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      Die Unaussprechliche

      Wolf Awert

      Band 5 der Drachenblut-Reihe

      ©Wolf Awert2020

      Machandel Verlag Haselünne Charlotte Erpenbeck

      Cover: Detlef Klewer

      1. Auflage 2020

      ISBN 978-3-95959-184-3

      Karte der Welt Halva

Weltkarte

      Tamalone

      Als Tama die Augen wieder aufschlug, sah sie in das besorgte Gesicht eines weißen Drachens. „Pando?“, hauchte sie.

      „Bleib liegen. Alles ist gut. Ruhe dich aus. Hier gibt es nichts und niemanden, der dir etwas antun könnte.“

      „Es tut so gut, deine Stimme zu hören. Für einen Moment hatte ich schon gedacht, ich hätte mir den weißen Drachen nur erträumt. Wie schön, wenn sich jemand um einen sorgt. Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass du ein Drache bist. Na ja, vielleicht nicht die ganze Zeit. Am Anfang ganz bestimmt nicht. Aber zum Schluss schon.“

      „Was war los mit dir? Wie geht es dir? Du bist ohnmächtig geworden. Hast du das gemerkt?“

      „Es geht mir gut“, sagte Tama. „Ich bin nur etwas schwach auf den Beinen.“ Sie versuchte, sich aufzurichten. Dabei rutschten ihr einige Pflanzen von ihrem Körper und fielen auf den Boden. „Was sind das für schöne Blumen. Sind die von dir?“

      „Blumen kann man diese Pflanzen kaum nennen. Einfach irgendwelche Pflanzen. Vielleicht kannst du mit ihnen etwas anfangen.“

      Sie schaute auf die verwelkten Blüten, denen die lange Reise deutlich anzumerken war. „Sie sind schön und sehr kraftvoll. Woher hast du sie?“

      „Ich habe sie in der Nähe eines versumpften Tümpels gefunden, irgendwo am Rand eines Stück Elfenwaldes. Dort, wo sich früher einmal ein Holzfällerlager befand.“

      „Dort also bist du herumgelaufen“, sagte Tama, sammelte die Pflanzen auf und steckte sie ein.

      „Mitten im Wald und etwas abseits jener Spuren, die mir verrieten, wo das Lager einmal errichtet worden war, gibt es einen Tümpel. Oder besser gesagt, ein Giftloch. Dort habe ich sie gefunden.“

      Tamas Körper versteifte sich. Sie spürte die plötzliche Nässe am Rücken, dann die Kälte, wie sie sich durch den ganzen Körper ausbreitete. Sie schnappte nach Luft, denn das Wasser drang in ihre Nase ein, wobei gleichzeitig Feuer durch ihre Knochen rann. Ein kaltes Feuer ohne das kleinste Anzeichen von der Wärme des Lebens. Sie hustete.

      „Da bin ich mal hineingefallen“, keuchte sie, als bekäme sie in diesem Augenblick so wenig Luft wie damals. „Beim Spielen. Irgendwer hat mich wieder herausgefischt. Ich muss Wasser geschluckt haben, und das Wasser war giftig. ‚Mutter‘ hat mich viele Tage lang gepflegt. Aber am Ende wurde ich wieder gesund, und es ist kein Schaden zurückgeblieben.“

      „Man kann es Gift nennen. Ich nenne es zu viel Magie. Wenn jemand das überlebt, muss nicht immer ein Schaden zurückbleiben“, sagte Pando. „Trotzdem ist es ein Wunder, dass du noch am Leben bist.“

      Tama holte einige der Pflanzen wieder aus ihrer Tasche und roch daran. „Sie sind magisch. Ist es das, worauf du hinaus willst?“

      „Ich will auf gar nichts hinaus. Ja, sie sind magisch. Aber es ist keine Drachenmagie und auch nicht die Magie der Elfen. Es ist Naturmagie in hoher Konzentration. Ich nenne es für mich immer Halvas Zauber.“

      „Du bist ja ein Poet. Jetzt weiß ich endlich, wo du dich herumgetrieben hast, als du so schnell aus NA-R verschwandst. Aber was machst du ausgerechnet hier? Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich mir Sorgen um dich gemacht habe?“

      „Was? Ich bin der mit den Sorgen. Und du erzählst mir jetzt erst einmal, was mit dir los ist.“ Der weiße Drache blies Tama ins Gesicht, dass ihre Haare in seinem Atemhauch hin und her wehten.

