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TAG DER ABRECHNUNG (Shadow Warriors 2). Stephen England
Читать онлайн.Название TAG DER ABRECHNUNG (Shadow Warriors 2)
Год выпуска 0
isbn 9783958355002
Автор произведения Stephen England
Жанр Языкознание
Серия Shadow Warriors
Издательство Bookwire
Er hörte eine weitere Stimme aus der Ferne, die etwas auf paschtunisch fragte. Es dauerte einen Moment, bis die Frage seinen sich immer mehr verdunkelnden Verstand durchquerte, dann fiel ihm die Übersetzung dafür wieder ein. »Ist er tot?«
Über ihm schüttelte der Pakistani den Kopf und zog den Hammer seiner Pistole zurück. »Nein.«
Kapitel 1
13. Dezember
05:25 Uhr Ortszeit
CIA-Hauptquartier
Langley, Virginia
Der Raum war spartanisch eingerichtet, weiße Wände auf drei Seiten und eine Einweg-Glasscheibe, die in Hüfthöhe der verbliebenen vierten Wand begann. Genau in der Mitte des Raums stand ein Klapptisch mit jeweils einem Stuhl auf jeder Seite unter einem Paneel hell leuchtender Glühbirnen direkt darüber an der Decke.
Nur drei Männer befanden sich in dem Raum. Der Erste war ein junger asiatischer Techniker, der vornübergebeugt an einem Lügendetektor arbeitete, der an dem Tisch befestigt war. Der zweite Mann war Mitte fünfzig, korpulent, in einem dunklen Anzug, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, und dem konstant gelangweilten Blick eines Bürokraten ins Gesicht gemeißelt. Sein Name war Lucas Henderson Ellsworth IV, und auf diesen war er stolz, genau wie auf seine Familiengeschichte, die bis nach Jamestown zurückreichte. Was seine illustren Vorfahren von seiner Position als Generalinspekteur der CIA gehalten hätten, ließ sich nur schwer sagen.
Der Mann, der vor ihm saß, war achtunddreißig Jahre alt, groß – einen Meter neunzig, laut seiner Personalakte –, schlank und drahtig, was seine Kraft und seine Fähigkeit, gewalttätig werden zu können, gut verschleierte. Stahlblaue Augen blickten Ellsworth aus einem glattrasierten, markantem Gesicht entgegen. Ein Lächeln hätte ihn vielleicht sogar gutaussehend erscheinen lassen, aber der Mann unter den Lampen lächelte nicht. Drähte aus dem Lügendetektor führten zu Elektroden an seinen Armen und einem Gurt um seine Brust.
Der Techniker und der Bürokrat tauschten ein paar Worte aus, dann verließ der Techniker den Raum und ließ die Tür mit der Endgültigkeit einer Zellentür hinter sich zufallen.
Ellsworth lächelte und öffnete die Akte, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Sie haben eine beeindruckende Karriere vorzuweisen, Mr. Nichols. Fünfzehn Jahre beim Clandestine Service, dazu sogar noch einige Jahre im früheren Directorate of Operations, vor der Gründung des NCS. Vor fünf Jahren mit dem Intelligence Star ausgezeichnet, für eine Operation, deren Details redigiert wurden. Höchst bedauerlich. Ich bin sicher, dass diese eine interessante Lektüre abgegeben hätten. Aber deswegen sind wir heute auch nicht hier.«
Der Mann vor ihm rutschte unruhig herum, über den Smalltalk ganz offensichtlich verärgert. »Ich habe schon darauf gewartet, dass Sie endlich zum Punkt kommen.«
»Natürlich. Lassen Sie mich Ihnen zuerst ein paar vorausgehende Fragen stellen, um einen Basiswert für die Maschine zu ermitteln. Ihr voller Name lautet?«
»Harold Nichols. Einen Mittelnamen hat man mir nicht gegeben.«
»Anfang Oktober dieses Jahres waren Sie und das Alpha Team der Special Activities Division an einer Operation im Mittleren Osten beteiligt. Sie sind der Anführer des Alpha Teams, nicht wahr?«
»Das ist korrekt.«
»Sehr gut. Darf ich Sie Harry nennen?«
»Meine Freunde nennen mich Harry«, antwortete der Mann gelassen und ohne jede Regung.
