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sich er­schie­ßen, denn so mein­te er den Ab­scheu über einen sol­chen Ban­ke­rott durch das da­durch er­reg­te öf­fent­li­che Mit­leid mil­dern zu kön­nen. Hier­bei sah du Til­let, wie einen Strahl in der Nacht der Trun­ken­heit, die Mög­lich­keit auf­blit­zen, rasch zu ei­nem Ver­mö­gen zu kom­men; er be­ru­hig­te Ro­guin und er­wi­der­te des­sen ver­trau­li­ches Be­kennt­nis mit dem Rat, sich das Er­schie­ßen zu er­spa­ren. – »Wenn ein Mann von Ihren Fä­hig­kei­ten so­weit ge­kom­men ist, dann darf er sich nicht tö­richt und un­si­cher her­um­tap­pend be­neh­men, son­dern er muß mit Kühn­heit vor­ge­hen«, sag­te er zu ihm; er riet ihm, so­fort noch einen er­heb­li­chen Be­trag zu ent­neh­men und ihn ihm an­zu­ver­trau­en, um da­mit ir­gend­ein ge­wag­tes Ge­schäft zu un­ter­neh­men, sei es an der Bör­se, oder bei ir­gend­ei­ner an­dern Spe­ku­la­ti­on und den tau­send Mög­lich­kei­ten, die sich da­mals bo­ten. Hät­ten sie Glück da­mit, so woll­ten sie bei­de ein Bank­haus grün­den, das aus den De­pots Nut­zen zie­hen könn­te, und des­sen Über­schüs­se ihm zur Be­frie­di­gung sei­ner Lei­den­schaft die­nen wür­den. Hät­ten sie aber Pech, dann soll­te Ro­guin ins Aus­land flie­hen, an­statt sich zu er­schie­ßen; »sein« du Til­let wür­de bis zum letz­ten Sou treu zu ihm hal­ten. Das war ein Ret­tungs­seil für einen Mann, der am Er­trin­ken ist, und Ro­guin merk­te nicht, daß der Par­fü­me­rie­kom­mis ihm die­ses Seil um den Hals schlang.

      6

      Im Be­sit­ze von Ro­gu­ins Ge­heim­nis be­nutz­te es du Til­let, um sei­ne Herr­schaft über die Frau, die Mätres­se und den Ehe­mann gleich­zei­tig aus­zuü­ben. Über das Un­heil, das sie nicht im ent­fern­tes­ten ahn­te, un­ter­rich­tet, ließ sich Frau Ro­guin du Til­lets Be­wer­bung gern ge­fal­len, der nun aus der Par­füm­hand­lung aus­trat, da er sei­nes Er­fol­ges si­cher war. Es wur­de ihm nicht schwer, die Mätres­se zu be­stim­men, eine Sum­me zu ris­kie­ren, da­mit sie spä­ter ein­mal, wenn sie Un­glück hät­te, nicht wie­der in die Pro­sti­tu­ti­on hin­ab­zu­sin­ken brauch­te. Frau Ro­guin ord­ne­te ihre Ge­schäf­te, brach­te schnell ein klei­nes Ka­pi­tal zu­sam­men und übergab es dem Man­ne, in den ja auch ihr Ehe­mann sein Ver­trau­en setz­te; denn der No­tar hat­te sei­nem Kom­pli­zen gleich hun­dert­tau­send Fran­ken zu­ge­stellt. In­dem er nun Frau Ro­guin so nahe rück­te, daß er das ge­schäft­li­che In­ter­es­se der schö­nen Frau in Zu­nei­gung um­zu­wan­deln ver­moch­te, ver­stand du Til­let es, ihr eine hef­ti­ge Lei­den­schaft ein­zu­flö­ßen. Sei­ne drei Kom­man­di­täre ge­stan­den ihm na­tür­lich einen An­teil zu; aber da­mit nicht zu­frie­den, be­saß er die Frech­heit, bei den Bör­sen­spe­ku­la­tio­nen, die er für sie mach­te, sich mit ei­nem Ge­gen­spie­ler zu ver­stän­di­gen, der ihm den Be­trag even­tu­el­ler Ver­lus­te er­setz­te, denn er spe­ku­lier­te so­wohl für sei­ne Kli­en­ten wie für sich sel­ber. So­bald er fünf­zig­tau­send Fran­ken be­saß, war er fest über­zeugt, daß er ein großes Ver­mö­gen er­wer­ben wür­de; mit dem ihm ei­ge­nen Raub­vo­gelblick be­ob­ach­te­te er die da­ma­li­gen po­li­ti­schen Pha­sen; er spe­ku­lier­te als Bais­sier wäh­rend des fran­zö­si­schen Feld­zu­ges und ging in die Haus­se, als die Bour­bo­nen zu­rück­kehr­ten. Zwei Mo­na­te nach der Rück­kehr Lud­wigs XVIII. be­saß Frau Ro­guin ein Ver­mö­gen von zwei­hun­dert­tau­send Fran­ken und du Til­let hun­dert­tau­send Ta­ler. Der No­tar, dem die­ser jun­ge Mann als Ret­tungs­en­gel er­schi­en, hat­te sei­ne Geld­ver­hält­nis­se wie­der ins Gleich­ge­wicht ge­bracht. Aber die schö­ne Hol­län­de­rin mach­te al­les wie­der zu­nich­te; sie ward die Beu­te ei­nes ab­scheu­li­chen fres­sen­den Ge­schwürs, ei­nes ehe­ma­li­gen Pa­gen des Kai­sers, na­mens Ma­xi­me de Trail­les. Den rich­ti­gen Mäd­chen­na­men die­ser Frau er­fuhr du Til­let, als er ein­mal einen No­ta­ri­ats­akt für sie auf­nahm. Sie hieß Sa­rah Gob­seck. Über­rascht, daß die­ser Name mit dem ei­nes Wu­che­rers, von dem er hat­te re­den hö­ren, über­ein­stimm­te, be­gab er sich zu dem al­ten Wech­sel­schie­ber, dem Schutz­en­gel der Fa­mi­li­ensöh­ne, um fest­zu­stel­len, wel­chen Kre­dit sei­ne Ver­wand­te bei ihm be­sä­ße. Die­ser Bru­tus der Wu­che­rer zeig­te sich zwar sei­ner Nich­te ge­gen­über un­ver­söhn­lich, aber du Til­let ver­stand es, sein Ge­fal­len zu er­re­gen, in­dem er sich als Sa­rahs Ban­kier aus­gab, der für sie Gel­der nutz­brin­gend an­le­gen wol­le. Die Cha­rak­tere des Nor­man­nen und des Wu­che­rers paß­ten zu­ein­an­der. Gob­seck brauch­te da­mals ge­ra­de einen ge­wand­ten jun­gen Men­schen, der eine klei­ne Gel­d­ope­ra­ti­on im Aus­lan­de für ihn über­wa­chen soll­te.

