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herüber.

      Brandstetter wollte ihn öffnen, stellte aber fest, dass er verschlossen war.

      „Die Schlüssel.“ Der Mann hielt ihm zwei kleine Schlüssel, die von einem Metallring zusammengehalten wurden, vor das Gesicht. Heino Brandstetter nahm sie an sich und wollte sofort den Aktenkoffer aufschließen, doch der Mann legte ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm. „Nicht hier. Öffnen Sie ihn erst zu Hause.“

      Etwas widerwillig gab Brandstetter nach und ließ die Schlüssel in die Innentasche seiner Jacke gleiten. „Und wie kann ich Sie finden, wenn ich Sie brauchen sollte?“

      „Das ist nicht vorgesehen. Sie haben alles, was Sie brauchen, und wenn Sie es richtig anstellen, und davon gehe ich aus, wird bald jeder in dieser Republik Ihren Namen kennen. Gehen Sie jetzt und machen Sie das Beste daraus.“ Der Mann gab ihm kurz die Hand und sagte: „Viel Glück. Passen Sie auf sich auf.“ Dann deutete er erneut mit einer knappen Kopfbewegung an, dass Brandstetter nun aussteigen solle. Kaum war dies geschehen, sprang auch schon der Motor des BMW an und der Wagen setzte sich eilig in Richtung Straße in Bewegung. Schnell merkte er sich noch das Kennzeichen, bevor der Wagen auch schon um die Ecke verschwunden war. Das Fahrzeug war in Düsseldorf zugelassen.

      Da stand er nun, Heino Brandstetter, seines Zeichens ein bekannter, freiberuflicher, investigativer Journalist, alleine auf einem dunklen Parkplatz mitten in Köln, einen Aktenkoffer mit höchst brisantem Material in der Hand, und konnte noch immer nicht glauben, was er da gerade gehört hatte! Und unwillkürlich fragte er sich, was habe ich mir da bloß eingehandelt?

      Noch auf dem Weg zu seinem Wagen überlegte er, was der Mann wohl damit meinte, als er erklärte, er hätte keine Zeit mehr, das Ganze an die Öffentlichkeit zu bringen ……

       7.

      Es hatte fast die ganze Nacht hindurch ununterbrochen geregnet. Meist war es nur ein leichter Nieselregen, aber dennoch unangenehm, zumal das nasse Wetter von teils kräftigen Windböen begleitet wurde. Auch an diesem Morgen des 24. März nieselte es noch unentwegt. Alex Berger war schon früh im Büro erschienen – das machte er immer, wenn er eine unruhige Nacht hinter sich hatte. Und die letzte war unruhig gewesen! Im Bett liegend hatte er versucht, seine Gedanken zu ordnen, was ihm aber nicht gelang. Irgendwann war er aufgestanden und hatte sich vor den Fernseher gesetzt, in der Hoffnung, wenigstens dort etwas abschalten zu können. Nachdem auch das nicht funktionierte, schaltete er die Kaffeemaschine ein, ging kurz unter die Dusche, frühstückte um 5 Uhr 20 und fuhr eine Stunde danach ins Büro. Er hasste solche Nächte, aber leider kamen sie zu häufig vor in seinem Job. Es war nicht immer möglich, alle Gedanken und Bilder aus dem Kopf zu bekommen. Sie ergriffen ungefragt Besitz von einem und ließen nicht mehr los, bis die Dämmerung aufzog und es langsam hell wurde.

      Nun saß er hier an seinem Schreibtisch und das Grübeln ging weiter. Wie er die Sache auch wendete und drehte, er konnte einfach noch keinen konkreten Ansatzpunkt in diesem neuen Mordfall erkennen, außer der Tatsache, dass die Brunex AG legalen Handel mit Waffen betrieb und Kleinschmidt dort Mitarbeiter war. Es gab einfach noch zu wenige aussagekräftige Fakten und Informationen, die sich zu einem erkennbaren Bild zusammenfügen ließen.

      Gerade hatte er sich einen Kaffee geholt und sich an seinem Schreibtisch niedergelassen. Er trank den heißen Kaffee nachdenklich in kleinen Schlucken und starrte auf das noch leere Fallboard rechts neben der Bürotür. Im nächsten Moment stand er auf und ging hinüber zum Board, in dessen Mitte er das Foto des ermordeten Robert Kleinschmidt platzierte. „Dann fangen wir doch mal an“, murmelte er vor sich hin, nahm einen weißen Marker und schrieb unter das Foto: „Robert Kleinschmidt, ermordet 22. März, Tatort und Fundort Stoll AG, Deutzer Hafen.“ Um das Foto und den Eintrag zog er einen Rahmen. Dann zog er einen Pfeil nach oben und schrieb „Brunex AG, Waffenmakler in Bonn, Arbeitgeber R. Kleinschmidt“ darüber. Auch um diesen Eintrag zog er einen Rahmen. Die brisante Frage war, ob der Mord an Kleinschmidt nun wirklich etwas mit seiner Tätigkeit bei der Brunex AG zu tun hatte, oder ob es für seinen gewaltsamen Tod noch eine völlig andere Erklärung gab.

