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      Impressum

      © 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-96688-113-5

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Sean Beaufort

       Die Ratten von Madras

       Das Gesindel denkt, die Schebecke wäre eine leichte Beute

      Seit Tagen beobachtete er die Engländer. Er war Zeuge von jedem Vorfall, der sich an Deck des Schiffes abspielte. Jede Stunde sah Kondur mehr, was sich zu stehlen lohnte: Kleidung, Waffen, prächtige Gurte mit funkelnden Schnallen, Messer.

      Er zweifelte nicht, daß er von der Beute ein Leben lang prächtige Feste feiern konnte.

      Allein an Deck zu schleichen würde Selbstmord sein.

       Schon der verdammte Hund würde ihn packen. Und in der Nacht müßte es sein. Schließlich sah Kondur, daß nur noch fünf Männer auf dem Schiff geblieben waren. Sein Plan nahm deutlichere Formen an. Er brauchte mehr als eine Handvoll zu allem entschlossene Männer. Und ein kleines bißchen Diebesglück …

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Kondur – der indische Gelegenheitsdieb entwickelt einen Plan, wie die englische Schebecke ausgeräumt werden kann.

      Thakazhi – der Fürst der Diebe von Madras glaubt, leichtes Spiel mit den Engländern zu haben.

      Big Old Shane – hat die Absicht, die Schebecke in eine schwimmende Festung zu verwandeln.

      Mac Pellew – verwandelt sich zusammen mit Clint Wingfield in einen Inder, um an Land in Madras Hilfe zu holen.

      Philip Hasard Killigrew – der Seewolf kann aufatmen, als er mit dem „Stern von Indien“ nach Madras zurückkehrt.

       1.

      Böse Vorahnungen packten Clint Wingfield, den Moses, als er auf dem Grätingsdeck stand, sich an der Heckbalustrade festhielt und über das kabbelige Wasser starrte. Weit voraus, an der nördlichen Huk des Hafengebietes von Madras, hoben und senkten sich die langen Riemen der Galeere im Takt. Die prunkvolle „Stern von Indien“, in deren Decks Kapitän Philip Hasard Killigrew und die meisten Mitglieder der Seewölfe-Crew angekettet waren, drehte langsam nach Norden ab und geriet außer Sicht. Die Stimmung an Deck der Schebecke sank bis tief unter die Wasserlinie.

      Der Moses murmelte niedergeschlagen: „Verdammt! Das ist ein schlimmer Tag für uns.“

      Eine Bö sprang auf und wirbelte Clints blondes Haar durcheinander. Der Windstoß wehte die Gerüche des Hafens über das Deck der Schebecke, auf der vier andere Seewölfe standen, zwischen sich den Bordhund. Verdrossen saß der Schimpanse in den Wanten und kratzte sich im Fell. Clint wartete, bis die Galeere verschwunden war, und drehte sich um. Hinter ihm stand der ehemalige Schmied der Feste Arwenack.

      „Da gehen sie hin“, sagte Big Old Shane grimmig. „Dieser verdammte, dreimal verdammte Schatz! Wenn das Ischwar Singh gewußt hätte!“

      Die Galeere war hinter einem kleinen Landvorsprung und hinter einer Doppelreihe von Palmen mit strahlend grünen Wedelkronen unsichtbar. Clint sagte sich, daß weder der Seewolf selbst noch sonst jemand wußte, wann die Galeere zurückkehren würde, und ob sie je zurückkehrte.

      „Wenn der Sir das gewußt hätte“, meinte Will Thorne halblaut und streichelte das Nackenfell von Plymmie. „Wir hätten nicht eine Unze von dem Zeug an Bord nehmen dürfen. Nicht eine Unze, sage ich.“

      „Jetzt ist es zu spät, Will“, sagte Old Donegal. „Wir müssen zusehen, daß wir hier keinen Ärger kriegen.“

      „Das ist das nächste, was ich befürchte“, sagte Big Old Shane und ballte die Hand. „Fünf Mann und ein Hund – und wir sollen für die Sicherheit eines Dreimasters sorgen. Mitten im Hafen und um uns herum Hunderte Inder, und sie wollen alle nur unser Bestes.“

      „Stimmt“, sagte Mac Pellew und lachte heiser. „Unser Geld und den Rest, den sie unter Deck finden.“

      „Du meinst, Sir, die Inder wollen stehlen, plündern und uns ausrauben?“ fragte der Moses aufgeregt.

      Der graubärtige Riese zuckte mit den breiten Schultern, sprang vom Achterdeck auf die Kuhl und erwiderte: „Mit Culverinen, Drehbassen und unserem Arsenal aus Musketen und Pistolen werden wir die Schebecke in eine schwimmende Festung verwandeln.“

      „Mit uns als Besatzung, die nie aufgibt, wie?“ krächzte der alte Admiral. „Du hast recht, Old Shane.“

      Die Schebecke war längsseits an einer Mole vertäut, deren Steinquader und Ziegel naß von dickem, grünen und braunem Moos und Algen bewachsen waren. Die Trosse lagen um dicke, steinerne Poller, die einen vertrauenserweckenden Eindruck boten. Die Gangway war längst eingezogen und hochkant am Schanzkleid festgebändselt. Aber jeder Mann, der gut zu Fuß war und wirklich wollte, konnte vom Land aufs Schanzkleid und von dort direkt auf die Decks springen.

      Der Schiffskoch deutete auf die bröseligen Steinfugen und sagte: „Zuerst sollten wir uns vom Ufer freihalten. So weit, daß die Kerle nicht einfach an Bord spazieren wie die verdammten Hafenratten“, er zeigte mit dem Daumen über die Schulter. „Los, helft mir.“

      Sie hatten ein paar Säcke aus Kokosfasergeflecht gekauft. Trockenes Gras, alte Lumpen und Reste von Tampen steckten darin. Sie gaben Lose auf die Trossen, und Clint und Big Old Shane hängten die federnden Säcke außenbords, während die drei anderen zuerst den Bug, dann das Heck mit einem langen Rundholz von den Steinen wegschoben. Schließlich klaffte zwischen Bordwand und der Mole ein Zwischenraum von vier Fuß.

      „Gut so!“ rief Big Old Shane. „Zumindest ist es nicht so einfach, an Bord zu entern.“

      Plymmie pirschte langsam über die Länge des Decks. Ihre Pfoten erzeugten pochende Geräusche, die Krallen kratzten über das Holz. Die fünf Seewölfe standen nahe des Großmastes, blickten sich schweigend an und überlegten, wie es jetzt weitergehen sollte.

      Einen Steinwurf von der gemauerten Kante entfernt, unter den staubbedeckten Zweigen eines uralten Baumes, hatten sich mindestens an die zwölf halbnackte Inder in Turbans versammelt. Sie blickten immer wieder verstohlen zur Schebecke hinüber und lachten.

      „Die da drüben reden über uns“, sagte Old Donegal und stieß Mac Pellew mit dem Ellenbogen an. „Ganz bestimmt.“

      „Kann sein, kann auch nicht sein“, brummte der Koch. „Wahrscheinlich lachen sie über den Affen.“

      „Davon haben sie im eigenen verdammten Land mehr als genug“, meinte Old Donegal.

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