedient zu haben und sich dann mit Lea begnügen zu müssen. Wenn man einen Mann sieben