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Heathens Ink: Mein Heiler. K.M. Neuhold
Читать онлайн.Название Heathens Ink: Mein Heiler
Год выпуска 0
isbn 9783958238275
Автор произведения K.M. Neuhold
Жанр Языкознание
Серия Heathens Ink
Издательство Bookwire
Kapitel 4
Zwei Monate später
Gage
»Was machst du heute Abend?«, fragt Adam, nachdem ich meinen letzten Kunden an diesem Tag verabschiedet habe.
»Hab nichts vor«, antworte ich schulterzuckend.
»Dann gehst du mit uns aus. Wir gehen zu dieser Burlesque-Aufführung mit männlichen Tänzern. Das wird ein Riesenspaß.«
»Es kommt mir immer noch so schräg vor, wenn ich daran denke, dass du auf Kerle stehst«, sage ich grüblerisch.
»Wenn du einen Nachweis brauchst, wie sehr ich es liebe, von einem Mann gefickt zu werden, kann Nox für mich bürgen«, neckt er mich.
Ich zucke zusammen, als ich mir vorstelle, wie mein bester Freund mit irgendjemandem Sex hat.
»Eklig, Alter.«
Adam schlägt mir lachend gegen den Arm.
»Du kommst doch mit, oder?«
»Denke schon«, stimme ich halbherzig zu. Mir fällt keine Ausrede ein, also ist es einfacher, als zu diskutieren.
»Versuch, nicht zu begeistert zu klingen.«
»Würde mir nicht im Traum einfallen.«
***
»Wie hast du überhaupt hiervon erfahren?«, frage ich Adam, als wir alle in dem vollen Theater in der Innenstadt sitzen.
»Das ist ganz seltsam, ich habe von Johnnys Gedächtnisseite auf Facebook eine Einladung zu dieser Veranstaltung bekommen. Muss ein Fehler gewesen sein. Ist das nicht gruselig?«
»Das ist irgendwie abgefuckt.«
»Ja«, stimmt Adam schulterzuckend zu. »Schien aber cool zu sein, also werde ich nicht wegen eines beunruhigenden Fehlers drauf verzichten. Das wird lustig, versuch, es zu genießen.«
Ich nicke zustimmend und lehne mich auf meinem Sitz zurück, als die Lichter flackern, um anzukündigen, dass die Show gleich beginnen wird.
Ich muss zugeben, dass diese Jungs Talent haben. Eine Darbietung nach der anderen kommt und geht auf der Bühne, von klassischen Burlesque-Tänzern bis hin zu etwas, das scheinbar moderne Tanzgruppen sind. Alle sind erstaunlich in ihrem Talent. Als die vorletzte Gruppe auf die Bühne kommt, stockt mir der Atem, als ich Beck erkenne – den Kerl, den ich vor zwei Monaten tätowiert habe.
Beck steht zusammen mit sieben anderen Männern in zwei Reihen auf der Bühne. Sie alle tragen rote High Heels und schwarze Bodysuits. Die Musik beginnt langsam und ihre Bewegungen passen dazu, hypnotisierend und geschmeidig. Dann geht sie in einen schnelleren Hip-Hop-Rhythmus über und die Jungs zeigen einige komplizierte und ehrfurchtgebietende Tanzschritte. Mein Blick klebt die ganze Zeit an Beck. Wie sich sein Körper bewegt und mit dem Beat geht, macht es mir unmöglich, woanders hinzusehen.
Sein Gesicht ist eine Maske der Verzückung, während er selbst die personifizierte Musik wird. Atemberaubend ist das einzige Wort, das mir dazu einfällt.
Ich bin noch immer wie berauscht, als er die Bühne verlässt und ich registriere die nächste Darbietung nicht einmal, weil mein Kopf zu sehr damit beschäftigt ist, Becks Tanz noch einmal abzuspielen.
Als die Lichter wieder angehen und sich alle in Richtung Ausgang schieben, brauche ich immer noch ein paar Minuten, um meinen Kopf wieder frei zu bekommen.
»Trinken wir was bei Miller's«, schlägt Adam vor und deutet auf eine Bar ein Stück die Straße runter.
Alle stimmen zu und als ich meine Hände in die Taschen schiebe, wird mir klar, dass mein Handy fehlt.
