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Freiheit in Kaponga. Jo Moe
Читать онлайн.Название Freiheit in Kaponga
Год выпуска 0
isbn 9783347032491
Автор произведения Jo Moe
Жанр Биографии и Мемуары
Издательство Readbox publishing GmbH
Dem Himmel sei gedankt, dass dann doch plötzlich und völlig unerwartet im Jahr 1989 „Die Wende“ kam. Schlagartig wurden sämtliche Türen geöffnet und es waren zahlreiche Wege hin zu viel mehr Freiheit gegeben. Endlich fanden wir uns befreit vom Krebsgeschwür der DDR sowie von seiner diktatorischen Tyrannei und waren nicht mehr eingesperrt. Nun ergriffen wir die Chance, durch die geöffneten grauen Käfigtüren durchzufahren und erstmals als Familie die erfrischende westliche Luft zu atmen. Zwei Tage nach dem Mauerfall, am 11.09.1989 um fünf Uhr in der Früh, wurden meine Brüder und ich von unserer lieben Mutter aus unseren Kinderträumen gerissen. Aber ein anderer viel schönerer Traum sollte in Erfüllung gehen. Unsere Mutti sagte mit weit aufgerissenen Augen: „Wir fahren in den Westen!“ Und jeglicher Ärger, nicht mehr in der Traumwelt zu schweben, war verschwunden. Nur wenige Minuten später saßen wir zu fünft im weißen Trabi und waren schon bald auf der Autobahn. Ja und dieser Moment bleibt unvergesslich, denn ab diesem Zeitpunkt befanden wir uns in einem Schwall aus Millionen von Lichtern, die wie ein Meer fliehender Glühwürmchen leuchteten. Sogar die komplette Autobahn bestand aus grell leuchtenden Autolampen. Es schien, als würde sich das gesamte Volk der DDR auf der Route in den Westen befinden und so dauerte es etliche Staustunden, bis wir bei klirrender Kälte dann endlich unser Ziel Bamberg erreichten. Das war unser erster Schritt in die westliche Richtung und zu diesem Zeitpunkt wurde uns erstmal bewusst, welche Tore sich für uns mit der Wende geöffnet hatten. Endlich hatten wir die Möglichkeit, andere Länder zu erkunden und daher unternahmen wir in den kommenden Jahren viele Reisen in die westlichen Nachbarländer. Am liebsten fuhren wir jedoch in das wunderschöne toskanische Italien und an die dortigen herrlichen Strände, aber machten uns auch mal auf in den Norden — nach Norwegen zum Angeln.
Während dieser Jahre schlängelte ich mich wie eine stotternde Forelle durch die Schuljahre und war sehr erleichtert, als ich 1999 mein Abitur endlich in den Flossen halten durfte. Nach der Schulpflicht folgte jedoch erstmal die nächste Pflicht — die Wehrpflicht — und noch immer war die Zeit nicht gekommen, meinen eigenen Weg zu gestalten. Trotzdem war ich guter Dinge, da mir wenigstens die Möglichkeit einer Wahl blieb, nicht wie zu DDR-Tagen, als ich nach der Schulzeit gezwungen gewesen wäre, in die Nationale Volksarmee einzutreten. Dieser Spuk war ja Gott sei Dank vorbei. Es bot sich mir die Alternative des Zivildienstes und es war mir völlig klar, dass ich mich für diesen entscheide und somit gegen den Dienst an der Waffe. Die grausige Vorstellung, eingesperrt wie ein Karnickel in einem schäbig sterilen Zimmer mit vielleicht vier bis sechs Schnarchnasen hausen zu müssen, machte mir Angst. Der Gedanke daran, mit großer Wahrscheinlichkeit frühmorgens von jemandem, für den die Rambo Filme sein Heiligtum sind, aus dem sperrigen, ungemütlichen Bett gebrüllt zu werden, erschien mir dermaßen beschränkt, dass ich natürlich liebend gerne den Zettel in die Hand nahm und meine Gründe für die Kriegsdienstverweigerung offenbarte.
Meine Bewerbung für den Zivildienst schickte ich unter anderem zum Gartenamt von Gotha und erhielt schon nach wenigen Tagen die Nachricht, dass die Friedhofsführung es begrüßen würde, mich für die nächsten zehn Monate zu beschäftigen. Aber daran, dass das Gartenamt zuständig für den Hauptfriedhof ist und sich um die parkähnliche Anlage kümmert, hatte ich natürlich überhaupt nicht gedacht. Der Gedanke, fast ein ganzes Jahr auf dem Friedhof gefangen zu sein, gefiel mir natürlich nicht besonders. Dennoch entschied ich mich dafür, weil ich bei dieser Aufgabe an der frischen Luft und nach getaner Arbeit wie dem Rasenmähen oder Bäumefrisieren, nach nur fünf Minuten Radweg, wieder zu Hause sein konnte.
Außerdem freute ich mich ein wenig darauf, mit einem Multicar umherzufahren, der den Zivis für sämtliche Tätigkeiten auf dem Gelände zur Verfügung stand. Ja, ab und an bekam ich auch mal die Gelegenheit, alleine im grünfarbigen Wagen zu sitzen, den ich dann meistens in die Nähe einiger größerer Büsche und Hecken steuerte, um mich dort für paar Minuten vor den anderen Zivis sowie der Friedhofsführung zu verstecken. Nach einiger Zeit kristallisierte sich bei der Suche nach einem ruhigen, abgeschiedenen Fleck ein besonderes Versteck heraus, was ganz am Rande des Friedhofs lag, direkt an der Grenze zur Straße, welche die Begräbnisstätte von meinem geliebten Fußballstadion trennte. Dieser Ort wurde schnell mein Lieblingsplatz, denn dort fühlte ich mich unter anderem deshalb so wohl, weil eben die Außenwelt nicht mehr so fern war. An diesem Plätzchen nahm ich mir öfters mal die Zeit, den Motor abzuschalten, meine Füße aufs Armaturenbrett zu legen und die eifrigen Eichhörnchen zu beobachten, die dort ihre Heimat gefunden hatten.
