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es nicht.“

      „Ja, ohne Scheiß. In Berlin sind die Frauen irgendswie anders drauf. Mit die muss man nicht wochenlang im Kinno gehen oder die zum Essen einladen wie hier. Die wissen genau, was die wollen.“

      „Ich fass es nicht.“

      „Die hat sogar ein Piercing im Bauchnabel.“

      „Ich geh kaputt. Hör auf, Fredi. Was ist das für ein Planet, auf dem du da lebst? Der Planet der wilden Frauen, oder was?“

      „Na ja, so wild ist es auch wieder nicht“, wiegelte Fredi ab. „Wir gehen in Berlin auch schon mal zusammen im Kinno oder so. Letztens waren wir am Sony Center und wollten da ein Film gucken. Da war da plötzlich eine Filmpremiere und du glaubst nicht, wer da plötzlich über der rote Teppich läuft! Tom Cruise!“

      Borowka riss ungläubig die Augen auf. „Ich geh so was von kaputt. Der echte Tom Cruise? Hier Top Gun und Mission Impossible?”

      Fredi nickte stolz. Borowka rang nach Worten: „Und du hast dem aus der Nähe gesehen?“

      „Ja klar. Der ist fast direkt an uns vorbeigegangen. Aber in echt ist der höchstens so groß wie ein Schuhschrank.“

      „Das ist doch scheißegal. Dafür ist das eine ultracoole Sau. Die mussten doch bestimmt ganz Berlin abriegeln, weil da die Hölle los war, oder?“

      „So krass war das nun auch wieder nicht“, sagte Fredi. „Aber … logisch, da war jede Menge los. Wobei – es waren auch Demonstrationen gegen dem.“

      Borowka runzelte die Stirn. „Mmh, ja, das kann ich mir denken. Mission Impossible 3 war auch nicht so gut.“ „Nein, nicht deswegen. Wegen Scientology.“ „Ach so. Ja gut. Den Film kenne ich jetzt nicht“, Borowka kratzte sich am Kopf, „aber ich find das super, dass du mit die Sabrina so viel unternimmst. Rita und ich, wir holen uns meistens bloß DVDs und sitzen zu Hause rum. Das letzte Mal, dass ich mit Rita im Kinno war, das ist schon ein paar Jahre her. Da waren wir in Heinsberg im Roxy, wo die immer die aktuellsten Filme aus den 80er Jahren zeigen. Und zwar haben wir da Flashdance geguckt. Kennst du dem noch?“

      Fredi schüttelte den Kopf, worauf Borowka eifrig fortfuhr: „Doch. Das war mit die scharfe Tussi, die nachts als Schweißerin arbeitet und tagsüber versucht, ihr Traum als Tänzerin zu verwirklichen. Die verliebt sich in ihr Chef und wird am Ende in eine berühmte Tanzschule aufgenommen. Rita hat damals das ganze Kinno zusammengeheult, dabei finde ich, dass der Film total unrealistisch war. Musst du mir mal vorstellen: In eine Szene, da schweißt die zwei Bleche zusammen und da ist die Flamme vor dem Draht und die schweißt trotzdem nach links. Das geht doch überhaupt nicht. Was macht eigentlich die Sabrina von Beruf?“

      „Jedenfalls nicht schweißen“, lachte Fredi. „Nee, die ist diplomierte Fußpflegerin. Die wohnt jetzt in Friedrichshain. Gebürtig kommt die aber aus Potsdam.“

      „Potsdam? Jetzt weiß ich, was der Haken ist. Das ist eine Ossi-Frau! Potsdam ist doch in der DDR, oder?“

      „Sag mal, geht’s noch?“, entrüstete sich Fredi. „Die DDR gibt es doch überhaupt nicht mehr. Bestimmt schon zehn Jahre nicht mehr.“

      „Bloß, weil es die Mauer nicht mehr gibt, heißt das nicht, dass es die DDR nicht mehr gibt.“

      Fredi machte eine Scheibenwischerbewegung vor seinem Gesicht. „So ein Quatsch. Weißt du, was das ist? Das ist die Mauer in dein Kopf. Das hat die Sabrina mir auch gesagt, als ich die gefragt habe, ob die ein Trabbi fährt.“

      „Was ist los? Mauer in mein Kopf? Bist du besoffen? Sag mal, bist du jetzt in Berlin Phillesofie-Professor geworden, oder was?“

      „Das hat doch damit nix zu tun. Und gerade du als Saffelener musst über Ossis erzählen. Hier, direkt an der Grenze zu Holland.“

      „Ja, jetzt reg dich mal ab“, beschwichtigte Borowka, zufrieden über den Umstand, dass Martina längst kein Thema mehr war. „Apropos Holland. Sollen wir da morgen nicht mal rüberfahren? Da gibt es ein saucooler neuer Coffee-Shop. Den hat Rita vor zwei Wochen entdeckt, wie die drüben tanken war – zusammen mit Martina und ihr neuer Typ.“ Fredi zuckte zusammen und ließ die Zigarette fallen. Ups, dachte Borowka.