      Ein Au­di­teur des Staats­rats, der durch die Rück­kehr der Bour­bo­nen über­rascht wor­den war, hat­te, um dem Hof einen Dienst zu er­wei­sen, die Idee ge­habt, nach Deutsch­land zu ge­hen und dort die Ur­kun­den der von den Prin­zen wäh­rend der Emi­gra­ti­ons­zeit kon­tra­hier­ten Schuld­ver­pflich­tun­gen auf­zu­kau­fen. Den Ge­winn aus die­sem Ge­schäft, das für ihn eine rein po­li­ti­sche An­ge­le­gen­heit war, woll­te er de­nen über­las­sen, die ihm die hier­zu nö­ti­gen Gel­der vor­stre­cken wür­den. Der Wu­che­rer woll­te die­se Be­trä­ge nur ge­gen die ein­zel­nen zu­rück­ge­kauf­ten Schuld­for­de­run­gen und nach de­ren Prü­fung durch einen ge­ris­se­nen Ver­tre­ter her­ge­ben. Ver­trau­en schen­ken die Wu­che­rer nie­man­dem, sie wol­len si­che­re Un­ter­la­gen ha­ben; bei ih­nen rich­tet sich al­les nach der Ge­le­gen­heit; ei­sig, wenn sie kei­nen nö­tig ha­ben, wer­den sie lie­bens­wür­dig und ent­ge­gen­kom­mend, wenn sie ih­ren Vor­teil da­bei fin­den. Du Til­let war be­kannt, wel­che un­ge­heu­re Rol­le heim­lich am Pa­ri­ser Plat­ze die Wer­brust und Gi­gon­net als Wech­se­l­agen­ten des Han­dels der Rue Saint-De­nis und der Rue Saint-Mar­tin und Pal­ma als Ban­kier des Fau­bourg Pois­son­niè­re spiel­ten, die fast im­mer mit Gob­seck zu­sam­men­ar­bei­te­ten. Er ließ sich nun, ge­gen Stel­lung ei­ner Kau­ti­on in bar, eine Pro­vi­si­on von die­sen Her­ren zu­si­chern, in­dem er sie bat, das Geld, das er ih­nen zur Ver­fü­gung stel­len wür­de, in ih­ren Ge­schäfts­un­ter­neh­mun­gen mit­ar­bei­ten zu las­sen; so ver­schaff­te er sich einen fes­ten Stütz­punkt. Dann be­glei­te­te er Herrn Cle­mens Char­din des Lu­peaulx auf sei­ner Rei­se nach Deutsch­land, die sich über die hun­dert Tage aus­dehn­te, und kehr­te bei der zwei­ten Re­stau­ra­ti­on zu­rück, wo­bei er mehr die Grund­la­gen für sein Ver­mö­gen als das Ver­mö­gen selbst ver­bes­sert hat­te. Er hat­te einen Ein­blick in die Ge­heim­nis­se der ge­schick­tes­ten Rech­ner von Pa­ris er­langt und hat­te sich die Freund­schaft des Man­nes, für den er die Über­wa­chung aus­ge­übt hat­te, er­wor­ben, denn die­ser ge­ris­se­ne Geld­mann hat­te ihm die Trieb­fe­dern und die Ju­rispru­denz der ho­hen Po­li­tik klar­ge­legt. Du Til­let war ein Kopf, der jede An­spie­lung ver­stand, und er bil­de­te sei­ne Fä­hig­kei­ten wäh­rend die­ser Rei­se noch wei­ter aus. Bei sei­ner Rück­kehr fand er, daß Frau Ro­guin ihm treu ge­blie­ben war. Was den ar­men No­tar an­langt, so er­war­te­te er Fer­di­nand mit eben­sol­cher Un­ge­duld wie sei­ne Frau; die schö­ne Hol­län­de­rin hat­te ihn von neu­em rui­niert. Du Til­let frag­te die­se dar­über aus und konn­te un­ter ih­ren Aus­ga­ben kei­ne fin­den, die der ver­schwen­de­ten Sum­me ent­sprach. Da ent­deck­te er das Ge­heim­nis, das Sa­rah Gob­seck ihm sorg­fäl­tig ver­schwie­gen hat­te, ihre wahn­sin­ni­ge Lei­den­schaft für Ma­xi­me de Trail­les, des­sen De­büt in sei­ner Kar­rie­re des Las­ters und der Aus­schwei­fung schon zeig­te, was er für ein We­sen war: ei­ner je­ner po­li­ti­schen

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