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      Wonnen der Wollust

      »Wie schön und lieblich bist du,

      Du Liebe in Wollüsten«

      Ein unverkrampfter Roman

      nach einem zensierten Typoskript von 1924,

      versehen mit vielen unzweideutigen Zeichnungen

      eISBN 978-3-95841-762-5

      © by Cupitora in der BEBUG mbH, Berlin

      I. Kapitel

      Warum muss ich denn Tag und Nacht an Edvard denken? Sucht mich denn seine Seele mit dem gleichen Verlangen? – Ach, ich habe ihn nie vergessen, für den ich in allen Wollüsten jubelnd geschwärmt und geglüht habe! Gibt es wohl einen Himmel der heiteren Liebeswonne, den wir beide nicht Hand in Hand mit selig beflügelten Füßen durchschritten haben, o Edvard? Gibt es wohl eine Hölle der heißen, perversen, extremen und exzentrischen Lüste, in die wir uns nicht mit Wonne gestürzt haben, o Edvard?!

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      Ich war jung, als ich Edvard liebte, und mein Herz brannte beständig in mir, wie eine lodernde Fackel. Mein Leib war liebeshungrig, und mein Schoß war wie ein Kelch und sehnte sich, bis an den Rand mit dem edlen Feuerwein des Genusses angefüllt zu werden. Ich war jung und geil, und Edvard war reif und geistreich.

      Unsere Wünsche klangen wie zwei Glocken zusammen: die meinen fiebernd, hell, gierig und voll Ungestüm, die seinen tief, gewaltsam, triumphierend und allmächtig … O, Edvard, die zwei Glocken unserer Sehnsucht gaben einen guten Klang!

      Wir haben uns nie gelangweilt, nie. Später habe ich die Langeweile doch kennengelernt, als ich nämlich verheiratet war. Es ist betrübend, es sagen zu müssen: der hübsche und amüsante Roman meiner blühenden Liebe schloss ganz hausbacken, regelrecht und romanmäßig, aber nicht romantisch mit – einer legitimen Heirat. Mit einem anderen, versteht sich, mit einem anderen! nicht mit meinem geliebten Edvard!

      Eine solche Geschmacklosigkeit, wie die Heirat, darf man weder mir, noch Edvard zutrauen. Geschmack be­saßen wir immer, und wir hätten es nie über uns gewonnen, unsere Liebe unter der breiten, bordeauxroten Steppdecke eines legalen Ehebettes langweilig dahin zu morden. Jeden anderen Mord hätten wir natürlich, je nachdem, mit kühler Grausamkeit oder mit überlegter und überlegener Wollust begangen. Aber den Mord an unserer Liebe? – Niemals! – –

      Unsere Liebe, meine und Edvards glühende Liebe, erlosch, als ich heiratete. Oder sie ging schlafen.

      Ich habe – – – meinen Gatten – – nie – – – betrogen. –

      Diesen schrecklichen und unnatürlichen Satz schreibe ich mit ruhigen Händen und zur Ruhe gebändigten Nerven nieder. Ich hasse alle Halbheiten. Ich habe den Becher der Lust bis zum letzten Tropfen ausgeleert. Aber dann kredenzte mir das Leben auf den süßen Wein einen schweren, herben. Das war der klare Kelch, in dem die Wollust der Entsagung funkelt, der Kelch, aus dem ich die hysterischen Wonnen der Keuschheit sog. –

      Aber nun, aber nun – –!

      O! diese Sehnsucht, die wieder, wie vor jenen vier Jahren, in meinem Schoße wühlt! Diese Sehnsucht, die wie Gift und Feuer mein Blut durchrast! O! – – diese – – – Sehnsucht – – –!

      O! alle meine schmerzhaften Begierden! Alle diese geilen Wünsche! Bei Tage umkreisen sie mich, umlauern und umschleichen sie mich, wie hungrige Wölfe, bereit, sich bei dem ersten Zeichen von Schwäche, das ich gebe, heulend auf mich zu stürzen.

      Des Nachts verwandelt sich dies Rudel knurrender Wölfe in eine Schar gefräßiger Geier. Ach! sie trachten nach meinem Leben, sie dürsten nach meinem Blut! Sie sitzen auf meinem zuckenden, schauernden Leibe – ich fühle ihre scharfen Krallen – und hacken nach mir mit den unbarmherzigen Schnäbeln. Sie fressen an mir, wie sie den Prometheus angefressen haben. Denn wie Prometheus bin ich ihnen wehrlos preisgegeben, und ich bin angeschmiedet an die Kissen meines ehelichen Bettes … Sie hacken, wie Raubvögel, mit ihren scharfen, mitleidlosen Schnäbeln nach meinem zitternden Schoße …

