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und Ninive und forderte vor den Toren von Haleb und Damaskus die berühmtesten syrischen Führer zum Zweikampf.

      Ipomidon von Babylon wurde geschlagen und floh mit seinem Bruder und dem Rest seines Heeres nach Alexandria. Aber eines Tages erschien Gahmuret mit den Reiterscharen des Kalifen vor den Mauern.

      Ipomidon erkannte den glänzenden Ritter mit dem Anker im Wappen sogleich wieder; denn Gahmuret hatte ihn vor Ninive aus dem Sattel gestochen. Das konnte der stolze Fürst nicht vergessen. Wütend spornte er seinen Hengst dem verhassten Feind entgegen. Aber er vermochte auch diesmal Gahmurets furchtbaren Hieben nicht lange zu widerstehen: Er flog aus dem Sattel und die Sinne verließen ihn. Als er wieder zu sich kam, war es still um ihn; er lag mitten unter Toten und Verwundeten und sein Pferd war fort, dieser kostbare Hengst, für den er seinen halben Reichtum geopfert hätte! Ja, den ritt wohl der verfluchte Franke, der ihn zweimal besiegt hatte. Während er sich mühsam aufraffte und fortschleppte, schwor er Gahmuret furchtbare Rache.

      Davon ahnte Gahmuret freilich nichts und es hätte ihn auch wenig gekümmert. Er tummelte sich im Kampf und Abenteuer wie ein Fisch im Wasser und nur zuweilen, wenn er nachts in seinem Zelte lag, kamen ihm sonderbare Gedanken: Er, ein christlicher Ritter, kämpfte für den Beherrscher der Ungläubigen! Aber er verjagte diese lästigen Gedanken stets schleunigst; denn er liebte dieses wilde Leben viel zu sehr, als dass er es aufgegeben hätte.

      Einer freilich machte sich darüber große Sorgen und das war der Kapellan. Er wäre gerne längst heimgekehrt; aber er musste bei seinem Herrn bleiben, der ihn eines Tages brauchen würde. So blieb ihm nur zu beten, dass Gahmuret in all dem heidnischen Getriebe nicht sein Seelenheil verspielte.

      Fast drei Jahre gingen herum. Da schien es dem jungen Fürsten, als würde es immer stiller um ihn, und eines Tages sagte sein Leibknappe Tampanis zögernd: »Herr, mich dünkt, wir haben sehr lange keinen Zweikampf mehr gehabt!«

      »Das dünkt mich auch!«, knurrte Gahmuret, »ich möchte wohl wissen, was in die Heiden gefahren ist, dass keiner mehr mit mir kämpfen will! Sogar in der Schlacht weichen sie mir aus, will mir scheinen!«

      Tampanis grinste. »Das glaube ich gerne! Sie haben eben zu viel Prügel von dir bekommen und jetzt haben sie es satt! Du bist ein Schrecken für das ganze Morgenland geworden!«

      Gahmuret starrte finster vor sich hin. Plötzlich sprang er auf und packte den Knappen an den Schultern. »Weiß Gott, Tampanis, wir sind überhaupt schon viel zu lange hier! Ich muss endlich wieder ehrliche Christenmenschen um mich sehen statt all der Heiden hier! Lass alles bereit machen: In drei Tagen reiten wir!«

      »Gottlob!«, sagte der Kapellan inbrünstig, als er es erfuhr. Sein Herr befand sich endlich wieder auf dem rechten Weg! Ja, so hoffte er. Aber an einer fernen Küste wartete schon wieder ein wunderliches Schicksal auf Herrn Gahmuret und es hatte das Gesicht einer schönen dunklen Frau.

      Der Kalif ließ den tapferen Frankenritter ungern ziehen. »Du hast dir in meinem Reiche Ruhm erworben wie kein Ritter aus dem Abendlande je vor dir«, sprach er beim Abschied. »Nun willst du also wieder gegen Westen fahren. Du magst es tun. Aber Männern wie dir ist es nicht bestimmt, daheim in Frieden zu leben. Du wirst immer wieder fortmüssen und es wird mich nicht wundern, wenn ich dich eines Tages wiedersehen sollte. Du weißt, dass du mir stets willkommen bist.«

      Drei Tage später bewegte sich ein langer prächtiger Zug von Reitern und Saumtieren auf der Straße gegen Westen nach der Küste zu.

      Gahmuret hatte immer schon Glanz und Prunk geliebt, kostbare Gewänder, Schmuck an Waffen, Helm und Harnisch und im Morgenland hatte er noch allerlei gelernt.

      Wer ihn jetzt sah, mit den vielen schwer beladenen Saumtieren, den herrlichen Beutepferden und dem reich ausgestatteten Gefolge, das unterdessen auf das Dreifache angewachsen war, dem mochten wohl die Augen übergehen vor so viel Pracht und Reichtum.

