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»Müde sind wir auch. Aber die Hof-lechners waren so verstört, und sie müssen sich ja auch noch um die andern Gäste kümmern. Ich denke nicht, daß euch das Mädchen viel zu schaffen macht. Sie wird schlafen. Die leichten Erfrierungen werde ich noch versorgen.«

      »Ach was, fahrt ihr nur heim und schlaft euch aus. Ich hole den Schlaf nach, wenn Dieter wieder auf den Beinen ist. Ist das eine Sache für die Polizei?« fragte sie dann noch.

      »Nein, bisher nicht«, erwiderte Daniel.

      »Hoffentlich nicht. Ein bißchen abergläubisch bin ich schon. Wenn das Jahr so anfängt, geht es meist auch aufregend weiter!«

      *

      Ein paar Stunden konnten Daniel und Fee dann schlafen. Die Kinder tobten schon im verschneiten Garten herum, als sie erwachten.

      Ein Bilderbuchtag präsentierte sich ihnen. Die Kinder jubelten, als ihre Eltern gleich an der Schneeballschlacht teilnahmen, und danach hatten sie dann den richtigen Frühstücksappetit. Mit Lenni mußte schließlich auch noch auf das neue Jahr angestoßen werden. Sie meinte, daß sie nun hoffe, daß ihnen viele ruhige Nächte beschieden sein mögen.

      »Heut nacht hat’s donnert«, sagte die kleine Anneka. »Hab’ es gehört.«

      »Da ist beistimmt die Schneewolke geplatzt«, meinte Felix, der manchmal eine blühende Phantasie entwickelte und sich dann auch gleich passende Geschichten ausdachte.

      »Habt ihr schön getanzt?« fragte Danny. »Mami war bestimmt die Allerschönste.«

      »Papi war der Allerschönste«, schloß Anneka sich gleich an.

      »Es war sehr lustig«, sagte Fee, denn von der weniger guten Fortsetzung wollte sie vor den Kindern nicht sprechen.

      Gestärkt und nun ganz munter, rüsteten sie sich zum Neujahrsspaziergang, und daß man dabei auch in der Behnisch-Klinik vorbeischaute, war für die Kinder nicht auffallend.

      Daniel fand Zeit, ein paar Minuten allein mit Dieter Behnisch sprechen zu können. Juanita lag noch in tiefem Schlummer. Eine Lungenentzündung hatte sich angebahnt, aber Dieter meinte, daß sie diese schnell in den Griff bekommen könnten. Ihn stimmte es besorgt, daß sie nicht ansprechbar gewesen war, als sie einmal kurz erwachte.

      »Ich habe sie mit ihrem Namen angesprochen, aber sie hat nur den Kopf geschüttelt«, erklärte er seinem Freund Daniel.

      »Aber sie hat den Namen Juanita Martinez selbst angegeben, sagte Kathi«, meinte Daniel nachdenklich.

      »Vielleicht sollte man doch lieber die Polizei einschalten«, sagte Dieter. »Es kann sich ja um einen Überfall handeln. Betrachte mal ihre Hände. Sie trug Ringe, aber die sind nicht mehr vorhanden. Man sieht jedoch deutlich die helleren Stellen.«

      »Wir werden mal nachmittags zum Jagdschlössel fahren und in ihrem Zimmer nachschauen«, sagte Daniel. »Wenn sie wieder wach ist, fragst du sie, ob du die Polizei verständigen sollst. Wenn sie es will, ist es in Ordnung, aber wozu sollen wir uns wieder mal diese Umstände einhandeln, wenn es nicht nötig ist. Es kann ja auch sein, daß da eine handgreifliche Auseinandersetzung mit ihrem Partner, wer immer das auch sein mag, stattfand und…«

      Sie wurden unterbrochen, denn Dr. Behnisch wurde am Telefon verlangt.

      Sepp Hoflechner war am andern Ende der Leitung. Es hätte ein Mann angerufen, der nach Senhora Martinez gefragt hätte, sagte er. Er hätte gesagt, daß sie nicht im Hause sei. Und nun wüßte er nicht mehr, wie er sich verhalten solle.

      »Dr. Norden kommt nachher vorbei. Besprechen Sie das mit ihm, Sepp«, erwiderte Dr. Behnisch.

      Und zu Daniel sagte er dann: »Du kannst das besser als ich. Dir fällt doch immer was ein.«

      »Davonlaufen wird sie ja wohl nicht«, meinte Daniel nachdenklich.

