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eine Schlacht zu gewinnen sein, sobald ein Krieger vergäße, gehorsam zu sein?

      Ehre? Die oberste Pflicht. Was wäre ein Krieger wert, der nicht einträte für das, woran er glaubte. Der nicht bereit wäre, sich allen Beleidigern entgegenzustellen. Der nicht wüsste, wofür er kämpfen sollte?

      Kampf? Der Lebensinhalt eines Kriegers. Der Kampf im Mittelpunkt seines Denkens und Fühlens. Ist nicht überhaupt das Leben ein einziger Kampf? Kampf ist das Gebot der Natur. Schon jedes Tier, jede Pflanze muss kämpfen, um existieren zu können.

      Der Permanente Konflikt als Philosophie des Ewigen Kriegers. Woraus sonst sollte er Kraft und Innovation schöpfen? Der fortwährende Konflikt zwingt den Krieger, nach neuen Lösungen zu suchen. Er ist die größte Herausforderung. Mit dem Ende des Konflikts käme die Entbehrlichkeit, wäre der Anreiz für jede Leistungssteigerung verloren.

      Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Lippen. Eigenartig, dass ich diese Zusammenhänge nie zuvor mit solcher Klarheit gesehen hatte. Als Ewigem Krieger hätte mir das alles längst in Fleisch und Blut übergehen müssen.

      Ich schüttelte verwundert den Kopf, ging zum Automaten und zapfte mir ein Glas Wasser. Nachdenklich setzte ich mich wieder in den Sessel. Nur gut, dass ich in dieser äußerst schwierigen Situation zur Vernunft gekommen war. Ein Ewiger Krieger musste wachsam sein und sich auf seine Aufgabe konzentrieren.

      Ich war ein Ewiger Krieger! Ich würde die Letzte Schlacht entscheiden!

      6. Krieger Bull

      In der alten Redewendung »Gegensätze ziehen sich an« lag durchaus ein Körnchen Wahrheit. Agid Vendor, die Gefährtin des Ökologen und Hanse-Spezialisten Doran Meinster, war schlank, fast knochig. Meinster hingegen war klein und korpulent. Sein pausbäckiges Gesicht ließ ihn zudem freundlicher aussehen, als er tatsächlich war.

      »Wir können unser Segment aus dem Konglomerat lösen«, sagte Agid Vendor. »Keiner will derzeit zu uns an Bord, Bull schon gar nicht.«

      Meinster nickte verkniffen. »Ich habe die Anweisung zum Ablegen bereits gegeben.«

      Schon Augenblicke später zeigten die Überwachungsholos, dass Segment 1257, Eigenname ARMAGEDDON, aus dem Pulk der EXPLORER-Schiffe ausscherte.

      »Wir nehmen Kurs auf Eremit und suchen Volcayr auf!«, entschied Meinster.

      Das Virenschiff meldete sich mit einem menschlich klingenden Räuspern. »Diesen Schritt solltet ihr euch gut überlegen«, mahnte es. »Es wäre nicht klug, Volcayr zu provozieren.«

      »Ich habe die Entscheidung getroffen, es bleibt dabei!«, beharrte Meinster. »Keine Diskussion.«

      Der Elfahder hatte sich auf eine Insel im Ozean des Planeten zurückgezogen, das war aus den Ortungsergebnissen eindeutig hervorgegangen. Dort, auf der Südhalbkugel des Planeten, stand ein 500 Meter hoher Turm, der höchste Generator des mittlerweile erloschenen Quarantänefelds.

      Das Virenschiff tauchte schon nach wenigen Minuten in die Atmosphäre ein. Die Seele des Schiffes gab Alarm, denn unvermittelt rasten pfeilförmige Stratosphärenjäger heran und eröffneten das Feuer.

      »Antikörper-Cloreonen«, erkannte Meinster. »Warum kommen die uns in die Quere?«

      »Das ist ihre Aufgabe«, sagte Colophon Bytargeau. »Sie sehen uns als Eindringlinge.« Der junge Extremwelt-Architekt, hager und asketisch, rieb sich nachdenklich das Kinn.

      Die Kampfjäger der Antikörper feuerten ununterbrochen, erreichten aber nicht mehr als eine rasch deutlicher werdende Kursabweichung des Virenschiffs. Ernsthaft gefährden konnten sie es mit ihren Waffensystemen nicht.

      »Ich setze voraus, dass ihr keinen Gegenschlag wollt«, meldete sich das Schiff.

