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      Inhalt

       Dunkelrote Rosen aus des Königs Hand

       Wo ist er - der Mann für Mama?

       Der Prinz und die Skandal-Komtess

       Beim Küssen spricht man nicht

       Erfüllung auf der Schwarzenburg

Fürstenkrone – 15 –
Dunkelrote Rosen aus des Königs Hand

      Die Strahlen der Frühlingssonne fielen durch hohe Fensterbögen, verfingen sich in zartem durchsichtigem Tüll hinter blitzenden Scheiben und malten zitternde Kringel auf die leuchtenden Farben des heiter gemusterten Teppichs, der den Boden des eleganten Damensalons im Palais von Roussillon bedeckte.

      Feine alte Möbel aus Rosenholz im Stil des Rokoko standen an Wänden, an denen Bilder scharfgeschnittener, edler Männergesichter und sanfter, schöner Frauenantlitze in kostbaren Rahmen hingen.

      Mitten im Raum, auf einem mit heller Seide bezogenen Rokokosofa saß eine schlanke Frauengestalt unbestimmbaren Alters.

      Ihre Figur glich in ihrer Zierlichkeit und Anmut der eines jungen Mädchens. Die Züge des zarten Antlitzes waren ebenmäßig und edel, und reiches Blondhaar mit dem Schimmer goldenen Blütenhonigs war auf dem Kopf einer Krone gleich aufgesteckt. Über großen Augen von sonderbar intensivem Blau spannten sich hohe Brauenbögen.

      Unzweifelhaft war die Marquise Christina de Roussillon eine der schönsten Frauen, die von den Strahlen der Sonne zärtlich geküßt wurden, und man hätte sie in der Tat noch für sehr jung halten können, wäre der Ausdruck warmer Güte nicht gewesen und hätte die tiefe Menschlichkeit in ihren Augen ihrem Antlitz nicht einen Hauch von Reife gegeben, die einem sehr jungen Menschenkind noch nicht zu eigen sein konnte, ohne daß dies Christina de Roussillon etwas von ihrer bezaubernden Schönheit zu nehmen vermocht hätte.

      Eine starke Anziehungskraft ging von der reizenden Erscheinung aus, und wer einmal in diese tiefblauen Augen gesehen hatte, der konnte den Blick nicht mehr von ihr wenden und mußte sie einfach gern haben.

      Christina de Roussillon trug an diesem frühen Vormittag ein schlichtes Hemdblusenkleid aus haselnußfarbener Wildseide. Den einzigen Schmuck bildete eine kostbare Brillantbrosche am Aufschlag. Dennoch wirkte sie unerhört elegant und vornehm.

      Sie hielt sinnend einen Brief in ihren schmalen Händen, und ihr zartes Antlitz trug jetzt einen Zug von tiefer Besorgnis zur Schau.

      Da war nun also eingetreten, was sie so viele Jahre gefürchtet hatte.

      Einen Augenblick lang erwog Christina, den verhängnisvollen Brief einfach zu vernichten und alles so zu belassen, wie es nun einmal jetzt war, aber sogleich wies sie diesen Gedanken wieder weit von sich.

      Sie hatte einmal ein Versprechen gegeben, und sie mußte es halten, so schwer es ihr auch fallen mochte.

      Zögernd streckte die Marquise die Hand aus und ergriff ein Glöckchen aus Silber mit kunstvoller Ziselierung. Gleich darauf erscholl ein heller Silberklang.

      Geräuschlos öffnete sich daraufhin im Hintergrund eine Tür. Eine ältere Dame, in starre dunkelblaue Seide gekleidet, trat ein und näherte sich langsam der Marquise.

      »Du, Helene?« fragte Christina überrascht. »Ich habe nach Jean geläutet. Du weißt, ich würde dich niemals mit der Glocke zu mir rufen.«

      »Ich hatte das Gefühl, dir nahe sein zu müssen«, gab Helene de Ravoux ruhig zurück. »Wenn dir meine Anwesenheit jedoch unerwünscht ist…«

      »Aber nein, bitte bleib!«

      Helene de Ravoux setzte sich umständlich in einen Sessel in der Nähe Christinas. Dann faßte sie diese schärfer ins Auge.

