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Shinobi - Dem Untergang geweiht. Danny Seel
Читать онлайн.Название Shinobi - Dem Untergang geweiht
Год выпуска 0
isbn 9783749736225
Автор произведения Danny Seel
Жанр Контркультура
Серия Shinobi
Издательство Readbox publishing GmbH
Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass sie feigherzig waren, obgleich dies oft propagiert wird – genau das Gegenteil trifft hier zu. Wenn sich ein Shinobi auf eine Mission begab, wurde von ihm eine starke Ausdauer verlangt, wobei er jederzeit bereit sein musste, seinem Tod gegenüberzutreten. Während sich Samurai in Schlachten für ihren Herrn aufopfern konnten, durften die Shinobi, die in einem Einsatz waren, es nicht, da es für sie unentbehrlich war, mit den beschaffenen Informationen zurückzukehren.
Die Informationsgewinnung, Sabotage, Spionage sowie viele andere Fähigkeiten der Shinobi trieben nicht wenige Daimyō, Kriegsherren, dazu, diese einzusetzen. Die Fertigkeiten dieser Spione waren hochgeschätzt, weil ihre Arbeit oftmals darin bestand, auf Taten zurückgreifen zu müssen, die nicht jeder bereit war auszuüben, wie beispielsweise das Eindringen in das Haus bzw. die Festung eines anderen.
Die Samurai kämpften offen auf dem Schlachtfeld mit einem Banner auf dem Rücken, um für andere identifizierbar zu sein. Die Shinobi dagegen mussten bei einigen geheimen Nachtoperationen unglaublich schwierige Missionen bewerkstelligen, wie zum Beispiel in einer Burg Chaos anrichten, Brandstiftung verursachen oder gar die Tore einer Festung öffnen. Sobald ihr Auftrag ausgeführt worden war, würden Samurai in die Festung strömen und sämtlichen Ruhm ernten, obwohl die schwierigste Aufgabe von Shinobi erledigt wurde.
Dennoch sollte der Leser nicht die Annahme machen, dass Samurai und Shinobi zwei Gegensätze waren. Ganz im Gegenteil: Ein Samurai konnte auch zugleich ein Shinobi sein, denn der Letztere war nichts Weiteres als die japanische Variante eines Spions und Kundschafters. Anders gesagt, ein Samurai zu sein, hieß zu der Führungsklasse zu gehören und gewisse Ideologien zu vertreten, während ein Shinobi zu sein, eine bestimmte Art von Arbeit zu verrichten bedeutete.
Das zweite Buch dieser Reihe findet anderthalb Jahre nach dem Ende des ersten Bandes statt, und zwar nach Nobukatsus fehlgeschlagener Invasion. Im Laufe dieser kurzen Periode stellte sein Vater, Oda Nobunaga, eine riesige Armee auf, um Iga zu annektieren.
Währenddessen lebten die Iga in ängstlicher Erwartung auf die Fortsetzung des Krieges mit dem Oda-Clan. Da sie keine wahren Verbündeten hatten und weil die Bevölkerung dieser kleinen Provinz zahlenmäßig unbedeutend war, konnten sie keine neuen Krieger rekrutieren oder auswärtig nach Hilfe suchen. Sie waren vollkommen auf sich alleine gestellt.
1. Der Schicksalstag
Japan, irgendwo in Izumi, April 1581
Stolz auf seinem Schlachtross sitzend, stieß Ashida Iemitsu einen langen Seufzer aus, als er seinen Landbesitz musterte. Die letzten, goldenen Sonnenstrahlen der untergehenden Abendsonne schienen auf die Landschaft vor ihm sowie auf einen kleinen Fluss herab, der sich durch die vielen Reisfelder schlängelte. Das cyanblaue Wasser glänzte dabei wie ein Saphir. Der leichte Wind wehte sanft über die Felder und ließ das saftig grüne Gras des Flachlands rascheln, das auf eine Vegetation hinwies, die sich perfekt für den Ackerbau eignete. Kleine Bauernhäuser standen hier und da zwischen den Feldern, auf denen Bauern ihr Tageswerk verrichteten.
Iemitsu schmunzelte zufrieden. Vor einem Monat war er endlich nach einer Militärkampagne nach Hause zurückgekehrt und konnte hier vorübergehend sein Leben in Frieden genießen. Er war einer der wenigen Jizamurai, die es noch zu dieser Zeit gab. Den meisten dieser Landsamurai mit Landgut waren ihre Macht und ihr Landbesitz bereits entweder von Stadtsamurai oder von den Daimyō, den Kriegsherren, die eine oder mehrere Provinzen besaßen, entzogen worden. Obwohl das Land ursprünglich von vielen Jizamurai bevölkert war, nahm ihre Zahl nun deutlich ab und sie mussten ihre Macht abgeben.
Mit diesen Gedanken im Sinn drehte er sich um und ritt zu seinem Anwesen zurück, das von einer Pflastermauer, deren unterster Teil aus Stein gebaut war, umzäunt war. Der Samurai am Tor verbeugte sich tief, als er sich ihm näherte.
