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würde mit Sicherheit einen Grund zum Meckern finden.

      Eins der Eier kullerte ihm entgegen. Es wirkte abgekohlt und etwas verschrumpelt.

      „Mann“, sagte Philip, „sieh zu, daß du alles herausholst.“

      Ehe Hasard reagierte, schnappte sich Old Donegal das Ei. Es war heißer, als er erwartet hatte. Unwillig grunzend, ließ er es von einer Hand in die andere fallen.

      „Zuviel Glut“, sagte er tadelnd. „Das kann nichts werden.“

      Hasard schwieg. Erst recht, weil er Philips schadenfrohes Grinsen bemerkte. Und irgendwie bereitete ihm der Anblick der Schildkröteneier Magengrimmen.

      Genußvoll begann Old Donegal, das Ei aufzubrechen. Es fiel ihm überraschend leicht. Dann schob er sich das mickrige Ding, das im Grunde nur eine karge Vorspeise war, in den Mund – und spie, nachdem er kräftig zugebissen hatte, in hohem Bogen aus.

      „Pfui Teufel!“ rief er und spuckte, bis es ihm an Speichel mangelte. Selbst dann schüttelte er sich noch. „Kerl, was hast du nur angestellt? Wie kann man eine Delikatesse so zurichten?“

      „Findest du nicht den rechten Geschmack, Granddad? Mag sein, daß die Eier angebrütet waren. Sie liegen wahrscheinlich schon seit Wochen im Sand.“

      „Dann hättest du sie aufschlagen müssen.“

      „Gern. Aber verrate mir, wo ich eine Pfanne finde.“

      „Ein flacher Stein erfüllt den gleichen Zweck.“

      Hasard schlug eins der Eier auf und roch daran. Es stank penetrant faulig. Auch die beiden nächsten bildeten keine Ausnahme.

      „Ein guter Koch hätte das vorher gemerkt“, zeterte Old Donegal. „Nicht erst, wenn das Essen schon auf dem Tisch steht.“

      „Pech gehabt“, sagte Hasard, hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „In dem Fall war aber nicht der Koch schuld, sondern derjenige, der die Eier aufgesammelt hat.“

      „Papperlapapp!“ Old Donegal Daniel O’Flynn vollführte eine herrische Handbewegung. „Das Küken will also wieder mal klüger sein als die Henne. Dann verrate mir gefälligst, was du uns zur Feier des Tages vorsetzen willst.“

      „Wir haben nichts zu feiern, Sir.“

      Old Donegal überhörte den Einwand geflissentlich. Erst legte er die Stirn in Falten, dann begann er, nachdenklich auf seiner Unterlippe zu kauen. Schließlich fuhr er mit beiden Händen durch sein weißes Haar, das während der vergangenen Wochen eine beachtliche Länge erreicht hatte. Wirr fielen die einzelnen Strähnen auseinander.

      Auch die Bartstoppeln wucherten in der feuchten Schwüle üppiger als sonst. Jedenfalls hatte es den Anschein. Nur wirkte Old Donegals Manneszierde ganz und gar nicht imposant. Rund um das Kinn schienen Motten den Haarfilz angefressen zu haben. Aber das waren die Folgen eines mißglückten Versuchs, mit Messerschneide und Muschelschalen die Borsten abzuschaben.

      Unvermittelt hellte sich das Gesicht des alten Zausels auf.

      „Ich habe Appetit auf Käse“, verkündete er laut. „Und den werdet ihr mir besorgen.“

      „Na klar“, sagte Philip gereizt, ohne zu begreifen, was der Alte wirklich meinte. „Wir schwimmen mal kurz rüber nach Afrika oder entern ein Handelsschiff, das zufällig vorbeisegelt. Darf’s vielleicht noch was anderes sein als Käse – ein kühles Bier oder Wein? Bitte sehr, Euer Gnaden, Ihr Wunsch ist uns Befehl.“

      „Das hoffe ich“, sagte Old Donegal ernst und ohne eine Miene zu verziehen. „Ich habe es gar nicht anders erwartet. Also los, fangt endlich die Ziegen ein, die zwischen den Felsen leben!“

       2.

      Sie wußten nicht, ob es sich bei den beiden mageren Ziegen, die sie tagtäglich in einiger Entfernung sahen, jeweils um dieselben Tiere handelte, oder ob womöglich eine ganze Herde die Insel bevölkerte. Gegen diese Annahme sprach allerdings, daß die Ziegen nicht gut im Futter standen.

