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      Parker vergewisserte sich, daß seine Herrin sich zu einem kleinen Mittagsschlaf niedergelegt hatte, was eindrucksvoll durch sonore Schnarchtöne belegt wurde, die auf den Flur drangen.

      Der Butler begab sich in seine Privaträume im Souterrain des Hauses. Er stellte die Telefonanlage auf sein Appartement um und wählte eine ganz bestimmte Nummer, die er vorher dem Telefonbuch entnommen hatte.

      »Firma O’Hara, Im- und Export«, meldete sich eine kühle Frauenstimme mit der offiziellen Bezeichnung des von O’Hara zur Tarnung betriebenen Geschäfts, das, wie Parker wußte, außerordentlich gut florierte.

      »Parker mein Name, Josuah Parker«, stellte sich der Butler vor. »Bitte haben Sie die Freundlichkeit, eine Verbindung mit Mister O’Hara herzustellen.«

      »Das wird leider nicht möglich sein, Sir, er befindet sich in einer wichtigen Besprechung«, wurde am anderen Ende der Leitung bedauert. »Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen?«

      »Das Gespräch wäre für Mister O’Hara außerordentlich wichtig«, blieb Parker hartnäckig. »Sie können sich rückversichern und ihm ausrichten, es ginge um den Besuch eines gewissen Mister Hood und einige abhanden gekommene Räder.«

      »Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht ganz, Sir.«

      »Mister O’Hara wird es um so besser verstehen. Wenn Sie also die Güte hätten?«

      »Na schön, wenn Sie meinen.« Es klickte in der Leitung, und für einen Moment war nur das Rauschen atmosphärischer Störungen zu vernehmen, dann klickte es erneut, und eine barsche Männerstimme meldete sich.

      »Wer sind Sie, Mann, und was wollen Sie?«

      »Man erlaubt sich, Ihnen die Grüße eines gewissen Mister Robin Hood auszurichten, Sir«, antwortete Parker gemessen. »Mister Hood bedauert es außerordentlich, falls er Ihnen durch seine nächtliche Aktionen Ärger bereitet haben sollte. Übrigens bittet er Sie in aller Form um Entschuldigung für den kleinen Scherz mit den Rädern. Wie ihm zu Ohren kam, fand diese Idee keinesfalls den Beifall Ihrer Gäste.«

      Einen Augenblick herrschte am anderen Ende beklommenes Schweigen, nur das heftige Atmen des Gangsters war zu hören.

      »Wer sind Sie, sagten Sie?« keuchte er schließlich.

      »Josuah Parker, mein bescheidener Name, Sir. Man hat die Ehre und den Vorzug, Lady Agatha Simpson als Butler dienen zu dürfen.«

      »Und was haben Sie oder Ihre Lady mit diesem ... äh ... Robin Hood zu tun?«

      »Meine Wenigkeit lernte ihn kennen und erfuhr zufälligerweise von den Geschehnissen der letzten Nacht. Wie gesagt, Mister Hood würde es sehr bedauern, wenn Sie ihm deshalb allzu gram sind.«

      »Lady Agatha? Butler Parker?« schrie der Gangsterboß plötzlich. »Jetzt fällt bei mir der Groschen, Mann! Das werden Sie mir büßen, das schwöre ich Ihnen, mit einem Pat O’Hara kann man das nicht machen!«

      »Sind Sie sicher, Sir, mit dieser Drohung an der richtigen Adresse zu sein?« erkundigte sich der Butler höflich, um O’Hara noch weiter zu reizen.

      »Und ob, Parker, und ob! Jetzt weiß ich auch, wer dieser verdammte Robin Hood war, der kam mir doch gleich so komisch vor! Richten Sie Ihrer Lady aus, daß ich sie dafür büßen lasse, und Sie auch. Das werden Sie nicht überleben mein Wort darauf!«

      »Übernehmen Sie sich nicht etwas, Sir?« erwiderte Parker ruhig. »Man hörte übrigens, daß Sie in der Gunst Ihrer Chefs beträchtlich gesunken sind, seit man feststellen mußte, daß Sie nicht mal in der Lage sind, Ihre Gäste vor derart unangenehmen Überraschungen zu bewahren.«

      »Sie, Sie!« O’Hara brachte vor Wut kein Wort mehr heraus, er schäumte förmlich am Telefon.