      »Ich bin nur neugierig, wann die ersten Wüstenräuber über uns kommen werden!«, sagte Tampanis, während sie langsam durch den heißen Sand zogen.

      Sie brauchten nicht lange zu warten.

      Aber es wurde ein recht wunderlicher Überfall.

      Irgendwo, mitten in der syrischen Wüste, brach ein Schwarm beutelüstern zwischen den Hügeln hervor und jagte mit gellendem Geschrei auf die Karawane zu.

      Aber plötzlich riss der Anführer sein Pferd zurück, dass es sich auf die Hinterhufe setzte: Er hatte Gahmurets Wappen erkannt.

      »Der Franke!«, schrie er. »Fort, sonst sind wir alle des Todes!« Und im Handumdrehen war von der ganzen Horde nichts mehr zu sehen als ein paar wehende Rossschweife.

      Die Knechte lachten, aber Gahmurets Gesicht war finster. »Es ist wahrhaftig Zeit, diesem Lande den Rücken zu kehren!«, knurrte er. »Selbst die Räuber wollen nicht mehr mit mir kämpfen! Ich wollte, wir wären schon im Hafen und unser alter Schiffer wartete auf uns!«

      Manchmal, aber nicht oft, gehen Wünsche auf dieser Welt schneller in Erfüllung, als man gedacht hat.

      Als sie in den kleinen syrischen Hafen kamen, den nur wenige Schiffe anliefen, lag da eine große Kogge vor Anker und am Mast hockte der Schiffer und schlief.

      »Gott steh uns bei!«, murmelte Tampanis, als er das schlaue verwitterte Gesicht erkannte. »Der alte Spitzbube kann doch nicht drei Jahre auf uns gewartet haben!«

      Der Schiffer grinste, als Gahmuret ihn danach fragte. »Ich war gerade von Sibilje zurückgekehrt und handelte mit den Waffenschmieden in Damaskus, da kam einer von diesen schwarzbärtigen Wüstenräubern, um ein Schwert zu kaufen. Er erzählte, dass er dir in der Wüste begegnet sei. Da konnte ich mir ausrechnen, wann du hier sein und mein Schiff brauchen würdest. Du siehst, es war ganz einfach, und auf einen so vornehmen Herrn wartet man gerne!«

      Sie segelten zehn Tage westwärts und das Meer war glatt wie Öl und der Himmel wie blaue Seide. Aber am elften Tag schien es, als wollte der Morgen nicht kommen. Dunkel und schwer wie Blei hing der Himmel über dem Wasser, das sich plötzlich in ein unruhiges Gewimmel von kleinen Wellen verwandelt hatte, die mit weißen Kämmen um das Schiff liefen und hüpften. Kein Windhauch fuhr in die Segel, die schlaff am Mast herabhingen, und kein Laut war zu hören außer dem gleichmäßigen Geräusch der Ruder drunten.

      Irgendetwas hatte Gahmuret aus dem Schlaf geschreckt. Er stieg auf das Deck und trat neben den Schiffer, der in einer sonderbar gespannten Haltung am Steuer stand.

      Als Gahmuret in das zerfurchte Gesicht blickte, überkam ihn jäh das Gefühl einer Gefahr.

      »Was befürchtest du?«, fragte er. Der Schiffer sah ihn nicht an.

      »Der Tanz wird gleich losgehen!«, sagte er nur und es war keine Spur der gewohnten Unterwürfigkeit mehr an ihm.

      Er begann über die Schulter zurück, den Knechten, die an den Masten und an der Brüstung standen und warteten, kurze Befehle zu geben.

      Und dann war auf einmal ein sonderbarer singender Ton in der Luft, ein Brausen, nein, eher war es ein dumpfes Donnern, das aus der Höhe herabkam … In diesem Augenblick traf der erste Sturmstoß das Schiff!

      Es war, als renne es in voller Fahrt gegen eine unsichtbare Mauer und bäume sich daran empor. Irgendjemand taumelte auf dem plötzlich steil aufragenden Deck gegen Gahmuret und fiel über ihn. Er mühte sich verzweifelt, den schweren Körper von seinem Kopf abzuwälzen. »Geh fort, du erstickst mich ja!«, keuchte er.

      »Sogleich, Herr!«, stöhnte der andere und er erkannte Tampanis.

      »Ich glaube, mein Kopf ist entzwei und …« Die Stimme erstickte in einem gurgelnden Schrei: Eine riesige Woge, die senkrecht an der Schiffswand emporgestiegen war, brach über das Deck nieder und schwemmte Tampanis zur Seite.

      Später merkte Gahmuret, dass er dicht neben dem Steuer an der Brüstung lehnte, er sah den Schiffer mit dem ganzen Leib über dem Ruder hängen. Großer Gott, wie lange würde seine Kraft reichen – und wie lange würde das Steuerruder halten?

      Abermals heulte es über sie hinweg. Das große Segel blähte sich wie eine riesige

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