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      Antje Babendererde

      Lakota Moon

      Antje Babendererde, 1963 in Jena/Thüringen geboren, war zunächst als Töpferin und Arbeitstherapeutin tätig. Seit 1996 ist sie freiberufliche Autorin mit einem speziellen Interesse an der Kultur der Indianer. Nach intensiven USA-Reisen und den Besuchen verschiedener Reservate erschienen von ihr zu diesem Thema mehrere Romane für Erwachsene und der Arena-Jugendroman Der Gesang der Orcas. Lakota Moon ist ihr zweites Jugendbuch.

      Zur Erinnerung an Robert »Boo« Many Horses,

       den man am 30. Juni 1999 kopfüber

       in einem Abfallcontainer in Mobridge S.D. fand.

       Er wurde nur 22 Jahre alt.

      Ich danke der Stiftung Kulturfonds

       für die Unterstützung meiner Arbeit

       an diesem Roman.

      Veröffentlicht als E-Book 2010

       © 2005 Arena Verlag GmbH, Würzburg

       Alle Rechte vorbehalten

       Umschlaggestaltung: Frauke Schneider

       Umschlagtypografie: knaus. büro für konzeptionelle

       und visuelle identitäten, Würzburg

       ISBN 978-3-401-80113-1

      www.arena-verlag.de

       Mitreden unter arena-verlag.de

      Inhaltsverzeichnis

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

       Kapitel 7.

       Kapitel 8.

       Kapitel 9.

       Kapitel 10.

       Kapitel 11.

       Kapitel 12.

       Kapitel 13.

       Kapitel 14.

       Kapitel 15.

       Kapitel 16.

       Kapitel 17.

       Kapitel 18.

       Kapitel 19.

       Kapitel 20.

      1. Kapitel

      Ich rannte durch die Nacht. Es regnete und die Straßen der Stadt waren beinahe menschenleer. Niemand beachtete mich und das war auch gut so. Ich heulte vor Wut und Verzweiflung. Ich wollte laufen, nur noch laufen, so weit weg von zu Hause wie möglich.

      Nicht dass irgendetwas schlecht war an meinem Zuhause. Im Gegenteil, auf einmal schien es für mich nichts Schöneres zu geben als die kleine Zweizimmerwohnung im dritten Stock des alten Mietshauses, wo ich mit meiner Mutter wohnte. Auf einmal erschien mir sogar unsere Stadt attraktiv, obwohl an ihr eigentlich nichts Umwerfendes dran war.

      Ich rannte weg, weil ich bleiben wollte.

      Das klingt verrückt, aber genau so war es. Ich rannte, bis ich vollkommen durchnässt war und die kühle Luft in meine Lungen biss. Aber die Wut ließ nicht nach und der Schmerz auch nicht. Beides pochte in mir und nahm mir den Atem. Ich konnte einfach nicht fassen, was meine Mutter mir antun wollte: einen waschechten Indianer heiraten und nach Amerika auswandern.

      Ich lachte laut in die Nacht. Es klang ein bisschen irre und tatsächlich hatte ich das Gefühl, jeden Augenblick verrückt zu werden. Es war nämlich kein Spaß und ich war auch nicht im falschen Film. Meine Mutter war tatsächlich fest entschlossen diesen Rodney Bad Hand zu heiraten und mit ihm in sein Reservat nach South Dakota zu ziehen. In ein Indianerreservat!

      Und ich musste natürlich mit. Wo sollte ich denn auch hin? Ich war erst fünfzehn und meine Mutter durfte über mich bestimmen, als wäre ich ihr Eigentum. »Oliver«, hat sie gesagt, »jeder andere Junge wäre begeistert, wenn ihm ein solches Abenteuer bevorstünde.« Abenteuer! Dass ich nicht lache. Es war ein Alptraum. Ich würde irgendwo in einer klapprigen Indianerhütte ohne Wasser und Strom im Grasland hausen müssen, mit Indianern zur Schule gehen, meine Sprache nicht mehr sprechen können, meine Freunde niemals wieder sehen und Nina . . .

      . . . ach verdammt, Nina war mein Traum, meine große Liebe, der Mittelpunkt meiner Gedanken und Gefühle und nun war sie mein größtes Problem. Weil ich sie verlassen musste. In meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so schrecklich gefühlt wie nach dieser Offenbarung meiner Mutter.

      Was sollte ich bloß tun? Mein Herz flimmerte vor Liebe. Nina war für mich das aufregendste Mädchen der ganzen Schule, mit den längsten Beinen und den schönsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte. Sie war der Grund, warum ich überhaupt geboren wurde. Ich hatte mich schon vor einer Ewigkeit in Nina verliebt und sie wochenlang angehimmelt, bis ich mir endlich einen Ruck gegeben und sie angesprochen hatte. Und ich hatte unglaubliches Glück: Nina mochte mich auch. Ich meine, ich war nicht gerade der Typ, auf den die Mädchen flogen. Ich konnte ganz gut zeichnen und ein bisschen Gitarre spielen. Aber ich war nicht besonders sportlich. Körperlichen Rangeleien hielt ich mich fern, soweit dies möglich war, denn ständig eine neue Brille kaufen, das konnten wir uns nicht leisten.

      Also, meine Kondition war nicht die beste. Ich war zu schnell gewachsen und machte im Augenblick einen etwas klapprigen Eindruck. Ich war ein langer Schlaks, eine Bohnenstange, wie meine Mutter zu sagen pflegte. Mir fehlte einfach der Mumm in den Knochen. Zu Hause, in meinem Zimmer, hatte ich heimlich begonnen Gewichte zu stemmen. Vielleicht brachte das ja was, wenn ich Nina mal verteidigen musste. Unsere Stadt war zwar klein, aber trotzdem ein ziemlich heißes Pflaster, jedenfalls bei Nacht.

      Aber eigentlich war ich nicht erpicht darauf, meine Fäuste zu gebrauchen. Ich war mehr der sanftmütige Typ und hasste jede Art von Gewalt. Wahrscheinlich war es genau das, was Nina an mir gefiel. Dass ich von anderen Jungs hin und wieder als Weichei betitelt wurde, schien sie jedenfalls nicht zu stören.

      Nina, meine Traumfrau. Wir gingen jetzt seit vier Monaten miteinander und meine Mutter hatte natürlich keine Ahnung, wie weit unsere Beziehung inzwischen

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