      »In Kreisen der Unterwelt dürfte sich bereits eine gewisse Heiterkeit über dieses kleine nächtliche Intermezzo gezeigt haben«, fuhr Parker fort. »Man meint, daß dies nicht gerade für Sie spricht, und diskutiert mehr oder weniger offen über Ihre Qualifikation als Unterführer der kriminellen Szene, Sir. Man meint, daß Sie keinesfalls mehr in der Lage sind, eine führende Position einzunehmen.«

      Pat O’Hara zog es vor, nicht mehr zu antworten. Ein Klicken in der Leitung zeigte an, daß er aufgelegt hatte. Auch Parker legte auf und wandte sich zum Schaltpult der Alarm- und Überwachungsanlage, um sie zu kontrollieren. Er war mit dem Verlauf des Gesprächs sehr zufrieden und rechnete fest damit, in Kürze wieder mit O’Hara und seinen Kreaturen zusammenzutreffen.

      *

      »Ich habe bis jetzt konzentriert gearbeitet und legte nur eine schöpferische Pause ein«, behauptete Lady Agatha, als sie kurz nach Mitternacht aus ihrem Studio trat und zielstrebig das kleine Buffet ansteuerte, das Parker in weiser Voraussicht vorbereitet und in einer Ecke der großen Wohnhafte aufgebaut hatte.

      »Mylady kommen mit Ihrem neuen Stoff gut voran?« erkundigte sich der Butler höflich, während er ihr einen etwas verspäteten Mitternachts-Cocktail reichte.

      »Durchaus, Mister Parker.« Die Hausherrin nickte gewichtig und ließ ihren Blick prüfend über das sehenswerte Angebot wandern, bevor sie sich seufzend für etwas Toast mit norwegischem Lachs entschied.

      »Ich arbeite gerade diese Robin Hood-Geschichte für das Fernsehen aus«, erklärte sie, nachdem sie gekostet hatte. »Es wird eine moderne, völlig neuartige Fassung, die künstlerisch neue Maßstäbe setzen wird. Ich denke, mit dieser Arbeit werde ich den Durchbruch schaffen. Möglicherweise werde ich den Stoff selbst produzieren; ich wittere da ein ganz großes Geschäft.«

      »Mylady haben die Geschichte bereits komplett und in der endgültigen Fassung schriftlich niedergelegt?« vergewisserte sich der Butler, während er seiner Herrin einen neuen Cocktail reichte, um ihren Kreislauf zu stärken.

      »Papperlapapp, Mister Parker, nicht direkt, aber die Story kann jetzt eigentlich ins reine geschrieben werden«, gab die Lady nachdenklich zurück. »Ich denke, ich werde Kathy meine Notizen überlassen und sie damit beauftragen, dann kann ich mich schon dem nächsten Thema zuwenden. Ich habe jetzt eine sehr kreative Phase, Mister Parker, und die muß ich unbedingt nutzen. Sie wissen, Künstler sind sensibel und gewissen Stimmungen unterworfen, wenn ich andererseits auch über viel Energie und Zielstrebigkeit verfüge.«

      »Mylady werden stets und ständig zu bewundern sein«, lobte Parker ungeniert, ohne daß sich ein Muskel in seinem glatten, unbewegten Gesicht verzog. »Wenn Mylady meine bescheidene Wenigkeit für einen Augenblick entschuldigen würden?«

      Parkers innere Alarmanlage hatte sich gemeldet und ihm mitgeteilt, daß etwas im Gang war. Er begab sich gemessen zum Kontrollpunkt der Überwachungsanlage und schaltete den Monitor ein, der sich augenblicklich erhellte und trotz der späten Stunde erstaunlich scharfe Bilder lieferte, was mit den ausgezeichneten Infrarotkameras zusammenhing, an die er angeschlossen war.

      »Ist etwas, Mister Parker?« erkundigte sich die Detektivin hoffnungsvoll, während sie neben ihn trat. »Ich denke, etwas Abwechslung vor dem Schlafengehen könnte nicht schaden.«

      »Damit könnte Mylady durchaus gedient werden«, stellte Parker fest und blickte auf den Monitor, auf dem sich deutlich vier Gestalten abzeichneten, die an der Rückseite des altehrwürdigen Fachwerkhauses sich bemühten, auf nicht ganz regulärem Weg Einlaß zu finden. Sie hebelten mit einer Brechstange an einem Kellerfenster herum, um dort einzusteigen.

      »Sehr schön, Mister Parker, ich begann schon, mich zu langweilen«, freute sich die Hausherrin und beobachtete animiert die vermummten Gestalten auf dem Bildschirm. »Ich hoffe, Sie lassen sich etwas zum Empfang dieser Subjekte einfallen.«

      »Mylady werden zufrieden sein«, gab Parker höflich zurück, während er einen Hebel auf dem reichhaltig ausgestatteten Schaltpult umlegte. Daraufhin gab das Kellerfenster seinen Widerstand auf und kapitulierte vor der Brechstange, die normalerweise nicht die geringste Chance gehabt hätte, das Fenster zu öffnen.

      *

      »Na also, klappt doch alles wie geschmiert«, flüsterte der Anführer

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