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ließen.

      *

      Es wurde ziemlich spät, bis Simone heimkam und die beiden Freundinnen nun endlich über den erlebnisreichen Tag sprechen konnten.

      »Du bist mir vielleicht eine«, empfing Jana Simone schon an der Tür, »ich muß von deinem Chef erfahren, daß sein Freund dein Traummann ist.«

      »Er hat darüber geredet?« fragte Simone fassungslos. »Aber er hat doch nicht ›Traummann‹ gesagt?«

      »Nein, das habe ich gesagt, aber ich war ganz schön überrascht, als er davon anfing. Anscheinend war er sehr gut gelaunt. Es ist wohlwollend aufgenommen worden, daß du meine Freundin bist. Er hat keine Hintergedanken dabei gehabt.«

      »Wieso denn auch, es hat sich alles so gefügt, das sagt Jürgen auch. Er ist wirklich genauso, wie ich ihn mir wünsche. Ich habe mir ganz umsonst Gedanken gemacht, daß er hier noch eine andere haben könnte. Aber er hat mir Liborius als einen sehr verschlossenen Mann geschildert.«

      »Ich fand ihn locker. Wir sind zwar nicht zu einem Gespräch gekommen, aber ich denke, daß er mich akzeptiert hat.«

      »Das wird auch gut sein, da du dich von seinem Sohn so unterbuttern läßt.«

      »Das ist nicht so«, widersprach Jana heftig, »Bobby ist sehr rücksichtsvoll und lieb. So einen Sohn hätte ich mir auch gewünscht.«

      »Aber der wäre wahrscheinlich so geworden wie sein Großvater, wie das bei der Vererbung üblich ist«, erklärte Simone drastisch. Aber gleich entschuldigte sie sich für diese Bemerkung. »Tut mir leid, das ist mir so herausgerutscht. Es ist bestimmt besser, daß du kein Kind hast.«

      »Das sage ich mir auch immer wieder. Ich bin ja glücklich, daß Bobby mich so mag, andererseits macht es mich aber auch besorgt, daß er seine Mutter überhaupt nicht mehr erwähnt.«

      »Man muß sie ja auch nicht mit einem Heiligenschein umgeben, Jana. Jürgen hat so ein paar Andeutungen gemacht, daß da sicher nicht alles so war, wie man meinte. Wenn einem Kind von der Mutter immer und immer wieder eingeredet wird, daß sie die beste und liebevollste Mutter weit und breit sei und es keine gäbe, die sie ersetzen könne, dann muß so ein kleines Kerlchen doch glauben, daß es wirklich so ist. Und plötzlich war da eine Lücke, und weil man ihm nicht weh tun wollte, wurde die Erinnerung an seine Mami wachgehalten, obgleich sich ihr Bild schon auflöste. Plötzlich sah er dich, und jetzt bist du die Hauptperson für ihn.«

      »Unsinn, seine Granny und sein Papi sollen die Hauptpersonen sein. Er wird in die Schule kommen und mit anderen Kindern zusammensein, andere Mütter sehen, liebe und strenge Mütter unterscheiden lernen. Ich werde keine Rolle mehr in seinem Leben spielen, weil sein Vater sicher wieder heiraten wird.«

      »Jürgen sagt, daß er nicht wieder heiraten wird. Er hat die Firma seines Schwiegervaters gekauft und damit jegliche Verbindung zu Julies Eltern abgebrochen. So rosig waren die Beziehungen also nicht. Jürgen hält große Stücke auf Dave, das ist eine echte Männerfreundschaft, wie unsere eine echte Frauenfreundschaft ist. Es wird sich zwischen uns auch nichts ändern, wenn ich mal verheiratet bin. Und jetzt gehen wir zu Bett, sonst kommen wir morgen beide nicht aus den Federn. Ich bin sehr froh, daß du wieder froh bist, Jana. Die Zeit heilt alle Wunden, bei dir und auch bei David Liborius.«

      »Und du bist sehr glücklich, man sieht es.«

      *

      Erst am nächsten Tag konnte Agnete Liborius unter vier Augen mit ihrem Sohn sprechen. Er war schon zur Teestunde heimgekommen, weil sie ihn darum gebeten hatte.

      Jana hatte Bobby mit in ihre Wohnung genommen, er sollte Simone kennenlernen, die für ihn doppelt interessant war, weil sie Jürgens Freundin war. Er war ein aufgeweckter Junge, wie Jana sich schon überzeugen konnte, wohl deshalb, weil er nur mit Erwachsenen aufwuchs und seine ersten Lebensjahre von einer sehr egoistischen Mutter beeinflußt worden waren. Zu dieser Erkenntnis hatte Jana auch kommen müssen, da in Bobbys Zimmer etwa zehn verschiedene Fotos von Julie standen und hingen, als sie das Zimmer zum ersten Mal betreten hatte. Am zweiten Tage fehlten schon ein paar, und am vierten Tag hing nur noch eines an der Wand. Da hatte sie doch gewagt, den Jungen zu fragen, wo denn die anderen Fotos wären.

