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aus der Hand, um mit seinem mutigsten Feuerwehrmann zu sprechen. »Wie schätzen Sie die Lage ein? Ist eine Bergung mit Schaufeltrage möglich?«

      »Nein … Nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Wir bekommen ihn unmöglich auf einem Spineboard hier raus. Die Trage ist zu breit für den engen Tunnel.«

      »Das heißt also, wir müssen weiter Trümmer wegräumen.«

      »Ja, aber … Aber ich weiß nicht, ob die Zeit noch reicht. Es steht sehr schlecht um ihn. Außerdem … hier gibt es keine stabile Decke, sondern nur lose Steinplatten und Betonbrocken, die jeden Augenblick herabstürzen könnten.«

      »Sie kommen da auf der Stelle raus!«, sagte Gutknecht behutsam, so als fürchte er, dass die Höhle wie ein Kartenhaus zusammenfallen würde, sollte er seine Stimme erheben. Dabei sprach er deutlich und betonte jede einzelne Wortsilbe, um sicher zu gehen, dass es keine Missverständnisse gab. »Raus da! Sofort!«

      »Verstanden!«

      Mit zunehmendem Entsetzen und starr vor Angst war Daniel dem kurzen Funkgespräch verfolgt.

      »Sie brauchen hier keine Diskussion mit mir anzufangen, Dr. Norden«, schnarrte ihn Rainer Gutknecht an, ehe Daniel dazu kam zu protestieren. »So leid es mir für Herrn Berger tut, ich werde nicht das Leben meines Mannes aufs Spiel setzen.«

      »Verstehe«, erwiderte Daniel und versuchte, ruhig zu bleiben. »Und was passiert jetzt? Wie soll es weitergehen?«

      »Sobald Markus Never in Sicherheit ist, fangen wir an, das Geröll abzutragen. Das THW muss vorher alles absichern und wahrscheinlich einige Stützen verbauen, um ein Einstürzen des Schuttberges zu verhindern. Erst wenn das geschehen ist, können wir uns an die Bergung ihres Mitarbeiters machen.«

      Daniel musste erst schlucken, bevor er die nächste Frage stellen konnte: »Was schätzen Sie? Wie lange wird es dauern, bis Sie ihn da raushaben?«

      Rainer Gutknecht sah ihm fest in die Augen. In seinen Worten klang echtes Bedauern mit, als er sagte: »Zwei oder drei Stunden. Mindestens.«

      Daniel schüttelte den Kopf und sagte erschüttert: »So viel Zeit hat er nicht mehr.« Seine Knie gaben nach, und er musste sich auf einen der riesigen Steinbrocken setzen, die hier überall herumlagen.

      Fred Steinbach war plötzlich bei ihm und drückte ihm einen Becher Tee in die Hand. »Trink das. Vielleicht geht’s dir dann etwas besser.«

      »Mit mir ist alles in Ordnung«, versicherte Daniel halbherzig, nahm seinem Freund aber dankbar den Tee ab.

      Während er trank, beobachtete er das Treiben der Rettungskräfte. Am Haupteingang des Clubs kehrte allmählich Ruhe ein. Alle, die im Foyer festgesessen hatten, waren inzwischen geborgen und in die Kliniken gebracht worden. Es war kaum zu glauben, dass dieser Brand kein Todesopfer gefordert hatte und es für die meisten Clubgäste glimpflich ausgegangen war. Nur für einen nicht.

      Markus Never kam zu ihnen. »Es tut mir leid, Dr. Norden. Ich hätte ihn gern mitgebracht. Bitte glauben Sie mir das.«

      »Das mache ich. Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen, Herr Never. Sie haben alles getan, was in ihren Kräften stand.«

      »Es fühlt sich nicht so an. Es ist mir unheimlich schwergefallen, ihn zurücklassen zu müssen. Doch es gab nichts, was ich tun konnte, außer ihn in warme Decken zu hüllen und Sauerstoff zu geben. Vielleicht hält er so lange durch, bis wir ihn bergen können.«

      »Ja … Ja, vielleicht«, erwiderte Daniel, obwohl er es nicht glaubte.

      Markus Never blieb unschlüssig vor Daniel stehen.

      »Am liebsten wäre ich bei ihm geblieben. Aber mein Chef hat die richtige Entscheidung getroffen, als er mir befahl herauszukommen. Und Sie verstehen sicher, dass ich mich seiner direkten Anordnung nicht widersetzen durfte.«

      »Ja, natürlich, er ist Ihr Vorgesetzter.« Daniel sah auf, als ihm etwas einfiel. »Mir kann Herr Gutknecht keine Befehle geben.«

      »Nein …« Markus sah den Arzt, der augenscheinlich unter Schock stand, verwirrt an. »Sie sind ja kein Angestellter der Rettungswache.«

      »Stimmt!« Daniel sprang auf und drückte Fred Steinbach seinen leeren Becher in die Hand. »Ich geh da rein!«, sagte er energisch, um jeden Widerspruch im Keim zu ersticken. Ohne Erfolg.

