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der SpuSi.“

      „Wenn’s denn sein muss“, seufzte Oma Pusch. „Wir hatten eh keine Brötchen mehr. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was hier heute los war.“

      Doch“, sagte Enno, denn das konnte er sehr wohl, weil er es sich nicht hatte nehmen lassen, auf dem Rückweg vom Strand bei seiner Lotti vorbeizuschlendern. Gerne hätte er auch angehalten, aber als er die lange Warteschlange entdeckt hatte, war er abgeschwenkt und sofort zu seinem Wagen gegangen. Zumindest hatte er sie von Ferne am Tresen gesehen. Und er ahnte, dass er in den nächsten Tagen zu beschäftigt sein würde, um ihr nahezukommen. Darum verabschiedete er sich etwas wehmütig von ihr.

      „Hast du jetzt Zeit, Chef?“, fragte Fokke mit einem Augenzwinkern.

      „War beruflich“, versuchte Enno allen Spekulationen vorzubeugen.

      „Da bin ich mir ganz sicher“, erwiderte Fokke. „Und ich hab jetzt auch was Berufliches. Stell dir vor, was mir beim genaueren Hinsehen noch aufgefallen ist. Du warst ja beschäftigt, da habe ich eigentlich nur mal nachschauen wollen, auf welche Weise die Augäpfel denn entfernt worden sind, und siehe da, ich entdeckte etwas, das ich vorher für vertrocknetes Fleisch gehalten hatte. Ist es aber nicht.“

      „Ich verstehe nur Bahnhof“, gab Enno zu.

      „Dann will ich nicht um den heißen Brei herumreden. Siehst du das hier?“ Er hielt Enno etwas Rötliches vor die Nase. „Riech mal dran!“

      Enno schnupperte. „Kommt mir bekannt vor, aber es fällt mir nicht ein.“

      „Tomaten“, sagte Fokke, „und zwar getrocknete.“

      „Sehr merkwürdig. Damit kann ich überhaupt nichts anfangen“, antwortete Enno. „Wer steckt denn so was da rein?“

      „Keine Ahnung“, kam es von Fokke, „aber ich werde mir jetzt auch noch die anderen Körperöffnungen der Büste genau ansehen. Wer weiß, was wir da noch finden.“

      „Ich rechne mit allem“, seufzte Enno, und da sollte er recht behalten.

      Heiße Gespräche im Kiosk

      Unbarmherzig schien die Sonne auf den kleinen Kiosk am Hafen. Da Hinnerk selbst bei Bäcker Johann Hinrichs keine Brötchen mehr bekommen hatte, war der Weiterverkauf von Spezialitäten mit Rollmops unmöglich geworden. Doch nicht nur dieser Umstand hatte dazu geführt, dass die kleine Bude mittlerweile von Oma Pusch verrammelt worden war. Man wollte auch keine Gaffer. Lieber saß man in einer Sauna und fachsimpelte im Geheimen. Auch Rita war inzwischen wieder mit von der Partie. Der hässliche Finger hatte bei ihr zu Magenbeschwerden geführt, die Oma

      Pusch mit entflammtem Friesengeist kurierte. Jeder wusste schließlich, dass Pfefferminze bei so etwas gut war. Na ja, und der Alkohol schadete dabei nicht. Er brannte die Magenwände blitzrein. Hinnerk und Oma Pusch hatten sich solidarisch erklärt und sich selbst vorsichtshalber ebenfalls desinfiziert. Wer konnte schon wissen, ob Leichengift übersprang?

      „Herrje“, rief Rita plötzlich. „Was machst du denn jetzt mit dem Kühlschrank? Hicks. Willst du den auch mit Friesengeist ausspülen?“

      Oma Pusch schüttelte den Kopf. Rita vertrug wirklich überhaupt nichts. „Den alten Mistbock schmeiße ich weg. Der war mir sowieso zu laut. Außerdem hab ich den schon, seit …“ Sie überlegte. „Ja, den hab ich tatsächlich schon gehabt, als Fridtjof, Gott hab ihn selig, noch lebte. Er kann also weg, zumal er kühlte, wie es ihm passte, egal, was du eingestellt hast.“

      „Können wir denn das Ding dann da nicht wieder reinlegen?“, bat Rita. Sie wollte den Anblick nicht länger ertragen. Ihr kam dieser Körperteil wie ein mahnender Zeigefinger vor. „Ich meine, wenn du den Kühlschrank eh entsorgen willst.“

      „Wo denkst du hin?“, schimpfte Oma Pusch. „Dieser Teil einer weiblichen Hand muss von allen Seiten abgelichtet werden. Vielleicht erkennt den jemand schon allein aufgrund des überlangen Nagels.“

      „Du, sach mal“, schaltete sich Hinnerk ein, „was ist denn das überhaupt für ein Finger? Eher so ein Mittelfinger? Für den kleinen ist er zu groß, finde ich.“

      „Was macht das denn für einen Unterschied?“, stöhnte Rita immer noch leicht beduselt.