      Manchmal ändert sich die Marder. Manchmal erfasst mich jäh und scheinbar grundlos eine unerträgliche Sehnsucht nach einer bestimmten, geilen Situation. Seit einer Woche oder länger befinde ich mich in Gedanken fast beständig in einer prachtvoll wollüstigen, schmerzhaften Stellung. Ich muss oftmals am Tage die Augen schließen, so gewaltsam und lebhaft empfinde ich Folgendes:

      Mein Freund liegt nackt und lang ausgestreckt auf meinem breiten, niederen Bette. Keine Muskel seines schlanken, kräftigen Körpers regt sich, aber das entzückende Wahrzeichen seiner Männlichkeit ragt straff und schlank und steil zum Himmel. Der Atem vergeht mir vor Lust, kaum kann ich der Versuchung widerstehen, die rot und weiße Blüte mit durstigen Lippen zu umfangen … Aber ich verzichte auf das kleinere Vergnügen, um das größere zu genießen. Ich schiebe mich, auf dem Rücken liegend, langsam abwärts, bis mein Kopf etwa an seiner Hüfte ruht. Dann schwinge ich meine Beine geschickt über seinen Körper, dass ich schräg über meinen Freund zu liegen komme. Welche Wonne, welche Überraschung: so hart ist sein elfenbeinerner Turm, dass er die Last meines Körpers aufrecht trägt!! Solche Kraft muss gut aufgenommen werden; sie verdient es! Rasch und geschickt biege ich mich ein wenig, um dem schönen schlanken Gaste den Eintritt in meinen ­begehrlichen Leib zu erleichtern. Ich tue ihm nicht die weite, purpurne Pforte auf, die bequem und mit weichem Vergnügen den an­mutigen Gast empfängt, sondern die enge, kleine Pforte zwischen den beiden weißen Hügeln, die siebenmal stärkere Wollust zu geben und zu empfangen hat. Langsam lasse ich meinen Körper hernieder, langsam gleite ich herab auf das steile, weiße, starrende Schwert, das schmerzbringend mit prachtvoller Kraft eindringt, eindringt … Der süße, rasende Schmerz droht mich zu zerreißen, aber ich beiße die Vorderzähne fest in meine Unterlippe und drehe mich langsam, langsam – – um die Wonne ganz auszukosten – – auf dem lebendigen Pfahl, bis ich fühle, dass er ganz in mir steckt … ganz …

      – Ach, alle meine Schmerzen! ach, alle meine Wollust! Ach, ihr, all meine geliebten, feurigen Wollustschmerzen der Begierde! – Meine heißen, zitternden Knie zerren sich, während ich diese Zeilen schreibe, unwillkürlich auseinander und mein Schoß möchte sich schmachtend und gierig auftun, um zu genießen!

      Wo bist du, Edvard! – dass du mich überflutest mit deiner Lust?

      Wo weilest du, Edvard, dass deine harten, eisenfesten Schenkel meine Knie noch breiter, immer weiter üppig auseinanderdrängen, bis mein Leib in allen Gelenken kracht und alle meine Glieder sich gleichsam auflösen, um ganz zu zerfließen und dahinzuschmelzen in tödlicher Wollust?

      Ah! – – – –

      – – Aber in den geilen, nächtlichen Ekstasen meiner Sehnsucht höre ich plötzlich an meiner Seite das ruhige Atmen meines schlummernden Gatten. – –

      – – Edvard, wo bist du? Du musst mich wieder durchdringen und durchbohren. Du musst mir wieder deine Wonnen schenken. Wir müssen wieder, o, immer wieder! unter der geliebten Peitsche der Göttin Wollust stöhnen und bluten, verbluten und zu neuen Genüssen auferstehen!

      Wir müssen sie endlich wieder genießen, die Liebe in Wollüsten!

      – – Und wenn mein Gatte um unserer Wollust willen sterben müsste. – –

      Hörst du es, Edvard? – Sterben. – O, das Wort klingt dir und mir nicht fremd, noch grausig, sondern süß vertraut. Wir sind selbst nicht bange vor dem Sterben, aber unsere Hände sind auch nicht zu feige, den Tod zu geben. Wir haben es einmal gehört, das leise Röcheln der Agonie. O, es war uns Musik, es war uns Gesang!

      Fürchten wir unseren Tod? Nein, o nein! Das ist die feinste, höchste Wollust: das wir einmal sterben müssen. Dass wir zu Asche werden, wenn das heilige Feuer der Lust uns gänzlich aufgezehrt hat. Dass wir mit der »last rose of summer« zur kühlen Erde zurückkehren. Sterben ist für den wahrhaft Liebenden gleich dem Einschlafen auf blühenden Mohnfelde, wo die roten, weichen Blumenköpfe sich lässig schmeichelnd auf den Schläfer niederbeugen, während die silbernen Sterne leuchtend hoch darüber wachen. – – Meine Lippen flüstern es voll Zärtlichkeit, lieblich gleitet es mir aus der Feder:

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