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      »Ob sie es glauben oder nicht. Ich mich selbst auch«, keuchte Wendy. »Ich hätte nie gedacht, dass Tanzen so viel Spaß machen kann.« Nach einem Blick auf die Uhr streckte sie die Arme nach Daniel Norden aus. »Kommen Sie, kommen Sie! Für eine Runde ist noch Zeit.«

      »Gut. Aber dann muss ich wirklich los.« Daniel nahm Tanzhaltung ein und wirbelte Wendy durch den Flur der Praxis.

      Ein Geräusch brachte ihn aus dem Takt. Er stolperte über seine eigenen Füße und fiel auf den Stuhl neben der Garderobe. Wendy landete auf seinem Schoß.

      Mit dem Arztkoffer in der Hand stand Danny in der Tür und betrachte die Szenerie.

      »Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch«, bemerkte er trocken und sah sich nach Janine um, die neben ihn getreten war.

      »Sieh mal einer an!«

      »Das ist jetzt nicht so, wie ihr denkt!«, beeilte sich Wendy zu versichern und kämpfte sich aus Daniel Nordens Schoß hoch.

      »Ich kann euch versichern, dass ich DAS ganz sicher nicht denke«, platzte Danny heraus.

      Sein Vater erhob sich aus dem Stuhl. Er fuhr sich durch das Haar und strich das Hemd glatt. Mit einem formvollendeten Handkuss verabschiedete er sich von Wendy.

      »Wir sehen uns heute Abend«, raunte er ihr zu.

      »Ich kann es kaum erwarten.« Wendy winkte und sah ihm nach, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Als wäre nichts geschehen, kehrte sie an ihren Arbeitsplatz zurück.

      »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Sie meinem Vater ganz schön den Kopf verdreht haben.« Danny stellte die Arzttasche an ihren Platz neben der Garderobe und hängte seine Jacke auf.

      »Du solltest mich nicht unterschätzen! Ich habe Qualitäten, von denen wagst du noch nicht einmal zu träumen«, erwiderte Wendy und zwinkerte Janine zu. Ihre schlechte Laune hatte sich in Luft aufgelöst. Doch die Miene ihrer Freundin gab Anlass zur Sorge. Ein schrecklicher Gedanke kam ihr in den Sinn. War es möglich, dass Arndt Stein Janine überzeugt hatte? Das Lächeln auf Wendys Gesicht verblasste. Mit Argusaugen verfolgte sie jede von Janines Bewegungen.

      »Was ist los? Sag bloß, du hast dich gegen uns entschieden?«

      Wie ertappt zuckte Janine zusammen.

      »Wie bitte? Was? Wovon sprichst du?«

      »Tu doch nicht so unschuldig. Du weißt genau, was ich meine. Wechselst du in Arndts Praxis?«

      Danny Norden war schon auf dem Weg in sein Sprechzimmer gewesen.

      »Augenblick!« Er kehrte an den Tresen zurück. »Gibt es da etwas, was ich wissen sollte?«

      »Nein.« Janine machte einen Schmollmund.

      »Ja«, antwortete Wendy gleichzeitig. »Der Kollege Stein hat Janine ein Angebot gemacht. Er möchte, dass sie bei ihm als Assistentin anfängt.«

      Danny Norden runzelte die Stirn.

      »Stimmt das?«, wandte er sich an Janine.

      Die wäre am liebsten mitsamt ihrem Stuhl im Erdboden verschwunden.

      »Er hat mir angeboten, die Ausbildung zur Heilpraktikerin zu machen und als seine Partnerin in seiner Praxis zu arbeiten.« Sie wagte es nicht, zu ihrer Freundin hinüberzusehen. Es genügte ihr, Wendys Schnappatmung zu hören.

      »Und was haben Sie gesagt?«, fragte Danny. Er klang erstaunlich gefasst.

      »Dass ich Zeit brauche, um darüber nachzudenken«, antwortete sie entwaffnend ehrlich. In ihre Worte hinein klingelte das Telefon.

      Wendy nahm das Gespräch an. Es dauerte nur kurz.

