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des alten klapperigen Oberhofzeremonienmeisters, des Freiherrn von und zu Knickebein. Nur der Narr konnte ihn nicht ausstehen, und, was Peter besonders kränkte, auch Goldhaar hatte kein Vertrauen zu ihm.

      Monate waren ins Land gegangen. Trotz aller Kuren und Medikamente blieb die Prinzessin traurig wie bisher, auch wurden ihre Wangen zusehends schmaler und blasser. Dem König ging das Leid seiner Tochter so zu Herzen, daß er selbst schwermütig wurde.

      Als Goldhaar eines Tages wie ein Schatten durch den Park schlich, niemand um sich duldete und sich zu dem abgelegensten, wilden Teil am Weiher begab, war ihr der Narr heimlich gefolgt. Er wollte die Ursache ihres Kummers ergründen und hielt sich im dichtesten Strauchwerk verborgen. Es dauerte auch nicht lange, da knackte es in Busch und Ast, und ein Riese, mit einem langen, wilden Bart, einem schrecklichen Angesicht, aus dem zwei kleine, böse Augen blickten, erschien.

      „Schau, Goldhaar, da bin ich,“ rief der Unhold, „hast mich wohl schon erwartet, mein Püppchen?“

      Die geängstigte Prinzessin machte eine hilflose, bittende Bewegung, aber der Riese lachte nur höhnisch und wollte sie an sich ziehen. Da stürzte der Narr aus seinem Versteck hervor.

      „Du rührst Goldhaar nicht an!“ schrie er. „Wer bist du, der es wagt, in des Königs Park einzudringen, und was suchst du hier?“

      „Ich bin der Riese Raufebold. In einer Woche ist das Jahr um, daß ich Goldhaar zum erstenmal sah. Wenn sie mir dann nicht freiwillig auf meine Burg folgen will, so hole ich sie mir mit Gewalt!“

      „Und du ungehobelter Geselle glaubst, daß König Gundermann das dulden würde?“

      „Ich werde ihn lange fragen! Da sieh!“ Bei diesem Ausruf packte Raufebold einen Baum und brach dessen Stamm mitten durch.

      „So würde ich die Säulen des Palastes zerbrechen, wenn man mir Widerstand entgegenzusetzen wagt!“

      Der Narr hatte sein Schwert aus der Scheide gerissen und nach dem Riesen gestochen. Der stimmte ein dröhnendes Gelächter an und rief: „Du bist wirklich ein rechter Narr, denn sonst müßtest du wissen, daß ich unverwundbar bin. Berichte deinem König, daß ich in einer Woche komme, sein Töchterlein zu holen!“

      Wieder krachte es in Busch und Zweig. Mit dröhnenden Schritten ging der Unhold davon.

      Goldhaar hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und weinte. Der Narr versuchte vergeblich sie zu trösten. Da wuchs plötzlich ein wunderschönes Pilzlein mit einer Krone auf dem Haupt vor ihnen aus dem Erdboden empor und sprach mit einer feinen, wohlklingenden Stimme: „Zage nicht, Goldhärchen, wo ich bin, ist auch das Glück zu Hause. Gib nur sorgsam acht, in wenigen Tagen wird es mit Spiel und Sang seinen Einzug halten!“

      Bevor das erstaunte Prinzeßlein antworten konnte, war das rote Männlein wieder im Erdboden verschwunden, und zum erstenmal seit Goldhaars Begegnung mit Raufebold wich dieses furchtbare Angstgefühl von ihr, und sie faßte wieder Hoffnung. Tag für Tag wartete sie jetzt, daß das Glück mit Spiel und Sang seinen Einzug halten sollte und war neugierig, wie es wohl aussehen würde.

      Nun fehlten nur noch drei Tage, und der unwillkommene Freier mußte kommen.

      Goldhaar wurde von großer Unruhe befallen, die sich auch auf den König übertrug. Auch er war der endlosen Behandlung des Doktors überdrüssig geworden und hatte das Vertrauen verloren. Als daher Peter, mit einer großen Medizinflasche bewaffnet, auftauchte, wurde ihm ein wenig huldreicher Empfang zuteil.

      „Wann zaubert Ihr endlich das so oft versprochene Lächeln auf die Lippen meiner Tochter?“ fragte Gundermann.

      „Durchlauchtigster Herr König, Ihr seid bei mir an der richtigen Quelle,“ antwortete Peter.

      „Sicher, seine Medikamente bestehen nämlich aus gefärbtem Wasser,“ fügte der Narr hinzu.

