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Welche Reaktionen seitens Politiker im positiven wie im negativen Sinn hat es bisher gegeben?

      Wallentin: Da gab es sehr viele – zumeist positive vom Kanzler, Ex-Kanzler, Notenbank-Chef, Landeshauptmann des Burgenlandes und vielen Oppositionschefs abwärts. Das würde ein neues Buch füllen. Das Wichtigste aber ist, dass die Politik viele Themen der »Offen gesagt«-Kolumne aufgenommen hat. Das ist ein Sieg der Leser. Es ist ein Stück weit direkte Demokratie.

      Russwurm: Viele andere Themen finden sich im neuen Buch, z. B. afrikanische Völkerwanderung, Flüchtlingsrückführung nach Libyen, Bargeldabschaffung, Freihandelsabkommen etc. Welches deiner Themen, die du immer wieder aufgreifst, bewegt dich persönlich am meisten?

      Wallentin: Zwei Ereignisse, die Österreich für immer verändern werden: die Völkerwanderung aus zerfallenden arabischen sowie afrikanischen Staaten und der Klimawandel. Künftige Generationen werden uns danach beurteilen, wie wir diese Probleme gemeistert haben. Derzeit sieht es so aus, als ob Österreich zu einem »neuen Nahen Osten« oder »neuen Afrika« würde. Dazu kommt die erhebliche Zerstörung der Umwelt. Wir brauchen ein neues Bewusstsein – Verantwortung, Nachhaltigkeit und weniger Egoismus. Anstelle von »Hol dir, was dir zusteht!«, sollten wir lieber fordern: »Alles für die Enkel!«

      Russwurm: Welches Problem, das du in deinem ersten Buch »Noch nie war Meinung so wichtig« und deinen Kolumnen aufgegriffen hast, hat sich aus deiner Sicht mittlerweile erledigt oder beinahe erledigt?

      Wallentin: Wir konnten die Privatisierung des Trinkwassers verhindern. Die Rückholung unseres Staatsgoldes geht maßgeblich auf die »Offen gesagt«-Kolumne zurück, wie mir der damalige Gouverneur der Nationalbank versichert hat. Die fix geplanten Vermögenssteuern, die den Mittelstand zerstört hätten, wurden verhindert. (»Sie sagen Millionäre und meinen uns.«) Auch das Binnen-I ist dank unserer Leser nicht zur Sprachnorm geworden. Das Wichtigste ist aber, dass viele Menschen wieder den Mut haben, zu ihrer Meinung zu stehen. Sie lassen sich keine Denk- und Sprechverbote mehr geben. Das war der größte Erfolg der Kolumne.

      Russwurm: Du kritisierst seit Jahren die österreichische Politik, unabhängig von Partei und Couleur. Wählst du trotzdem seit Jahren, trotz angeprangerter Missstände, dieselbe Partei oder bist du ein Wechselwähler?

      Wallentin: Ich bin Wechselwähler. Ich wähle zum jeweiligen Zeitpunkt immer das geringste Übel. Ich hasse Machtbesoffenheit, Eitelkeit und gebrochene Wahlversprechen. Ich habe so ziemlich alles gewählt, nur nicht die Kommunisten.

      Russwurm: Dein Buch enthält die Widmung: »All jenen, die selbst im Kerker frei sind.« Was meinst du damit?

      Wallentin: Materialismus und Konsumgier machen den Menschen schwach, ängstlich und erpressbar. Wer einem Materialisten das Geld oder Auto wegnimmt, der nimmt ihm alles. Wer sein Leben hingegen geistig-seelisch lebt, erreicht Punkte, an denen er durch keine Macht der Erde mehr zerbrochen werden kann. Wer einen Menschen vom Schlage Ghandis ins Gefängnis wirft, nimmt ihm kaum etwas. Denn er ist innerlich frei. Das ist für mich die einzig gültige Definition von Freiheit: die Unabhängigkeit von materiellen Dingen.

      Russwurm: Siehst du dich selber als moralische Instanz in unserem Land?

      Wallentin: Nein. Ich versuche, die Hintergründe zu erklären. »In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, kann man sicher sein, dass es auch auf diese Weise geplant war.« Das Zitat steht auf der Rückseite meines Buches. Es stammt übrigens von Franklin D. Roosevelt, dem 32. Präsident der USA.

      Russwurm: Apropos US-Präsident. Du zitierst in deinem aktuellen Buch auch John F. Kennedy mit »Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, frage, was du für dein Land tun kannst.« Was tust du? Und was lehrst du diesbezüglich deinen Kindern.