      »Bist du verrückt geworden!«, platzte Fred lautstark raus. »Du wirst auf gar keinen Fall durch einstürzende Trümmerteile zu ihm kriechen!«

      »Das können Sie vergessen, Herr Norden«, wetterte Rainer Gutknecht, der die letzten Worte mitbekommen hatte. »Das werde ich niemals genehmigen.»

      »Dann ist es ja gut, dass ich Ihre Genehmigung gar nicht brauche. Ich unterstehe nicht Ihrem Kommando, und wenn ich vorhabe, zu meinem Mitarbeiter zu gehen, um ihn am Leben zu halten, wird mich niemand daran hindern können! Was würden Sie denn an meiner Stelle machen, Herr Gutknecht? Was wäre, wenn einer Ihrer Männer dort liegen würde? Würden Sie sich hier ruhig hinsetzen und einfach nur auf das Beste hoffen, obwohl Sie wissen, dass Sie mehr tun könnten?«

      Gutknecht sah ihn lange an, dann sagte er so leise, dass er kaum zu verstehen war: »Ich sage Ihnen, was ich machen würde: Ich würde mir Atemschutzkleidung besorgen, sie anziehen und dann durch diesen verdammten Tunnel kriechen. In einem Rucksack, den ich bei mir tragen würde, hätte ich alles, was an medizinischer Ausrüstung nötig wäre, um das Leben meines Mannes zu retten. Das ist das, was ich machen würde. Und das erzähle ich Ihnen nur, weil Sie mich ganz direkt danach gefragt haben. So, und nun gehe ich rüber zu meinen Leuten am Haupteingang, um mir Bericht erstatten zu lassen. Das kann eine Weile dauern. In der nächsten Viertelstunde habe ich dort sicher zu tun.«

      Gutknecht drehte sich um und ließ die verdutzten Männer zurück.­

      »Was sollte das denn eben?«, fragte Fred Steinbach perplex.

      Daniel beantwortete die Frage seines Freundes nicht. Stattdessen wies er hastig an: »Fred, pack alles in einem Rucksack zusammen, was ich da drin gebrauchen könnte. Denk vor allem an eine Pleurakanüle mit Ventil. Herr Never, können Sie mir die Schutzkleidung besorgen?«

      »Nein, ich will meinen Job nicht verlieren.« Er grinste. »Ich kann Ihnen höchstens zeigen, wo die Sachen hier rumliegen. Wenn Sie sich dann da einfach bedienen, ist es nicht meine Schuld.«

      »Daniel, sei vernünftig!« Fred hatte nicht vor, Daniel kampflos in sein Unglück rennen zu lassen. »Du kannst da unmöglich reingehen! Erwarte nicht von mir, dass ich dieses Himmelfahrtskommando unterstütze.«

      »Ich besorg Ihnen die Sachen, Dr. Norden«, sagte Jens Wiener und lief zum Rettungswagen. Fred sah dem jungen Mann kopfschüttelnd hinterher. Dann versuchte er weiter, Daniel umzustimmen.

      »Denk wenigstens an Fee und deine Kinder. Wenn dir etwas passiert …«

      Damit hatte er einen wunden Punkt bei Daniel getroffen. Der Gedanke an seine Familie tat weh. Die Vorstellung, dass er sie vielleicht nie wiedersah, weil er zu viel riskiert hatte, ließ ihn erschauern.

      »Ruf wenigstens Fee an!«, bat Fred. »Sag ihr, was du vorhast.«

      *

      In der Behnisch-Klinik kümmerte man sich um die Verletzten, die die Rettungswagen brachten. Viele von ihnen waren traumatisiert, litten an Unterkühlung oder oberflächlichen Verletzungen. Sie hatten sehr großes Glück gehabt und würden die Klinik bereits am nächsten Tag verlassen können.

      Fee ließ ihren letzten Patienten auf die chirurgische Station verlegen und ging dann in den Pausenraum. Die meiste Arbeit war getan, sie wurde hier nicht mehr gebraucht. Doch einfach nach Hause fahren, um den versäumten Nachtschlaf nachzuholen, konnte sie nicht. Nicht, solange Daniel noch unterwegs war und niemand wusste, ob Erik Berger seinen Clubbesuch überleben würde.

      »Frau Rohde!«, rief Fee, als sie den kleinen Aufenthaltsraum der Notfallambulanz betrat und ihre Kollegin dort sitzen sah. »Schön, dass Sie auch hier sind. Dann brauche ich meinen Kaffee nicht allein trinken.«

      »Hm«,

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