„Ein wunderschöner Abend, nicht wahr?“, meinte Iemitsu, während er vom Pferd stieg.
„Jawohl, Sir“, antwortete der Bushi, der Samurai. „Das erhellt auch das Gemüt der Bauern – sie arbeiten fleißiger.“
„In der Tat“, murmelte Iemitsu und überreichte die Zügel seines Pferdes einem Diener, der es sofort zu einem Stall hinführte.
Glücklich betrat der Jizamurai den Vorhof seines kleinen Anwesens und sah sich um. Ein mittelgroßes Haus stand etwas hinten in der Mitte des von den Mauern eingeschlossenen Bereichs, während eine hölzerne Veranda das Gebäude umkreiste. Kleine Steintrittplatten vom Eingang dieses Hauses führten zu einem wunderschönen Garten. In diesem befand sich ein runder Teich mit Wasserlilien, der von einer kleinen, hölzernen Brücke überquert wurde. Kieswege schlängelten sich zwischen Büschen, Blumen und einigen Kirschbäumen, deren Blüten, seitlich von den Sonnenstrahlen erhellt, äußerst atemberaubend vorkamen. Zwei weitere, kleine, hölzerne Gebäude, die jeweils aus einem einzelnen Zimmer bestanden, befanden sich ebenfalls im Hof und Iemitsu ging direkt auf eines davon zu, während er einer vorbeieilenden Magd befahl, stehen zu bleiben.
„Habt ihr schon mein Bad vorbereitet?“, erkundigte er sich.
Die Magd verbeugte sich tief. „Ja, Ashidasama. Kaiisan sollte eigentlich schon das Wasser warm gemacht haben.“
„Gut“, war alles, was Iemitsu von sich gab, als er auf das Gebäude zuging. In Erwartung des kommenden, entspannenden Bads beschleunigte er ein wenig seinen Schritt.
„Kaiisan, sind Sie da?“, wollte er wissen, als er gut gelaunt eine Seitentür öffnete und das kleine Gebäude betrat. Was er jedoch als Nächstes sah, ließ ihn schlagartig erstarren.
Vor ihm stand eine lange Steinbank sowie eine große Holzwanne in der Mitte des Zimmers. Doch anstatt von heißem Wasser war die Wanne mit etwas ganz anderem gefüllt; mit einer furchterregenden Flüssigkeit, die er gehofft hatte, nicht wiedersehen zu müssen, bis sein Daimyō erneut seine Dienste in Anspruch nahm: Blut.
Was ihn jedoch am meisten erschreckte, war Kaii, der selbst in der Wanne lag und seine weit aufgerissenen Augen entsetzt auf ihn heftete.
„Kaiisan?“, wagte Iemitsu es schließlich hervorzubringen, als er bestürzt die Leiche seines Dieners anstarrte. Verkrampft griff er nach dem Katana, dem Langschwert, das er immer bei sich trug.
Plötzlich hörte er, wie sich die Tür hinter ihm schloss. Instinktiv drehte er sich um, bereit sein Leben zu verteidigen. Doch niemand war da. Panik stieg in ihm auf und er wollte gerade die Tür öffnen, um seine Wachen zu alarmieren, als er auf einmal eine Stimme hinter sich vernahm.
„Ich habe Sie schon erwartet, Ashidasama.“
Schwer atmend vor Angst, fuhr Iemitsu blitzschnell herum, wobei er sein Schwert direkt vor sich hielt. Der Anblick, der sich ihm bot, brachte beinahe sein Herz zum Stillstand. Ein furchteinflößender Dämon, mit knallrotem Gesicht und Hörnern auf der Stirn, in einem einfachen grauen Kimono, ein Gewand aus Baumwolle, starrte ihn höhnisch grinsend an.
Unmöglich, dachte der Jizamurai und jeglicher Mut verließ ihn.
„Setzen Sie sich“, forderte ihn der Dämon gelassen auf. „Wir haben einiges zu besprechen.“
Erst jetzt stellte Iemitsu fest, dass sein Gegenüber kein Dämon war, sondern lediglich nur eine Maske trug, denn beim Sprechen verzog sich kein einziger seiner Mundwinkel. Etwas ermutigt, aber immer noch in Alarmbereitschaft versetzt, schluckte der Jizamurai seine Furcht hinunter.
„Was wollen Sie von mir?“, verlangte er.
Mit Ausnahme seiner Augen, die Iemitsu abschätzend musterten, blieb der Fremde vollkommen bewegungslos.
„Beantwortet mir lediglich nur eine einzige Frage und ich bin nie hier gewesen.“
„Und wie lautet die Frage?“, wollte der Jizamurai wissen.
Misstrauisch verengte er die Augen und sah sich eilig um, um weitere „Dämonen“ ausfindig zu machen, die sich womöglich in diesem Gebäude versteckt hatten. Der Blick des Unbekannten, der vorher aufgrund Iemitsus Reaktion auf Befriedigung gedeutet hatte, wurde todernst.
„Wo