      „Oha, das könnte einen beträchtlichen ausmachen“, wandte Oma Pusch ein, „je nachdem, warum man ihn abgeschnitten hat.“

      „Also bei diese Mafiafilme nehmen sie meist erst den lütten Finger zuerst, quasi so als Anfang oder Vorgeschmack auf mehr, weil man auf den am besten verzichten kann, aber Eindruck macht das allemal“, wusste Hinnerk.

      „Und wenn’s was zu bedeuten haben, also was ausdrücken sollte, dann könnte man eher den Zeige- oder den Mittelfinger brauchen“, überlegte Oma Pusch und knipste mit ihrem Smartphone drauflos. „Kannst du den mal drehen, Hinnerk?“

      Angewidert nahm der alte Fischer ein Stück Küchenrolle, faltete es und legte den Finger in die gewünschten Positionen. „Fühlt sich kalt an“, sagte er, „und komisch. Ganz schön wulstig überhaupt.“

      „War ja auch im Kühlschrank, Mensch“, erwiderte Oma Pusch. „Aber er hat recht. Das ist kein zierliches Fingerchen. Denkt ihr, dass dieses Prachtstück zu dem üppigen Schädel gehört?“

      „Wäre wohl ein Wunder, wenn nicht“, antwortete Rita. „Sonst müssten wir davon ausgehen, dass mehrere Leichen in Teilen irgendwo herumliegen. Stell dir mal vor, wie das die Menschen erschrecken könnte, wenn sie hier an der Küste Urlaub machen. Gar nicht auszudenken.“

      „Sollen sie eben nicht so viel rumbuddeln“, sagte Oma Pusch mit einem Augenzwinkern. „Immerhin wissen wir eins, falls Finger und Büste zusammengehören: Es muss sich um eine Frau handeln!“

      „Also, wenn ich alles geglaubt hätte“, entfuhr es Rita. Sie schlug sich vor den Kopf. „Ich war immer von einem Kerl ausgegangen.“

      „So kann man sich irren“, frohlockte Hinnerk. „Frauen können auch hässlich sein.“

      „Und männlich“, fügte Oma Pusch noch hinzu.

      „Puh“, sagte Hinnerk, „ich bin schon wieder ganz durch. Das ist aber auch eine Hitze hier drinnen.“

      Mit süffisantem Schmunzeln sah Oma Pusch ihn an. „Das ist doch genau das Richtige für den guten Bodo Siebenstein und seine Spurensicherungsmeute. Die sollen mal schön schwitzen. Ich habe nämlich langsam die Nase voll davon, dass die hier in meinen Sachen herumwühlen.“

      „Stimmt“, fiel Rita wieder ein, „die waren doch im letzten Jahr erst wegen der vergif…“, sie verschluckte den Rest des Satzes lieber.

      „Erinnere mich bloß nicht daran“, stöhnte Oma

      Pusch.

      „Mich braucht ja wohl niemand mehr, oder?“, fragte Hinnerk eher rhetorisch. „Es wär aber schön, wenn ihr mich mit ins Boot nehmt, wenn es was Spektakuläres gibt oder wenn ihr einfach wieder mal meine Hilfe braucht.“

      „Das ist ja wohl selbstverständlich“, sagte Oma

      Pusch. „Schließlich verdanken wir den Fall doch überhaupt erst dir.“

      Hinnerk strahlte. „Ja, genau. Dann werde ich jetzt duschen gehen, mir was Manierliches anziehen und nach Lina gucken. Wobei die ganz froh sein wird, ein bisschen Ruhe im Krankenhaus zu haben, schätze ich, bei diese neuen Nachbarn. Stimmt’s, Rita?“

      „Zum Glück kriege ich davon nicht so viel mit, aber wer direkt daneben wohnt, der kann schon die Krise kriegen. Da gebe ich dir recht“, antwortete sie.

      Nun war Oma Pusch hellhörig geworden. „Wieso weiß ich davon nichts?“

      Rita machte ein betretenes Gesicht. „Du hattest immer so viel zu tun. Wir kamen beim Schmieren kaum zum Quatschen, weil immer wer am Tresen stand. Außerdem stecke ich mir meist was in die Ohren, wenn es zu unerträglich wird.“

      „Wolltest du deswegen

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