      Mittwoch, 7. September 2011, 17.33 Uhr

      Will, Marlene und Peter Kleinheinz saßen um den Küchentisch und genossen den Käsekuchen und einen frisch aufgebrühten Kaffee, den Marlene sogar mit aufgeschäumter Milch verfeinert hatte. Ein Trick, den ihr eine Freundin von den katholischen Strickfrauen verraten hatte. Marlene hatte sich frisch gemacht und umgezogen, was in ihrem Fall bedeutete, dass sie jetzt einen Haushaltskittel trug. Während dieser Zeit hatte Kleinheinz Will mit großem Interesse beim Füttern der Tiere über die Schulter geschaut.

      Der Landwirt goss sich gerade die zweite Tasse Kaffee ein, als er Kleinheinz fragte: „Na, wär das Landleben nix für dich? Jetzt, wo du etwas kürzer treten willst? Ich hatte eben der Eindruck, dass du viel Spaß an die kleinen Ferkelchen hattest.“

      „Das stimmt“, strahlte Kleinheinz. „Mir war gar nicht bewusst, was Schweine für süße Tiere sind. Wie viel Lebensfreude die ausstrahlen! Ist das eigentlich normal, dass die auch alle Namen haben?“

      „Bei uns hat das Tradition“, sagte Will stolz und goss Kleinheinz ebenfalls nach, obwohl der zaghaft abwehrte. „Schon als ich ein Kind war, da hatten bei uns auf dem Hof alle Tiere Namen. Bis auf die Hühner, die konnte man so schlecht auseinanderhalten. Ich kann mich sogar erinnern, dass wir eine Zeit lang so viele Schweine hatten, dass wir manche Namen sogar doppelt vergeben mussten. Das hat natürlich auch schon mal zu Verwechslungen geführt. Wenn nachmittags zum Beispiel ein Schulkamerad von mir klingeln kam und gefragt hat: „Kommt der Will zum Spielen raus?“, da hat meine Mutter schon mal für dem gesagt: „Nee, der Will kann nicht. Der hat eben Beruhigungstabletten bekommen, der wird gleich kastriert.“

      Kleinheinz verzog das Gesicht.

      „Will!“, ermahnte Marlene ihren Mann.

      „Ist ja gut. Aber, für noch mal dadrauf zurückzukommen: Hier in Saffelen kann man gut und billig leben. Und im Neubaugebiet werden demnächst bestimmt ein paar schöne Häuser versteigert. So, wie die Zugezogenen sich da teilweise übernommen haben.“

      „Ich weiß nicht“, sagte Kleinheinz kauend, „ich glaube, ich bin eher ein Stadtmensch.“

      „Und warum wohnst du dann in Heinsberg?“, lachte Will.

      „Jetzt ist es aber gut, Will“, schimpfte Marlene. „Hör endlich auf, der Peter zu verulken. Sag mal, Peter, warum trägst du eigentlich deine Pistole am Gürtel? Ich denk, du hast Urlaub?!“ Kleinheinz blickte auf sein Holster und strich mit der Hand über seine Dienstwaffe. „Ach, weißt du, die trage ich eigentlich immer seit dem Überfall. Als ich damals im Büro niedergeschossen wurde, hatte ich keine Waffe, um mich zu verteidigen. Und das hat mich wohl irgendwie traumatisiert. Ich geh heute nicht mehr ohne Pistole vor die Tür. Aber mein Psychologe sagt, das wär völlig okay.“

      Will verschluckte sich. Verständnislos sah er den Kommissar an: „Was ist los? Du gehst nach ein Psychologe? Bist du denn …?“

      „Verrückt?“ lächelte Kleinheinz. „Ich denke nicht. Oder besser: Ich hoffe nicht. Da ist doch nichts dabei, zu einem Psychologen zu gehen. Durch den Angriff hatte ich eine sogenannte posttraumatische Belastungsstörung. Und da arbeiten wir dran. Das hat mir wirklich sehr geholfen. Ich fühle mich richtig gut. Das solltest du auch mal machen, Will. Gerade du. Was dir alles so passiert ist in den letzten Jahren! Das ein oder andere hat dich sicher auch traumatisiert.“

      Will schüttelte energisch den Kopf. „Unsinn! Also, für traumatologisiert zu werden, da habe ich nun wirklich keine Zeit. Meinst du, so ein großer Hof macht sich in der Zwischenzeit von alleine?“

      „Was hat das denn damit zu tun, Will?“, schaltete sich Marlene entrüstet in das Gespräch ein. „Als wenn man sich das aussuchen könnte! Der Dr. Hoppe hat gesagt, die Frau Jaspers

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