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Sexualität – Eine Zukunft für die Zukunft. Anand Buchwald
Читать онлайн.Название Sexualität – Eine Zukunft für die Zukunft
Год выпуска 0
isbn 9783867101066
Автор произведения Anand Buchwald
Жанр Сделай Сам
Издательство Bookwire
Natürlich folgt die Evolution im Einzelnen nicht einer durchgängigen, klaren Linie, sondern vielen Wegen, die einander vielleicht auch widersprechen, aber eine gewisse Tendenz, die im Entstehen des Menschen kulminiert, ist durchaus erkennbar. Die Natur hat sich von den sozialmechanischen Gesellschaften und biologischen Robotern im Verlauf der Evolution hin zu mehr Bewusstsein, mehr Individualität und mehr Freiheit entwickelt. Dabei wurde die Fähigkeit zu sozialer Interaktion gefördert und die Sexualität von ihrer zwanghaften Natur befreit, von ihrer Funktion für den Erhalt der Art entkoppelt und für neue Funktionen sozialer und emotionaler Art geöffnet.
Und am vorläufigen Ende dieser Entwicklung steht der Mensch, bei dem die Sexualität sehr vielfältige Funktionen erfüllt. Die Fortpflanzung, der Ausgangspunkt der Sexualität, erfolgt nicht mehr zwanghaft, sondern kann bewusst durchgeführt werden, wodurch der Mensch, zumindest theoretisch, über das Mittel verfügt, eine drohende Überbevölkerung zu regulieren, wenn er lernt, global zu denken und bewusst zu handeln. Und das Bewusstsein ist auch der Knackpunkt bei den ganzen Problemen, die uns die Sexualität zu bescheren scheint, denn für sich allein genommen, ist die Sexualität problem- und wertfrei.
Wenn man noch einmal kurz auf die „natürlichen“ Verhältnisse zurückblickt, dann drücken diese sich in den Tieren ganz „normal“ und ungezwungen aus. Tiere mögen, vor allem wenn sie höher entwickelt sind, Lust und Freude an der Sexualität empfinden, aber sie empfinden keine Scham, kein Bedauern, keine Schuld, keine Unsicherheit. Wenn sie der Drang oder die Lust überfällt und sich ein williger Partner findet, dann geben sie sich dem hin, ohne sich weitere Gedanken oder Sorgen zu machen.
Diese gehören zur Domäne des Menschen, und erst beim Menschen ist die Sexualität Ausgangspunkt mannigfacher Probleme. Nun – wir sind keine Tiere und stellen den derzeitigen, jedoch nicht den finalen Endpunkt der Evolution dar. Unsere Sexualität kann und sollte sich von der tierischen in dem einen oder anderen Punkt unterscheiden und über diese hinausführen. Wenn die Sexualität also Probleme verursacht, dann liegt das sicherlich nicht in ihrer Natur, und wir müssen uns fragen, was die Ursachen sind und was man für eine Harmonisierung unternehmen muss. Einfach nur willkürlich irgendwelche Regeln und Ge- und Verbote aufzustellen, trifft sicherlich nicht den Kern der Sache, sondern ist nur eine kosmetische Verdrängung, und die menschliche Sexualität auf die Fortpflanzungsfunktion zu reduzieren, ist Ausdruck eines extremen, anti-evolutionären Konservativismus und sogar Ausdruck der Bemühung um Stagnation und Regression.
In der Tierwelt ist das einzige Problem mit der Sexualität mit eben dieser Fortpflanzungsfunktion verknüpft: die Rivalität. Bei den Tieren mit kurzer Fruchtbarkeitsperiode werden die Männchen, die sich bis dahin vielleicht gut verstanden oder einander einfach nur ignoriert haben, für diesen Zeitraum zu Rivalen und tragen dann mitunter sehr heftige Kämpfe um die Gunst des Weibchens aus, um danach zu ihrer anderen Normalität zurückzufinden. Beim Menschen gibt es diese Tendenz auch, aber aufgrund der permanenten weiblichen Fruchtbarkeit nur unterschwellig. Andernfalls müssten die Männer ihre ganze Energie in den Ausdruck ihrer Rivalität stecken und kämen nicht zu der kreativen Betätigung, die für die Ausgestaltung unserer Gesellschaft notwendig ist, sondern würden in unmittelbarer Nähe des Tierstadiums verbleiben und würden die Intelligenz, mit der sie ausgestattet wurden, dazu nutzen, einander mit allen Mitteln zu bekämpfen, was zu Hass, Zerstörungswut und Grausamkeit führen würde.
Welches sind nun die Probleme, die beim Menschen mit der Sexualität einhergehen? Wenn man sie auf ihre Basis reduziert, dann gibt es neben der Rivalität noch die Homophobie, die Scham, die Exzessivität und die Unsicherheit.
Die Rivalität ist, wie erwähnt, ein Erbe aus der Tierwelt und ein Mittel der Evolution, um die Arten durch natürliche Auslese gesund zu erhalten und zu perfektionieren. Aber das trifft nur auf die biologische Evolution zu. Wollte man dieses Prinzip auch für die mentale Evolution anwenden, die im Wesentlichen im Menschen ihren Ausgangspunkt hat, dann würde es zu einer sehr kriegerischen Menschheit führen, die immer neue Vernichtungswaffen und -strategien ersinnt und so letztlich auf einen Untergang zusteuert, der bedeuten würde, dass der Mensch ein fehlgeschlagenes Produkt der Evolution war. Und die Geschichte zeigt, dass genau diese Entwicklung eingetreten ist und wir uns in den letzten hundert Jahren rasant auf diesen Punkt ohne Wiederkehr zubewegt haben.