      »Richtig«, bestätigte Doran Meinster. »Das haben wir nicht vor.«

      »Auf keinen Fall«, ergänzte Agid Vendor. »Aber wieso weichst du vom Kurs ab? Wir wollen zu Volcayr.«

      »Eine starke animalische Kraft zwingt mich zur Abweichung«, antwortete das Virenschiff.

      Meinster zog die Brauen zusammen. »Jemand versucht, dich geistig zu beeinflussen? Setz dich zur Wehr!«

      »Ich kann es nicht.« Die sonst sanfte Vishna-Stimme klang merklich angespannt. In den Holos war zu sehen, dass das Schiff weiter abdrehte. Volcayrs Eiland und der mächtige Turm verschwanden in der Ferne und versanken kurz darauf hinter dem Horizont.

      Die Bildprojektion wechselte.

      »Wir nähern uns einer großen Insel.« Agid Vendor deutete auf das neue Holo. Einsam ragte das Eiland aus der aufgewühlten See.

      »Die Antikörper-Cloreonen sind verschwunden«, stellte Mirandola Cainz fest.

      Der Kurs des Virenschiffs zielte auf mehrere Bergkegel, die gut zwei Kilometer hoch aufragten. Die Insel selbst schien von üppigem Grün überwuchert.

      »Spürt ihr das auch?«, fragte Agid hastig.

      Meinster nickte. Sekunden zuvor war ihm so gewesen, als hätte er die auf das Schiff einwirkende Kraft wahrgenommen – etwas, das ihn mit unwiderstehlicher Macht anzog.

      Seg-1257 wurde langsamer und flog über steile Uferklippen hinweg. Weit und breit gab es nur dicht wuchernde Vegetation, keinen geeigneten Landeplatz. Dennoch brach das Schiff in das Dickicht ein. Bäume splitterten wie dünne Hölzer. Irgendwo schien etwas zu explodieren, dann berührte das Segment den Boden und kam zur Ruhe.

      »Das war keine mustergültige Landung«, kritisierte Colophon Bytargeau.

      »Ich hätte es gern besser gemacht«, antwortete das Virenschiff. »Der Kraft, die mich nach unten zog, konnte ich nicht widerstehen.«

      »Und nun?«, fragte Mirandola Cainz. »Was ist mit dieser Kraft?«

      »Sie sorgt dafür, dass ich nicht wieder starten kann.«

      »Das sind ja großartige Aussichten«, stöhnte Meinster. »Wie weit sind wir von Volcayrs Insel entfernt?«

      »Über tausend Kilometer«, antwortete das Virenschiff.

      »Und was machen wir?« Mirandola Cainz verschränkte die Arme. Ihre Jacke spannte über den Schultern und ließ die Muskulatur ihrer Oberarme deutlich erkennen. »Wir müssen die Ursache für unser Problem beseitigen.«

      »Eine andere Wahl haben wir kaum, zumal die Zeit drängt.« Bytargeau schaute angespannt in die Runde. »Die Letzte Schlacht kann jederzeit losbrechen. Je früher wir Volcayr erreichen, desto besser.«

      »Damit wäre alles klar«, sagte Meinster. »Oder gibt es Fragen?«

      Die vier Hanse-Spezialisten legten die SERUNS an, die das Virenschiff für sie hergestellt hatte. Die Atmosphäre des Planeten enthielt zwar ausreichend Sauerstoff, aber auch giftige Beimengungen.

      Schwärme von Insekten stoben auf, als die Schleuse geöffnet wurde. Doran Meinster verließ das Schiff als Erster. Vor ihm ragten mächtige Pilze in die Höhe. Es waren hauptsächlich Schlauchpilze, die wie mächtige, oben offene Becher aussahen. Seitlich hatten sie faulige Lamellen, in denen es von Würmern und anderem Getier wimmelte. Vereinzelt standen Bäume zwischen den Pilzen. Sie sahen aus wie mannsdicke riesige Grashalme, deren in der Höhe auffasernde Ähren vom Sonnenlicht umflutet wurden.

      »Wohin müssen wir uns wenden?« Agid Vendor schlug mit der flachen Hand auf die Außenhülle des Virenschiffs. »Gib uns wenigstens einen Hinweis!«

      Vi schwieg. Das Schiff schien größere Probleme zu haben.

      Mirandola Cainz kontrollierte ihren Kombistrahler. »Mir ist nicht sonderlich wohl«, gestand sie. »Vor allem habe ich den Eindruck, dass wir beobachtet werden.«

      »Du meinst, dass in diesem Pilzdschungel Cloreonen leben?« Zweifelnd schüttelte Bytargeau den Kopf. »Eine bedrückendere Umgebung könnten sie sich kaum aussuchen.«

      Zwischen den Pilzlamellen

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