      »Dazu ist sie viel zu schwach. Es wird auch noch dauern, bis wir das Fieber unter Kontrolle haben. Nun, es passiert schon hin und wieder, daß ein Hotelgast erkrankt und in die Klinik gebracht werden muß. Da es sich nicht um eine ansteckende Krankheit handelt, können wir Sepp und Kathi beruhigen.«

      Deren größte und auch verständliche Sorge war, daß dieser Fall publik werden würde und ihrem gerade erst erworbenen guten Ruf abträglich sein könnte. Ihren Gästen mußten sie eine heitere Miene zeigen, obwohl es ihnen alles andere als heiter zumute war.

      Als die Familie Norden zur Kaffeestunde eintraf, hatten sie für diese schon einen kleinen Nebenraum bereitgehalten. Kathi hatte den kleinen Schorschi geholt, da die Kinder ja das Baby sehen wollten, und damit waren sie dann auch so beschäftigt, daß sich Fee und Daniel eingehend in Juanitas Zimmer umschauen konnten.

      Da stand noch der zweite Koffer unberührt, doch auch in ihm fanden sie keinen Schmuck und auch kein Geld, keine Papiere oder etwas Besonderes, was sie stutzig hätte machen können.

      Fee unterhielt sich mit Kathi, die Juanita empfangen hatte. »Woran können Sie sich erinnern, Kathi?« fragte sie.

      »Ich weiß es noch genau, daß sie mit einem Taxi kam. Ich habe sie gefragt, ob unser Hotel ihr empfohlen worden sei, weil ich mich doch ein bißchen gewundert habe, daß sie ohne Voranmeldung herkam. Es war auch ein Zufall, daß wir gerade noch ein Zimmer frei hatten, das war für eine Frau Brühl reserviert, die aber abgesagt hatte.«

      »Ist Ihnen aufgefallen, daß sie Schmuck trug?« fragte Fee.

      »O ja, zwei wunderschöne, auffallende Ringe. Einer rundherum mit Brillanten, und einer mit einem dunkelblauen Stein, auch ringsrum mit Brillanten. So was habe ich noch nie gesehen. Und dann hat es mich auch ein bißchen gewundert, daß sie gleich eine Schatulle im Safe deponiert hat, bevor sie überhaupt das Zimmer gesehen hatte. Sie war sehr zurückhaltend, aber freundlich, und Wastl hat sie schwanzwedelnd begrüßt, wie er es bloß bei Leuten tut, die er kennt. Er hat sie nur ein bißchen beschnuppert. Manche Leute mögen ja keine Hunde, und manche haben auch Angst, aber sie hat ihn gleich gestreichelt, und dann hat sie gesagt…« Kathi schöpfte tief Luft.

      »Was hat sie gesagt, Kathi?« fragte Fee voller Spannung.

      »Sherry, hat sie gesagt, bloß ein bißchen anders.«

      »Chérie vielleicht?« fragte Fee nachdenklich.

      »Ja, mit der Betonung. Jedenfalls habe ich gedacht, daß sie gut sein muß, wenn Wastl so zutraulich ist.«

      »Und die Schatulle ist noch im Safe?«

      »Aber freilich, ich kann sie Ihnen zeigen, Frau Doktor.«

      Es war eine Schatulle, die fast die Größe eines Handköfferchens hatte. Kostbares Leder mit goldfarbenen Beschlägen und Kombinationsschlössern, und den eingeprägten Initialen JR!

      Fee überlegte. »Vielleicht will sie ihn haben«, sagte sie.

      »Ich kann ihn aber nur an die junge Dame selbst herausgeben, Frau Doktor. Wir stellen eine Karte aus, die gilt auch gleich für die Versicherung. Das muß man ja.«

      »Aber Sie übergeben hinterlegte Sachen nur dem Eigentümer direkt, Kathi?«

      »Selbstverständlich. Warum fragen Sie?«

      »Nun, es könnte jemand mit dieser Karte kommen und einen Gegenstand, der hinterlegt wurde, fordern.«

      »Nein, nein, das geht hier nicht. Angestellte kommen da nicht ran. Nicht mal Ihnen könnte ich die Schatulle geben.«

      »Es war nur so eine Idee. Sie geben uns Bescheid, wenn sich jemand nach Juanita Ramirez erkundigen sollte. Sie wird jetzt noch einige Tage in der Klinik bleiben müssen.«

      »Mir tut es ja so leid für die junge Dame«, sagte Kathi. »Ich finde es nur sehr seltsam, daß der Herr einfach so verschwunden ist.«

      »Wann das war, wissen Sie nicht?«

      »Nein, es war ja so viel los.«

      Da kam es Fee in den Sinn, daß sie bemerkt hatte, wie Juanita plötzlich aufsprang und den Tisch verließ, aber der Mann war noch sitzen geblieben.

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