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      Impressum

      © 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-96688-114-2

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Fred McMason

       Der Tiger von Kanchipuram

       Sie jagen den Tiger und werden selbst zu Gejagten

      Immer vor dem Mittagessen befragte Thakazhi Pillai sein Orakel.

      Dieses Orakel bestand aus einer Handvoll kleiner Knochen, die von einem indischen Wolf stammten. Thakazhi hatte diesen Canis lupus pallipes eigenhändig erlegt.

      Bisher hatten die Knochen nichts Aufregendes gezeigt, aber als er sie diesmal über den Boden seiner kleinen Hütte warf, da blieben sie in einer merkwürdigen Anordnung liegen. Drei Spitzen der Knochen zeigten wie bei einem Dreieck in verschiedene Richtungen. Am Rande des Dreiecks lagen weitere Knochen zu einem kleinen Häufchen zusammen.

      Thakazhi blickte erschrocken auf das Orakel, an dessen Zuverlässigkeit er keinen Augenblick zweifelte. Schließlich hatte das Orakel sein Schicksal immer genau bestimmt.

       Diesmal bedeutete die Anordnung der Knochen den Tod …

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Thakazhi Pillai – benutzt eine Handvoll kleiner Wolfsknochen als Orakel und erfährt, daß er sterben wird.

      Der Sultan von Golkonda – hält sein Versprechen und räumt der Königin von England Handelslizenzen ein.

      Rabin – der Zuchtmeister auf der Sultans-Galeere erweist sich als Dieb und erleidet eine barbarische Strafe.

      Old Donegal O’Flynn – hat einen Wahrtraum, mit dem er allen Leuten auf den Geist geht.

      Philip Hasard Killigrew – steht Sudar, dem Menschenfresser, allein gegenüber und hat nur einen Schiffshauer gegen den Tiger.

       1.

      Der zweite Wurf zeigte fast genau das gleiche Ergebnis. Auch hier teilte ihm das Orakel den Tod mit. Irgendwann innerhalb der nächsten Tage würde sich sein Schicksal erfüllen.

      Thakazhi sammelte schnell die Knochen ein und verstaute sie in dem kleinen Leinenbeutel.

      Danach setzte er sich mit trübem Blick zum Essen nieder.

      Auf dem kleinen Bambustisch lag ein frischgrünes Blatt einer Bananenstaude. Seine Frau, Kamalakshy, erschien und schöpfte aus irdenen Töpfen Curry-Ragouts, essigsaure Papaya und kleine geschmorte Fleischstückchen auf das Bananenblatt.

      Draußen blies der Bhoot, ein trockener Staubwind, sein eintöniges Lied. Es war eine schmirgelnde Melodie aus disharmonischen Tönen, die sich anhörte, als riebe Sand gegen Sand.

      Das schmale Gesicht des Mannes war verkniffen. Er nahm zuerst die Schale mit Wasser und trank sie leer. Sein Gaumen war staubtrocken wie der Bhoot, der um die Hütte blies.

      Völlig verkrampft saß er dann vor dem Bambustisch und starrte aus leeren Augen auf das Essen. Er saß da mit nackten Beinen und nacktem Oberkörper, nur einen grauen und durchlöcherten Dhoti um die Hüften geschlagen.

      „Was ist mit dir, Thaki?“ fragte seine Frau flüsternd. Das seltsame Gebaren ihres Mannes war ihr nicht entgangen. Sie nannte ihn immer Thaki, schon seit ihrer Kindheit, als sie sich mit sieben Jahren kennengelernt hatten.

      „Mir ist nicht gut“, erwiderte Thaki heiser. Lustlos griff er mit den Fingern in den Reis, drehte ihn zu einem kugelförmigen Gebilde zusammen und stopfte es sich mit ein wenig Soße in den Mund.

      Er fand, daß das Essen nicht schmeckte und ihm speiübel davon wurde.

      „Was fehlt dir denn, Thaki?“

      Sie war jung, hübsch, hatte langes, schwarzes und glattes Haar, das ihr bis über die schmalen Schultern fiel und war von jener Zierlichkeit wie die kleinen Antilopen, die er zu jagen pflegte, um seine Familie satt zu kriegen.

      „Mir ist nicht gut, Kama“, wiederholte er. „Vielleicht liegt es an dem Bhoot. Immer wenn der Staubwind bläst, fühle ich mich nicht wohl. Ich vertrage ihn einfach nicht.“

      Das war gelogen. Der Wind hatte damit nichts zu tun, aber er konnte Kamalakshy nicht sagen, was wirklich passiert war. Sie hätte sich furchtbar darüber aufgeregt.

      „Du mußt trotzdem etwas essen.“

      Sie sah zu, wie er lustlos den Reis zusammenformte und widerwillig in den Mund schob. Er kaute nicht mal, er schluckte es nur hinunter, als erweise er ihr damit einen Gefallen.

      Kama sah ihn immer wieder besorgt an, und auch der kleine Sabu betrachtete seinen Vater, der heute ganz anders als sonst war.

      „Hat das Orakel schlechte Zeichen gezeigt?“ fragte seine Frau schließlich.

      „Das Orakel? Nein, nichts Besonderes. Es war wie meist. Ich gehe jetzt ein paar Bankivahühner jagen, werde nach Hirschziegenantilopen und dem Nilgau Ausschau halten, und wenn ich Glück habe, finde ich auch noch ein Honignest.“

      „Wir haben noch für zwei Tage Reis. Außerdem verträgst du den Bhoot nicht. Geh lieber morgen.“

      Sie sagte das sehr besorgt, doch er schüttelte den Kopf.

      Er raffte seine Utensilien zusammen, das große Messer, den Speer und einen Haken zum Angeln. Als letztes nahm er einen Jutesack mit.

      Er verabschiedete sich sehr hastig von Frau und Sohn, und er drehte sich gegen seine sonstige Gewohnheit auch kein einziges Mal um, als er die armselige Hütte verließ.

      Dahinter befand sich ein Stück gerodetes Land, auf dem sie Pisang, Mango, Papaya und Gemüse anbauten. Sie hatten auch ein kleines Reisfeld, außerhalb, am Fluß, einem winzigen Nebenarm des Penner, der so viel oder so wenig Wasser führte, daß es zur Bewässerung von ein paar kleinen Reisfeldern gerade ausreichte.

      Er ging an den Pisangstauden und den Mangobäumen vorbei und schritt zügig aus.

      Die Sonne stand hoch über ihm, und der staubige Bhoot blies ihm unaufhörlich ins Gesicht. Er brachte trockenen Sand und Staub aus den nördlichen Hochebenen des Andhra Pradesh mit und trug ihn nach Osten bis hinüber in den Golf von Bengalen.

      Außer Sichtweite seiner Hütte, nur von

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