Allerdings fand diese Bewegung nicht einhellig statt. Seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte gab es eine anfangs sehr schwache, aber langsam an Einfluss gewinnende Opposition, die sich darum bemüht hat, die mentale Evolution von den tierischen Wurzeln zu lösen und auf eigene Beine zu stellen. Diese Opposition manifestierte sich in der Fähigkeit, Gefühle der liebevollen und intimen Verbundenheit zumindest ansatzweise zu entwickeln und damit ein Bindeglied für ein sich herausbildendes Sozialwesen darzustellen; sie manifestierte sich in den Regeln des Zusammenlebens die sich daraufhin bildeten, in der Einsetzung einer Rechtsprechung, die begann, der Rivalität Zügel anzulegen, im Aufkommen der Religion, die durch das Einbringen der Willensbekundungen höherer Wesen zusätzlich auch das Unterbewusste ansprach und einen moralischen Druck aufbaute und in der Gesellschaft etablierte; und sie manifestierte sich in einem der Eltern der Religion, der Philosophie, die stets auf der Suche nach der wahren Natur des Menschen und nach seiner Bestimmung war und den Geist und die menschliche Natur über die tierische Natur stellte, und führte schließlich zu einem Humanismus, der den Menschen in seinem Menschsein und seinen edleren Qualitäten fördert und bestärkt. Diese Einflüsse haben die zweifellos ursprünglich starke Rivalität erst domestiziert und dann langsam abgebaut, konnten sie aber nicht gänzlich zum Verschwinden bringen. Wo sie ein wenig transformiert werden konnte, äußert sie sich in der Bemühung, in irgendeinem Gebiet der Beste zu sein und ist so gesehen eine Antriebskraft für den wissenschaftlichen Fortschritt, in ihrer kurzsichtigen Form aber auch die Ursache der Nach-mir-die-Sintflut-Mentalität und der daraus folgenden Umweltzerstörung.
Für eine harmonischere Sexualität muss unter anderem die Rivalität weiter abgebaut werden; ein vollständiger Abbau dürfte aufgrund ihrer biologischen Verankerung vorerst kaum möglich sein, würde aber zur Transzendierung unserer tierischen Grundlagen und damit zu einem Aufstieg auf der Evolutionsleiter führen. Dass die Evolution nicht abgeschlossen ist, scheint kaum jemandem bewusst zu sein, weil sie eher als geschichtlicher Ablauf wahrgenommen wird und in der Regel in Zeiträumen stattfindet, die etwa die bekannte menschliche Geschichte übersteigen. Die langen Zeiträume hängen aber auch damit zusammen, dass die Vielfalt an Veränderungen, welche für ihren Vorgang notwendig sind, vor allem auf genetischen Mutationen beruht, die für unser Zeitempfinden nicht sehr häufig vorkommen. Allerdings wurde dieses Evolutionsverständnis vor Kurzem durch die Entdeckung der epigenetischen Marker erweitert, die Veränderungen in der Aktivität von Teilen des Genoms durch Umwelteinflüsse ermöglichen. Welche Einflussmöglichkeiten hier existieren, ist noch Gegenstand der Forschung. Aber dies zeigt, dass Evolution immer noch stattfindet und auch wahrnehmbar ist und beeinflusst werden kann. Das bedeutet auch, dass wir an der menschlichen Evolution mitwirken und den Zufall durch Bewusstsein ersetzen können, und Bewusstsein bedeutet hier nicht blindwütiges Experimentieren, sondern das Erforschen und Verstehen von Zusammenhängen und dem großen Bild. Und während biologische Erkenntnisse wichtig sind, liegt der Schwerpunkt unserer Evolution aber an anderer Stelle. Die Biologie mag zwar unsere Basis ausmachen, aber in dieser Basis wurzelt unser gesamtes Sein, und so, wie wir für unser Wohlbefinden von einem gesunden Körper abhängen, ist unser Körper für seine Gesundheit auch von unserem geistig-emotionalen und seelischen Wohlbefinden abhängig, was sich dann eben auch in epigenetischen Wirkungen ausdrücken kann.
Unsere Geisteshaltung und seelische Bewusstheit kann also, auch wenn sie nur andeutungsweise biologische Ursachen hat, sich biologisch ein wenig niederschlagen und so die weitere Entwicklung etwas erleichtern. Diese findet für uns Menschen aber hauptsächlich in unserer individuellen Entwicklung statt (wenn man an Reinkarnation glaubt vor allem durch die Evolution der Seele), die sich dann in unserer Gesellschaft niederschlägt, die als Ganzes ebenfalls eine Evolution durchläuft. Und hier ist der evolutionäre Vorgang deutlich sichtbar und von uns, wenn wir aufhören unbewusste und triebgesteuerte Wesen zu sein, auch beeinflussbar. Wir sind der Evolution