Ein Moment peinlicher Stille folgte, dann räusperte sich der Bürokrat. »Gut. Wir können jetzt beginnen, Mr. Nichols.«
Der Mann hob eine Hand vom Tisch und deutete auf die Drähte und das Equipment. »Was erhoffen Sie sich eigentlich von all dem?«
Ellsworth schien über die Frage nachzudenken, dann antwortete er: »Die Wahrheit, Mr. Nichols. Ich erhoffe mir, die Wahrheit herauszufinden.«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Mannes, oder vielmehr die ironische, zynische Parodie eines Lächelns. »Ich werde Ihnen etwas verraten. Lügen ist mein Beruf. 2008 wurde ich in den Bergen des Hindukusch von einer Splittergruppe der Taliban geschnappt. Ich verbrachte drei Monate in Gefangenschaft, bis es einem Team gelang, mich zu befreien. Ich wurde jeden Tag gefoltert, um Informationen aus mir herauszubekommen. Es dauerte fünf Monate, bis ich wieder eine komplette Meile rennen konnte. An meinem Körper finden sich noch immer die Narben aus jenen Tagen. In all diesen Monaten erfuhren diese Männer nur das, was ich sie wissen lassen wollte. Desinformation, ohne dass sie es je bemerkten. Wenn Sie also glauben, dass dieser Maschine etwas gelingen könnte, wozu diese Männer nicht fähig waren, verschwenden Sie Ihre Zeit …«
05:42 Uhr Ortszeit
eine Stadtvilla
Fairfax, Virginia
Wie so oft schien der Wecker viel zu früh zu klingeln. David Lay öffnete seine Augen und starrte durch die Dunkelheit an die Decke, während der Alarm misstönend vor sich hin lärmte.
Ächzend schwang er seine Beine aus dem Bett und tastete nach dem leuchtenden Display. Mit zweiundsechzig Jahren war er nicht mehr so fit wie früher, was sicher damit zu tun hatte. Aber die Schlummertaste zu drücken war für den Direktor der Central Intelligence Agency keine Option.
Lay wickelte sich einen Morgenmantel um den Körper und öffnete die Tür, die zu dem Flur führte. Die Temperaturen waren in der vergangenen Nacht auf Minusgrade gefallen und ein Schneesturm zog von Westen heran, der den Vorhersagen zufolge fünf Zentimeter Neuschnee mit sich bringen würde. Der schwache Geruch von Rauch stieg ihm in die Nase und er beschleunigte seine Schritte auf seinem Weg in die Küche.
»Guten Morgen, Boss«, war die beinahe hellseherische Begrüßung des kleinen, stämmigen Mannes zu hören, der aus den Rauchschwaden trat, die den Herd umgaben.
»Na, zumindest haben Sie sich bemüht«, kommentierte Lay mit einem kritischen Blick auf den Stapel Pancakes, der sich auf der Kücheninsel türmte.
Peter Ramirez lachte und wedelte mit dem Pfannenwender in die Richtung des DCIA. »Die schmecken besser als sie aussehen, comprende?«
»Ich bin nicht sicher, ob mich das überzeugt«, lautete Lays Antwort. »Was gibt’s Neues aus Langley?«
»Die Stundenberichte liegen auf dem Tisch«, antwortete Ramirez und wandte sich wieder dem Ofen zu. Lay musterte die unpassende Wölbung einer Glock 21 im Holster unter der Schürze seines Leibwächters und schüttelte den Kopf.
Pete Ramirez war ein zweiunddreißigjähriger Ex-Navy SEAL, der sich nach einer Rückenverletzung während einer Mission auf Mindanao aus dem aktiven Dienst zurückziehen musste. Nach seiner Genesung war das massige, einen Meter achtundsechzig große Kampfschiff von einem Mann dem Secret Service beigetreten. Seit anderthalb Jahren diente er nun schon als Lays persönlicher Leibwächter und die beiden Männer kamen hervorragend miteinander aus. Der Leibwächter und seine Schutzperson.
»Irgendwelche Fortschritte mit Sergei Ivanovich?«
Ramirez schüttelte den Kopf. »Carters Team ist an der Sache dran, aber bisher haben sie noch nichts gefunden. Wenn sein Bild nicht auf diesen Überwachungskameras aufgetaucht wäre …«
»Sagen Sie mir nicht, dass wir uns keine Sorgen machen sollten, wenn ein ehemaliger Speznas-Söldner mit Verbindungen zur Mafia in Philly auftauchen kann, ohne dass wir auch nur die leiseste Ahnung davon haben, dass er sich überhaupt in diesem Land befindet.« Lay seufzte. »Das Bureau in die Sache einzuweihen, ohne erklären zu können, wie genau wir an diese Aufnahmen gelangt sind, wird eine meiner heutigen morgendlichen Freuden sein.«
Darüber hinaus fand sich in dem Stapel der stündlichen Berichte nichts, was erwähnenswert gewesen wäre, weshalb der DCIA ihn müde beiseitelegte und nach der