      »Das war Dr. Stein.« Ihre Stimme ließ Janine aufhorchen. »Malte ist kollabiert. Er ist auf dem Weg in die Behnisch-Klinik.«

      *

      »Na, Prinzessin Rosarot. So schwer verliebt?« Die Frage ihrer Freundin weckte Antonie aus ihren Gedanken.

      »Wie kommst du denn darauf?« Antonie sah sich um. An den Nachbartischen saßen Leute, die vorhin noch nicht da gewesen waren.

      »Weil du nicht an dein Telefon gehst und auch auf Rufen und Winken nicht reagierst. Ich habe dich die ganze Zeit gesucht.« Nele ließ sich auf den Stuhl gegenüber fallen und sah Antonie forschend an. »Was ist los? Ist dein Hamster gestorben?«

      Antonie schnitt eine Grimasse und kramte in ihrer Tasche nach dem Mobiltelefon.

      »Nur zu deiner Information: Ich habe keinen Hamster.« Sie warf einen Blick auf das Handy. »Mist. Der Akku ist leer.«

      »Dann kann ich ja lange versuchen, dich zu erreichen.« Nele bestellte einen Milchshake und machte es sich gemütlich.

      »Also? Ich höre.«

      Antonie ließ das Handy wieder in der Tasche verschwinden.

      »Wir können heute Abend doch zusammen in das Konzert gehen.«

      »Big trouble in paradise?«, scherzte Nele. »Ärger im Paradies? Wie konnte das geschehen?«

      »Das ist nicht witzig«, fauchte Antonie. »Malte hat mir erzählt, dass er vielleicht diese Krankheit von seiner Mutter geerbt hat.«

      »Echt? Ist das schlimm?«

      »Nicht lebensgefährlich, aber auch nicht heilbar. Seine Mutter ist deshalb depressiv geworden und hat die Familie verlassen.« Antonie starrte auf den Milchshake. »Ich mache mir solche Vorwürfe. Die ganze Zeit ging es ihm schlecht. Und ich habe nichts davon bemerkt.«

      »Vielleicht ist er einfach nur ein guter Schauspieler, und du hattest keine Chance, etwas zu bemerken«, gab Nele zu bedenken.

      »Möglich. Wenn noch nicht einmal sein Vater etwas davon mitbekommen hat …«

      »Sein Dad weiß nichts davon?«

      Antonie schüttelte den Kopf.

      »Malte denkt, er müsste ihn schonen. Deshalb haben wir uns auch gestritten.«

      Nele verdrehte die Augen gen Himmel.

      »Meine Güte. Als hättet ihr beide nicht schon Probleme genug.«

      »Mach du mir nicht auch noch Vorwürfe!«, beschwerte sich Antonie. »Sag mir lieber, was ich jetzt tun soll.«

      Mit Inbrunst saugte Nele an ihrem Halm.

      »Ganz einfach«, erwiderte sie nach einer gefühlten Ewigkeit. »Ruf ihn an und sag ihm, dass du nicht streiten, sondern für ihn da sein willst.«

      »Mein Akku ist leer. Schon vergessen?«

      »Dann nimmst du eben mein Telefon. Seine Nummer hast du ja sicher im Kopf.« Nele sprach aus Erfahrung. Die Sache mit Lars war noch nicht lange her.

      Zum ersten Mal, seit Malte aus dem Café gehumpelt war, konnte Antonie wieder lächeln.

      »Du bist eine echte Freundin.«

      Nele zwinkerte ihr zu.

      »Ich habe dir doch versprochen, dass Malte daran nichts ändern wird.«

      *

      Der neue Überwachungsmonitor piepte gleichmäßig vor sich hin. Verglichen mit anderen Geräuschen auf der Intensivstation war das ein relativ beruhigender Ton, wie Dr. Felicitas Norden jedes Mal wieder aufs Neue befand.

      »Ihr Sohn hat einen allergischen Schock erlitten.« Sie stand am Intensivbett ihres Patienten und klärte Dr. Stein auf. »Wir mussten intubieren. Aber jetzt ist Maltes Zustand stabil.«

      Arndts Blick ruhte auf seinem schlafenden Sohn.

      »Ich verstehe das nicht. Er hatte nie irgendwelche Allergien.«

      »Ihnen als Kollege muss ich sicher nicht erzählen, dass Allergien ganz plötzlich auftreten können.«

      »Und

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