      »Jetzt bist du da, und ich kann dich alles fragen«, erwiderte er. »Mami wollte, daß ich mit ihr rede, auch wenn sie nicht da ist. Ein Bild, wenn ich mich ärgere, eins, wenn ich traurig bin, eins wenn ich mich freue, eins wenn ich was Schönes erlebe und die anderen, wenn ich Wünsche habe. Ich sollte nur immer an sie denken, das mußte ich ihr versprechen. Ich sollte auch immer aufpassen, daß Papi keine andere Frau gern hat. Aber sie kommt doch nicht wieder, das habe ich schon verstanden. Dich habe ich lieb, Jana, und mit dir kann ich über so viel reden. Ich möchte auch, daß Papi dich gern hat, so wie Granny. Und mit Fotos kann man doch gar nicht reden.«

      »Deine Mami hat gehofft, daß du sie immer in Erinnerung behältst, Bobby«, sagte Jana sanft.

      »Aber jetzt ist sie schon so lange fort und ich kann mich nicht mehr so erinnern, wie es war, als sie noch bei mir war.«

      Jana kannte nur die Fotos. Julie war eine schöne Frau gewesen, aber darauf bedacht, auf den Fotos sehr vorteilhaft zu wirken. Daher wirkte auch ihr Lächeln gekünstelt. Aber sicher hatte sie mit diesen großen rätselhaften Augen eine große Wirkung auf Männer gehabt.

      Jana dachte nicht an Julie, als sie mit Bobby an der Hand ihre Wohnung betrat. Viel wichtiger war ihr dieser vertrauensvolle kleine Junge, der ihr so spontan sein Herz geschenkt hatte. Über das Warum wollte sie auch nicht mehr nachdenken. Es gab auch zwischen Mann und Frau Liebe auf den ersten Blick, und bei Simone und Jürgen war es wohl so gewesen. Warum also sollte sich nicht auch Bobby ganz impulsiv zu ihr hingezogen gefühlt haben?

      »Du hast es aber sehr schön, Jana«, stellte Bobby bewundernd fest. »Schade«, fügte er bedauernd hinzu.

      »Wieso schade?« fragte sie irritiert.

      »Wenn du es nicht so schön hättest, würdest du vielleicht lieber bei uns wohnen.«

      »Ich bin gern mit dir zusammen, Bobby, und auch gern bei euch, aber es kann nicht für immer sein.«

      »Warum nicht?«

      »Du wächst heran und brauchst dann keine Betreuerin mehr. Du wirst bald klüger sein als ich. In ein paar Jahren hast du ganz andere Interessen.«

      »Aber ich werde dich immer liebhaben. Granny hat dich auch lieb, und wenn Papi dich erst länger kennt, wird er dich auch liebhaben. Du darfst nicht wieder von mir weggehen, Jana.«

      Sein Blick fiel auf das Foto von Rolf, und er verstummte.

      Er ging näher hin und betrachtete es intensiv. »Ist das dein Mann?«

      »Ja, das ist Rolf.«

      »Aber er ist genauso tot wie Mami und kommt nicht mehr wieder. Ich konnte es mir nicht vorstellen, daß man einfach tot sein kann, aber jetzt weiß ich, daß andere Menschen auch sterben. Manche haben einen Unfall und waren gar nicht krank. Hatte dein Mann auch einen Unfall?«

      »Er wurde beim Skifahren von einer Lawine verschüttet.«

      »Aber du nicht. Da sage ich dem lieben Gott vielen Dank.«

      Er verblüffte Jana immer wieder mit seinen Gedanken und wie er diese auch auszudrücken verstand, aber jetzt trieb es ihr Tränen in die Augen, weil es so rührend klang. Sie nahm ihn in die Arme.

      »Ich habe dich sehr lieb, Bobby. Du hast mir schon sehr geholfen«, sagte sie weich.

      Da wurde die Tür aufgeschlossen, und Simone erschien.

      »Hallo, da seid ihr ja schon«, sagte sie vergnügt. »Das freut mich sehr, daß ich dich nun auch kennenlerne, Bobby.«

      »Ich freue mich auch. Warum hast du Jürgen nicht mitgebracht?«

      Simone war nur momentan verblüfft. »Er holt uns nachher ab«, erwiderte sie. »Er lädt uns zum Abendessen ein, das hat er schon mit deinem Papi verabredet.«

      »Das ist toll«, freute sich

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