      »Ist es nun eingetreten, Christina?«

      Die Marquise senkte den Kopf und antwortete nicht. Was gab es da auch noch zu antworten?

      »Was willst du tun, Christina?« Es klang gespannt und unruhig.

      Die Marquise hob die schmalen Schultern.

      »Was bleibt mir weiter übrig, als zu erfüllen, was ich einst versprach.«

      »Du solltest es dir gründlich überlegen, Christina.«

      »Das sagst du mir, die du mir in allem Lehrmeisterin warst, Helene? Wer anders als du hat mich denn gelehrt, ein Versprechen unter allen Umständen zu halten?«

      Helene de Ravoux nagte an der Unterlippe.

      »Ein Versprechen darf nicht bindend sein, wenn es Unglück für die Menschen heraufbeschwört«, entgegnete sie dann langsam.

      »Das ist bisher durch nichts bewiesen.«

      »Doch, Christina, weil du nicht imstande sein wirst, das zu halten, was man dir abverlangt hat. Du wirst mit der Lüge auf den Lippen leben müssen für lange Zeit, vielleicht sogar für immer.«

      »Ich weiß es, Helene, ich habe es auch damals gewußt.«

      »Aber nicht bis zur letzten Konsequenz durchdacht. Dir war die Lüge zeit deines Lebens verhaßt, Christina. Du wirst an der Lüge zerbrechen, und wozu soll das gut sein? Viel Zeit ist seither vergangen, und es ist noch sehr die Frage, ob man dir auch heute dieses unselige Versprechen abgerungen hätte, das dich zwingen will, die Heimat zu verlassen.«

      Die Marquise de Roussillon erhob sich und trat mit gefalteten Händen an eines der hohen Fenster. Von der Gardine halb verborgen sah sie hinab auf den herrlichen Park.

      Frühlingsblumen streckten ihre Köpfchen der Sonne entgegen. Rote Tulpen, unterpflanzt mit leuchtendblauen Vergißmeinnicht, flammten auf, umrahmt von ganzen Rabatten sattgelber Stiefmütterchen.

      Minutenlang sah die Marquise auf dieses heitere Bild hinaus, bevor sie sich mit einem leichten Seufzer wieder ins Zimmer zurückwandte.

      »Ich habe nicht das Recht, Angelika für alle Zeiten an mich zu fesseln. Ich versprach, sie nach Rothenstein zu bringen, wenn es an der Zeit sei. Der Tag ist gekommen, ich kann es nicht ändern.«

      »Und du glaubst wirklich, es wird gut für Angelika sein? Du glaubst, es wird sie glücklicher machen? Du liebst Angelika doch und hast mehr für sie getan, als zu deinen Pflichten gehörte. Du hast ihr alles gegeben, was man einem Menschen nur schenken kann, nicht nur an Äußerlichkeiten, auch an Liebe. Du hast ihr dein ganzes Leben geopfert.«

      »Sprich nicht vom Opfer, Helene, Angelika ist mein Kind. Wie könnte ich anders, als sie zu lieben und für sie dazusein. Sie ist mein ganzes Glück.«

      »Sollte es für eine schöne junge Frau, wie du es bist, nicht noch ein anderes, größeres Glück geben als das der Mutterliebe allein?«

      »Ich habe niemals etwas vermißt, Helene. «

      »Weil du nur für Angelika lebtest, ich weiß es. Ich habe Prinzessin Angelika von Herzen gern, dennoch habe ich es oft bedauert, daß du ihretwegen bisher alle Bewerber um deine Hand zurückgewiesen hast. Dieses liebreizende Kind ist dir selbst zum Fluch geworden.«

      »Sprich nicht so, Helene, ich will es nicht hören! Außerdem widersprichst du dir.« Die Marquise lächelte fein.

      *

      »Du weißt«, sagte Christina de Roussillon wenig später zu Angelika, »daß dein Großvater in Deutschland der Fürst von Rothenstein war.«

      »Ich weiß, Mama«, erwiderte das zierliche schwarzhaarige Mädchen. »Weshalb fragst du?«

      »Dein Großvater hat dich zu seiner Universalerbin

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