      „He, lass das“, schimpfte sie lachend, wurde aber rasch wieder ernst. „Es war ein Schwächeanfall. Mehr nicht. Ich hatte plötzlich das Gefühl, die ganze Welt würde über mir zusammenbrechen und mich unter ihren Trümmern begraben. Ich kann das nicht. Ich kann doch nicht ganz allein die ganze Welt vor ihrem Zusammenbruch bewahren. Wie soll ich das denn anstellen? Noch nicht einmal ein Drache könnte das. Und ich bin nur ein schwaches Mädchen aus dem Volk der Menschen.“

      Pando gluckste gutmütig vor sich hin. „Was du immer redest. Niemand kann allein die Welt retten. Wie kommst du auf die Idee, ausgerechnet du solltest das können?“

      „Aber deine Mutter hat doch gesagt …“

      „Ich weiß nicht, was meine Mutter gesagte hat. Aber sicher ist, dass sie auch nicht mehr sagen kann, als sie weiß. Und sie weiß nicht viel. Sie weiß fast gar nichts.“

      „Aber sie ist ein Drache.“

      „Ja, ist sie, aber das macht sie nicht allwissend. Es ist zwar richtig, dass wir Drachen die Hüter des alten Wissens sind, und Einige denken, dass wir wie Krüge bis zum Rand mit Weisheit gefüllt sind.“ Pando lachte erneut auf. Dieses Mal klang es, als hätte er einen Schluckauf. „Aber die Welt hat sich verändert, und niemand weiß, was von dem alten Wissen noch gültig ist und was die Zukunft von uns fordert. Woher also soll sie etwas über dein Schicksal wissen. Ja, ja“, sagte der weiße Drache, als er sah, dass Tama ihn unterbrechen wollte. „Ich weiß, dass jemand meine Mutter besucht und ihr etwas erzählt hat. Aber was das war, kann ich nicht sagen. Was meine Mutter davon verstanden hat, weiß ich ebenfalls nicht. Nur, dass das Schicksal eine wichtige Rolle für dich vorgesehen hat, scheint klar zu sein. Den Verdacht hatte ich schon lange. Das bedeutete aber nicht, dass bereits feststeht, wie diese Rolle aussieht.“

      „Deine Mutter ist Ehrfurcht gebietend und mir ein einziges Rätsel. Du musst mir alles über sie erzählen, was du weißt, hörst du? Oder glaubst du immer noch, ich wäre zu jung für die ganze Wahrheit?“

      Pando schwieg ein paar Atemzüge lang verlegen, bevor er antwortete. „Wenn du mich so fragst, ja, das glaube ich immer noch. Aber wenn sie dir schon Einiges erzählt hat, kann ich dich nicht mehr vor der Wahrheit schützen. Und so viel mehr weiß ich auch nicht. Als ich beschloss, zur ihr zu fliegen, hatte ich nur noch ein paar verschwommene Erinnerungen an sie. Ich hatte den Hort früh verlassen, wie es der Drachen Art ist. Du kannst dir nicht vorstellen, wie überrascht ich war, dass sie sich noch an mich erinnerte. Und noch überraschter war ich, als ich erfuhr, dass sie mir einen Namen gegeben hatte.“

      „Ich auch. Tochter der Liebe und Vergebung. Ein so schöner Name. Aber er klang gar nicht nach dir, und das machte mich schon wieder schwankend in meiner Meinung, dass du ein Drache bist. Doch dann dachte ich, dass dein Name vielleicht mehr über den sagt, der ihn dir gab, also deine Mutter, als über den, der ihn trägt.“

      Ich weiß so wenig über meine Mutter, weil ich nicht mit ihr reden konnte - damals. Sie lief ständig in Menschengestalt herum, und ich war lieber Drache als Mensch.“

      „Ich dachte Drachen ziehen ihre eigene Form allen anderen vor. Gab es dafür einen Grund, dass sie lieber als Mensch lebte?“

      „Sicher. Ihr Mann lebte bei ihr.“

      „Ihr Mann? Meinst du, dass sie mit einem Menschen zusammengelebt hat? Er muss dann dein Vater gewesen sein.“

      „Er war unser beider Vater. Meiner und der meiner Schwester. Sie hat den Hort verlassen, sobald sie dazu in der Lage war. Nichts hielt sie zurück. Ich wollte ursprünglich bleiben, aber meine Mutter und ich, wir begannen zu streiten, bis auch ich sie irgendwann verließ. Ich glaube, sie wollte es so. Aber die Zeiten haben sich geändert. Nichts ist mehr, wie es war.“

      „Du

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