Es kam auch mal vor, dass es an manch einem Tag nicht besonders viel zu tun gab. An einem dieser Tage war es den Eichhörnchen gelungen, sich vor mir zu verstecken, so dass ich mir eine andere Beschäftigung suchen musste und dabei auf die Idee kam, den Multicar von innen etwas aufzuräumen. Beim Erfüllen dieser Aufgabe entdeckte ich ein Buch mit dem Titel „Sophies Welt“ und es wurde von diesem Moment an, als ich im abgesessenen alten Sitz des Fahrzeugs hockte, am Platz meiner Lieblingsecke, an der großen Hecke und umgeben war von urigen und uralten Bäumen, mein stiller Begleiter. Doch ob dieses Werk dafür verantwortlich war, dass in mir der Gedanke wuchs, eine Reise in die Ferne zu unternehmen, kann ich nicht mehr sagen. Eines jedoch weiß ich noch genau: dieses Buch löste allerlei Gedankengänge in mir aus. Und so fasste ich eines Tages den Entschluss, meinen dunkelblauen dreier Golf gegen eine Reise nach Australien einzutauschen. Dieser wohltuende Einfall verschönerte mir besonders an den kälter werdenden Tagen den noch zu absolvierenden Aufenthalt zwischen welken Blumen und Gräbern. Das Ende auf dem Friedhof rückte somit immer näher und mir wurde bewusst, dass ich, bevor ich eines Tages an diesem Ort selbst begraben liegen werde, viele viele Plätze dieses bunten Planeten betreten haben möchte. Doch ganz alleine wollte ich nicht unbedingt aufbrechen, allerdings da keiner meiner Freunde Zeit hatte oder sie sich nahm, musste ich mich zunächst damit abfinden, das kommende Abenteuer wohl alleine anzutreten. Je näher es heranrückte, umso unbehaglicher wurde mir schließlich der Gedanke, weshalb ich mich im Internet nach einer Reisebegleitung auf die Suche begab. Kurz vor dem Abflugtag wurde ich glücklicherweise fündig, packte später mit weniger Sorgen meinen Rucksack und entschied mich in letzter Sekunde dafür, ein kleines, leeres Buch in den beinah überfüllten Sack zu stopfen. Ja, dieses wurde dann zu meinem ersten Reisetagebuch und in der folgenden Geschichte beschreibe ich einige Anekdoten, die ich erlebte und zwar aus der Perspektive eines Zwanzigjährigen, der ich ja damals noch war.
Kapitel 2
Erste (große) Reise - Australien
Bevor ich auf meine eigene Geschichte zu sprechen komme, mag ich bloß kurz darauf hinweisen, dass ich ein paar auserwählte Sätze zur Historie Australiens im Anhang hinterlegt habe. Gern hätte ich auch schon jene Passagen genau hier an jene Stelle eingefügt, aber da mir bewusst ist, dass nicht jeder an geschichtlichen Fakten interessiert ist sowie jene Zeilen meine eigene Geschichte auch zu sehr unterbrechen würden, habe ich diese in den Hintergrund des Buches gepackt. Für all die dann folgenden Länder, von denen ich berichte, handhabe ich es auf dem gleichen Weg. Klar kann jeder solch Informationen selber aus der virtuellen Welt in Windeseile fischen, hingegen mein Gedanke ist dabei, dass es doch noch einfacher und zudem irgendwie auch gemütlicher ist, wenn man dafür mein Buch nicht extra aus der Hand legen muss. Also wer mag, darf gern in die Geschichte Australiens im Anhang hineinschnuppern.
Am 26.1.2001 stieg ich gänzlich eingenommen von purer Aufregung und Flugangst in das Innere einer größeren Boing, auf den Weg gen Melbourne. Zu dem Zeitpunkt hoffte ich, dass die Tablette, die ich kurz zuvor geschluckt hatte, ihr Versprechen halten und mich vor der wahrscheinlich vereinnahmenden Übelkeit beschützen würde. Doch schon der Gedanke daran, insgesamt 24 Stunden in einem Flieger eingeschlossen zu sein, ließ mir ein paar Schweißperlen über meine Nase flitzen. Zum Glück aber wirkte das Medikament und ich konnte zwei Kalendertage später, nach einem kurzen Zwischenstopp in Dubai und ohne irgendwelche Komplikationen, australischen Boden betreten. Ja, dieser Moment war tatsächlich noch aufregender, als dass ich mir dies zu Friedhofszeiten des Öfteren so bunt ausgemalt hatte und so fühlte ich bei meinen ersten Schritten sogar einen leichten Anflug von Schwindel in mir aufsteigen. Nachdem ich dann mit ein wenig zittrigen Händen in einem Hostel in der Altstadt eingecheckt hatte, sehnte ich mich aber zunächst erstmal nur auf eine ausgiebige Dusche. Und wie gut das tat, all den angesammelten Flugangstsenf