      Wallentin: (lacht) Ich habe fünf Bücher geschrieben und lege mich wöchentlich mit dem Establishment an. Ich erkläre den Zwillingen und meinem ältesten Sohn Kennedy mit Kennedy: »Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?«

      »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Zeitgeistes«

      Erschienen am 9.9.2018

       Die katholische Kirche wird wieder von schweren Missbrauchsskandalen erschüttert. Tausende Kinder sollen sexuell missbraucht und die Taten vertuscht worden sein. Hinzu kommt die Anbiederung an den Zeitgeist. Die Predigten der Kirchenoberen unterscheiden sich kaum noch von Parteitagsreden bei den Grünen. Man verwechselt den Zeitgeist mit dem Heiligen Geist. Kurzum: Der Kirche geht der Glaube aus.

      In zahlreichen Ländern sollen Tausende Kinder von Priestern sexuell missbraucht und die Taten jahrzehntelang systematisch vertuscht worden sein. Laut US-Staatsanwaltschaft hat der Vatikan davon gewusst. Allein in den USA sollen 300 namentlich genannte katholische Priester sich des sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht haben. In geheimen kirchlichen Archiven sollen diese Verbrechen dokumentiert worden sein. Sie gelangten durch Zufall in die Hände des US-Staatsanwaltes, der über die Kirchenführer sagte: »Sie haben die Gemeindemitglieder am Sonntag belogen, die Öffentlichkeit belogen, die Täter vor der Öffentlichkeit geschützt, aber alles dokumentiert und es in Geheimarchive gelegt.«

      Papst Franziskus will auf diesen Skandal (wörtlich) »mit Stille und Schweigen« antworten. Das klingt ein wenig armselig. Die gnadenlose Verfolgung, Verurteilung und Bestrafung aller Täter, Helfer und Helfershelfer wäre nebst Entschädigung aller Opfer die angemessenere Antwort. Das hat nämlich sein Vorgänger Papst Benedikt gemacht.

      Der Skandal trifft die Amtskirche in einem sehr heiklen Moment: Denn der Kirche geht der Glaube aus. Das kommt von der Anbiederung an den Zeitgeist. Die Predigten der Kirchenvertreter unterscheiden sich heute kaum noch von Parteitagsreden der Grünen. Der christliche Glaube wird von der Amtskirche so gedeutet, dass er den Vorgaben der politisch-korrekten Erziehungsmedien entspricht. Kein Wort mehr von Spiritualität, Jenseits, Verdammnis, Schuld oder Wahrheit. An die Stelle des Glaubens ist eine diffuse »Gutmenschen-Gesinnung« getreten: Sündhaft handelt heute, wer die Massenzuwanderung aus Afrika nicht beklatscht, offene Grenzen ablehnt, das Gendern der Bibel kritisiert oder die Islamisierung Europas hinterfragt. Katholische -Bischöfe verteidigen aus falscher Toleranz sogar das Tragen der Burka. Kardinal Reinhard Marx – der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz – empörte sich maßlos darüber, dass die bayrische Staatsregierung das Kreuz in allen Behörden im Eingang aufgehängt hat. Denn das habe zu »Spaltung, Unruhe und Gegeneinander« geführt. Das muss man sich einmal vorstellen: Der Berater von Papst Franziskus – Kardinal Marx – empört sich darüber, dass das Kreuz aufgehängt wird, weil das zu viel an Unruhe bedeutet.

      Die Kirchenvertreter sind längst Teil des flachen Establishments aus Politik, Medien, Schickeria und Kulturschaffenden geworden. Dompfarrer Faber war es nicht zu dumm, vor Weihnachten unter großem medialen Blitzlichtgewitter ein »Unterwäschegeschäft« in der Wiener Innenstadt zu segnen.

      Wie singt Reinhard Mey in seinem Lied »Seid wachsam«: »Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, – ich halt sie arm!«

Karikatur

      UNO-Mobbing

      Erschienen am 16.9.2018

       Die neue UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet will den Schutz von Migranten in Österreich von UNO-Sonderprüfern überprüfen lassen, wie sie in ihrer Antrittsrede ankündigte. Das überrascht. Frau Bachelet beobachtet nicht nur Länder, die Genitalverstümmelungen, Sklavenhandel, Folter oder willkürliche Verhaftungen praktizieren – sondern Österreich.

      Frau Bachelet hat vor wenigen Tagen ihren neuen Job als UN-Menschenrechtskommissarin angetreten. Ein paar Monate zuvor hatten die Chilenen sie fast davongejagt. Denn als ehemalige Präsidentin Chiles hat Bachelet ihr Land

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