      Vielleicht waren sie von Seeleuten auf dem Eiland ausgesetzt worden, damit sie sich vermehrten und den Mannschaften künftig hier ankernder Schiffe als Proviant dienten. Dann hätten die Unbekannten aber auch für besseres und vor allem für mehr Futter sorgen sollen.

      Die paar Maispflanzen, die am Fuß eines Hanges wuchsen, die Farne und das andere Gestrüpp reichten kaum aus, um eine Herde von Ziegen zu ernähren. Außerdem standen von dem Mais inzwischen fast nur noch Stengel. Über dem Feuer geröstet und in Seewasser getunkt, hatten die gelben Körner die Mahlzeiten der vergangenen Tage abwechslungsreicher gestaltet.

      „Ziegenkäse“, schnaubte Hasard, während Philip und er in die Felsen aufstiegen. „Was hat Granddad eigentlich vor? Will er Ackerbau und Viehzucht betreiben?“

      „Das ist kein schlechter Gedanke“, sagte Philip. „Der vulkanische Boden speichert die Wärme, so daß wir mühelos zwei oder gar drei Ernten im Jahr erzielen …“ Er unterbrach sich jäh und sah zu, daß er Distanz gewann, denn sein Bruder schien von dem Vorschlag ganz und gar nicht begeistert zu sein.

      „Du hast sie wohl nicht mehr alle!“ rief Hasard. „Ich bete, daß bald ein Schiff aufkreuzt, und du …“

      „Die Ziegen! Dort oben!“

      Da waren die beiden mageren Tiere wieder. Keine hundert Yard entfernt, grasten sie friedlich zwischen Sträuchern und Geröll. Noch hatten die offensichtlich scheuen Ziegen die beiden Menschen nicht bemerkt, aber sobald das der Fall war, würden sie, wie bisher, im unübersichtlichen Gelände verschwinden.

      „Der Wind steht günstig“, sagte Philip. „Wenn wir Glück haben, erreichen wir die Biester, bevor sie uns wittern.“

      „Wir sollten uns während der nächsten zehn Tage nicht waschen“, sagte Hasard.

      „Wieso?“

      „Weil wir dann wieder wie die Ziegenböcke stinken. Oder hast du einen besseren Vorschlag?“

      Philip hob das kurze Tauende, das ihn beinahe einen halben Tag lang beschäftigt hatte. Er hatte die Kardeele aufgedreht und in ihre Enden halb faustgroße, glattgeschliffene Steine eingespleißt. Bis das Gebilde so geworden war, wie es jetzt aussah, hatte er sich etliche spöttische Bemerkungen anhören müssen. Hasard zweifelte noch immer an der Wirksamkeit des Wurfgeschosses, zumindest was eine Entfernung von mehr als zehn Schritten betraf.

      Die Zwillinge kletterten weiter, bemüht, jedes verräterische Geräusch zu vermeiden. Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel und heizte das Gestein auf. Das Meer verwandelte sie in eine schier endlose Fläche, deren grelles Glitzern in den Augen schmerzte.

      Bis auf etwa fünfzig Yard näherten sich Hasard und Philip den Ziegen, dann stieß eins der Tiere ein kurzes Meckern aus. Im nächsten Moment verschwanden beide zwischen dem Geröll.

      „Mist“, stöhnte Hasard. „Ich wußte gleich, daß das nichts wird. Granddad soll sich die Flausen aus dem Kopf schlagen, von wegen Käse und so.“

      „Willst du schon aufgeben, Bruderherz? Was, glaubst du, wird Old Donegal dazu sagen?“

      Wortlos stieg Hasard weiter nach oben. An manchen Stellen waren Philip und er zum Klettern gezwungen, aber das Lavagestein bot guten Halt.

      Sie erreichten ein kleines Hochplateau. In den Mulden wuchsen Gras und Blumen, sofern die Ziegen nicht schon alles abgefressen hatten. Daß die Tiere regelmäßig hier erschienen, bewiesen die vielen Spuren und die getrockneten Exkremente.

      „Wir sollten Schlingen auslegen“, schlug Hasard vor. „In einigen Tagen essen wir dann womöglich doch Käse.“

      „Es geht einfacher“, widersprach Philip. Er hob sein aufgedrehtes Tau mit den daran befestigten Steinen. „Heute haben wir das erhoffte Jagdglück, du wirst sehen.“

      Die Ziegen waren in südliche Richtung verschwunden. Nach wie

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