      „Bitte, Herr König, überzeugt Euch von der Wirkung dieses Wundertranks.“

      „Sicher bleibt die Wirkung nicht aus, Goldhaar hat noch nach jedem der vielen bunten Medikamente - - Bauchweh bekommen,“ rief der Spottvogel.

      Als der König sah, daß sein Kind sich sträubte, die dargereichte Flasche anzunehmen, bat er, sie möge ihm zuliebe diesen einen Trunk noch nehmen. Sie antwortete jedoch: „Vater, dir zuliebe habe ich Tag für Tag ein anderes Gebräu getrunken, mit dem einzigen Erfolg, daß mir jedesmal elend wurde.“

      Peter suchte, der Prinzessin unter Katzenbuckeln und Kratzfüßen seine Flasche aufzudrängen, da riß ihr die Geduld, sie nahm ihm die Medizin aus der Hand und warf sie in großem Bogen in den Teich.

      Peter erhob ein groß’ Geschrei: „Dieser Trunk hätte unfehlbar gewirkt! Ich erwarte für meine hohen Verdienste wenigstens den Titel eines königlichen Hofarztes!“

      Der Narr machte eine Verbeugung und entgegnete: „Freilich sind eure Verdienste recht hoch, aber weniger um die Wissenschaft als für eure eigene Tasche!“

      Der Zeremonienmeister, der ihm nicht wohlgesinnt war, meinte hämisch: „Wenn der Narr alles besser weiß, so soll er doch zeigen, was er kann!“

      Da erwiderte der Mann mit der Schellenkappe: „An meinem Narrenwitz kann Goldhaar nicht genesen. Nur der Mann vermag sie zu heilen, der den Frohsinn im Herzen trägt!“

      „Ach nein,“ sagte der Freiherr von und zu Knickebein, „und wo finden wir diesen Menschen?“

      „Vielleicht ist er nicht fern. Am Tor wartet ein Spielmann vorgelassen zu werden, von dessen lustigen Weisen man im ganzen Lande spricht!“

      „Lächerlich,“ schrie Peter wütend, „ein windiger Spielmann soll helfen, wo bisher meine sonst unfehlbaren Tränke versagt haben?“

      Und der Zeremonienmeister zeterte: „Spielmann! Gaukler! Straßensänger! Auf die Gasse gehört er, aber nicht an einen Königshof!“

      In diesem Augenblick hörte man den Ton einer Geige, und eine wohlklingende Stimme sang dazu:

      „Herzei was kränkt dich so sehr,

      Als wenn im Himmel kein’ Hoffnung mehr wär?

      Wenn schon das Wetter gefährlich aussieht,

      Hoffe das Beste, verzage nie!

      Sagt man doch insgemein:

      Auf Regen, auf Regen folgt Sonnenschein!“

      Goldhaar klatschte in die Hände und rief: „Ich will den Spielmann sehen und hören!“

      Der König gab Befehl, ihn vorzulassen.

      Peter erbleichte, als er Fiedelfritz eintreten sah. Als dieser ihn erkannte, eilte er auf ihn zu und rief: „Welche Freude, Peter, dich hier wiederzufinden!“

      Peter übersah geflissentlich die ihm dargereichte Hand und antwortete recht hochmütig: „Der Kerl ist ein Tollhäusler! Fehlt nur noch, daß er behauptet, mein Bruder zu sein!“

      Fiedelfritz sah ihn ganz verstört an und vermochte nur noch stotternd zu fragen: „Bin ich es denn nicht?“

      „Da haben wir’s! Unerhört! So ein Schwindler!“

      Der Narr trat dicht an Peter heran und rief, daß alle es hören mußten: „Ich weiß noch nicht so genau, wer der Schwindler ist!“

      Gundermann machte der Szene ein Ende. Er beauftragte die Wache, dafür zu sorgen, daß Fiedelfritz ohne des Königs Erlaubnis nicht das Schloß verlassen dürfe.

      Peter blickte seinen Bruder schadenfroh an, verbeugte sich dann unterwürfig und sagte: „Herr König, ich danke Euch für das mir geschenkte Vertrauen.“

      „Ich habe weder Vertrauen noch Mißtrauen ausgesprochen.

      Auch für Euch, Herr Doktor, gilt der Befehl!“

      Peter fiel aus allen Wolken, als auch er von einigen Soldaten in die Mitte genommen und in Haft abgeführt wurde.

      Wie nun Fritz trübselig in der Zelle saß und nicht

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