»Scheiße, ich glaube, mir ist das Handy aus der Tasche gefallen. Ich komme gleich nach, ich muss noch mal rein.«
***
Beck
Auf der dunklen Bühne im leeren Theater gehe ich noch einmal die Stellen in der Choreografie durch, die sich nicht vollkommen natürlich angefühlt haben. Dieses Mal gelingt es mir, die Schritte etwas selbstbewusster auszuführen, deshalb wiederhole ich sie noch einmal, nur um sicher zu sein.
Nach dem vierten Durchgang sehe ich auf und stelle fest, dass der Tattookünstler mit den pinken Haaren in dem ansonsten verlassenen Theater steht und mich beobachtet.
»Hey«, rufe ich und nicke ihm zu.
»Hey«, erwidert er. »Entschuldige, hab mein Handy fallen lassen und als ich zurückgekommen bin, hast du getanzt…«
»Ist schon okay. Das kommt jetzt vielleicht überraschend, aber es stört mich nicht, wenn mir Leute beim Tanzen zusehen.«
»Du bist wirklich gut. Wie bist du dazu gekommen? Ist es ein Hobby oder eine Vollzeit-Sache?«
Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und meine Beine fühlen sich schwach an. Es ist unmöglich, diese Frage ehrlich zu beantworten, ohne über Brianna zu sprechen. Aber aus irgendeinem Grund will ich es ihm erzählen.
»Ich habe schon immer gern getanzt und als ich jung war, habe ich davon geträumt, es beruflich zu machen. Aber du weißt ja, wie das Leben manchmal spielt. Eines Tages bin ich mit einem Job aufgewacht, den ich hasse, und hatte keine Zeit mehr, irgendetwas zu genießen – ganz zu schweigen vom Tanzen. Dann ist vor einem Jahr meine Zwillingsschwester gestorben.« Ich schlucke und versuche, meinen trockenen Mund zu befeuchten. »Es ging ihr gut. Sie war dreißig und gesund. Und dann eines Tages, bäm, Hirnaneurysma. Der Arzt meinte, dass sie unmöglich hätte wissen können, dass ihr Kopf eine tickende Zeitbombe war. Dadurch ist mir klar geworden, wie kurz das Leben ist und dass ich mir die Zeit nehmen muss, Dinge zu genießen.« Ich breite die Arme aus, um auf das Theater um uns herum zu deuten. »Bri wäre stolz gewesen; sie hat mich immer gedrängt, meiner Leidenschaft zu folgen, anstatt meine Zeit hinter einem Schreibtisch zu verschwenden. Ich warte immer noch darauf, dass die Zeit anfängt, alle Wunden zu heilen.«
»Das tut sie nicht«, wirft Gage mit sanfter und trauriger Stimme ein. »Irgendwann wird es an den Rändern weicher. Aber die fehlende Präsenz dieser Person wird immer da sein.«
»Wer war es bei dir?«
Sein Gesichtsausdruck fällt in sich zusammen und ich weiß, dass er um Worte ringt. Als er mich wieder ansieht, schimmert Schmerz in seinen Augen.
»Mein Freund, Johnny. Es ist fast zehn Jahre her.«
»Mein herzliches Beileid.«
»Danke. Dir auch.«
»Geht es nur mir so oder schreit eine so deprimierende Unterhaltung wie diese nach einem Drink?«
»Oh, also, ich soll mich mit meinen Freunden im Miller's die Straße runter treffen.«
»Gut. Ich wette, dass es dort sogar Drinks gibt. Du kannst mir einen ausgeben.« Ich zwinkere ihm zu, ehe ich von der Bühne hüpfe. »Macht es dir was aus, zwei Minuten zu warten, während ich mich umziehe?«
Gage sieht überrascht aus, nickt aber zustimmend.
Ich stolziere zurück zur Garderobe und wiege meine Hüften ein bisschen mehr. Gage ist süß und ich habe eine Schwäche für verwundete Seelen. Außerdem hat er Freund gesagt, was bedeutet, dass ich eine Chance habe.
In der Garderobe ziehe ich mein Kostüm aus und schlüpfe in eine Leggings und ein lilafarbenes, schulterfreies Oberteil. Es schreit förmlich Flashdance. Dann tausche ich meine High Heels gegen Ballerinas und frische mein Make-up auf. Nachdem ich mich kurz von oben bis unten im Spiegel gemustert habe, bin ich bereit für mein spontanes Quasi-Date mit dem heißen Tattookünstler.
Als ich wieder in den Zuschauersaal komme, bin ich ein wenig überrascht, dass Gage noch immer wartet. Die Chancen standen gut, dass er abhauen würde.
Sein