      In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Berger ging zu seinem Schreibtisch und nahm den Hörer ab. Ein Kollege der KTU rief an und teilte mit, dass sie das Projektil am Tatort zwischen den Containern gefunden hatten. Es wurde gerade im Labor spezifisch auf markante Merkmale untersucht. Im Laufe des Vormittags hätte man mit großer Wahrscheinlichkeit genauere Erkenntnisse darüber, ob die Waffe schon einmal in einem anderen Fall aufgetaucht war. Keine fünf Minuten später rief auch noch Arndt Köster aus der Rechtsmedizin an und bat Berger, um 9 Uhr kurz bei ihm vorbeizukommen. „Es gibt einige interessante Neuigkeiten, die ihr euch mal anhören solltet“, meinte er, ohne nähere Angaben zu machen.

      Kaum hatte Berger aufgelegt, da öffnete sich die Bürotür und sein Kollege Jan Scheuer kam herein. „Verdammtes Scheißwetter“, fluchte dieser leise vor sich hin. Er warf die Lederjacke mit Schwung über die Lehne seines Bürostuhls, fuhr sich mit beiden Händen durch die tropfnassen Haare und musterte seinen älteren Kollegen mit fragendem Blick.

      „Morgen, Alex, mal wieder schlecht geschlafen, stimmt‘s?“ Berger nickte nur. „Gibt’s was Neues?“

      „Ja, war mal wieder unruhig, heute Nacht. Aber die KTU hat sich gemeldet. Das Projektil wurde gefunden. Arndt Köster hat gerade eben angerufen, wir sollen ihn gegen 9 Uhr mit unserem Besuch beehren. Er hätte uns einiges mitzuteilen, meint er.“ Berger saß an seinem Schreibtisch und nippte in kleinen Schlucken an seinem Kaffee, schwarz, ohne Zucker, und ohne den Blick vom Fallboard zu nehmen.

      „Und was machst Du da?“ Jan Scheuer folgte Bergers starrer Blickrichtung.

      „Ich wollte einfach mal sehen, was Robert Kleinschmidt uns so alles erzählen kann.“

      „Wohl noch nicht allzu viel, wie es scheint.“

      Berger trat wieder an das Fallboard und dachte laut nach: „Also, was wissen wir bisher? Fassen wir kurz zusammen: Wir haben eine männliche Leiche, im Container der Metallhandelsfirma Stoll auf dem Gelände des Deutzer Hafens aufgefunden. Und der Mann arbeitete bei einem Waffenmakler, der Brunex AG in Bonn-Beuel.“ Er zeigte mit dem Finger auf den Eintrag obendrüber. „Die Todesursache: Er wurde mit einem Kopfschuss getötet, oder besser gesagt, regelrecht hingerichtet …“

      „… und der Tote heißt Robert Kleinschmidt, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in Köln-Rodenkirchen und arbeitete bei einer Firma namens Brunex AG, die laut der unermüdlichen Recherche unseres geschätzten Kollegen Chris Dahlmann offiziell und im Auftrag der Regierung mit Waffen handelt …“, ergänzte Scheuer, während er sich neben den Kollegen Berger vor das Fallboard stellte und diesem zusah, wie der dort alles fein säuberlich vermerkte.

      „Was würdest du daraus schließen?“

      „Dass hier etwas faul ist im Staate Dänemark! Waffenhandel und ermordeter Mitarbeiter eines Waffenmaklers – da gehen bei mir doch sofort alle Lampen an. Bei dir etwa nicht?“

      „Natürlich! Aber die entscheidenden Fragen sind doch: Erstens – warum musste Robert Kleinschmidt sterben? Hatte er irgendetwas in Erfahrung gebracht, was er nicht hätte sehen sollen?

      War er vielleicht selbst involviert oder war er von außerhalb der Firma unter Druck gesetzt worden, weil man über ihn an bestimmte Informationen kommen wollte? Hier wären alle drei Varianten denkbar. Oder aber: Die Tat hat doch nichts mit seiner Tätigkeit bei der Brunex zu tun. Was ist dann der Hintergrund? Zweitens: War der Tatort, der auch Fundort der Leiche ist, zufällig ausgewählt oder gibt es sogar einen Zusammenhang zwischen dem Mord und der Metallhandelsfirma? Und drittens: Was ist mit Kleinschmidts Audi A8 passiert? Den haben wir noch nicht gefunden.“

      „Viertens: Von wem wurde Robert Kleinschmidt ermordet? Die Art seines Todes deutet jedenfalls auf Profis hin. Und den Misshandlungen zufolge wollte man Informationen von ihm.“ Jan Scheuer ging nahe an das Board und tippte mit dem Zeigefinger auf den Eintrag „Brunex AG“. „Ich vermute mal, hier liegt der Schlüssel auf die Antwort der ersten Frage. Er könnte etwas herausgefunden haben …! Denen sollten wir später mal einen Besuch abstatten und …“

      Er wurde jäh mitten

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