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weitere Sitzgelegenheiten. Billy the Kid, Holgers neues Pony, knabberte am Heu und Bibi und Tina hängten Lichterketten auf.

      »Was ist, wenn Chico immer die Pflicht wählt?«, fragte Tina.

      »Dann fällt mir schon was ein«, antwortete Bibi voller Zuversicht.

      Da betrat Graf Falko mit energischem Schritt die Scheune, gefolgt von Alex.

      »Entschuldige bitte die Verspätung, Susanne«, rief er laut. »Aber mein Herr Sohn und dieses unnütze Praktikum, mit dem er so viel Zeit verplempert …«

      Frau Martin verstand seine Aufregung nicht und sagte beschwichtigend: »Zwei Minuten Verspätung, Falko!«

      »Fünf Minuten vor der Zeit ist des Kaisers Pünktlichkeit«, widersprach der Graf, für den jede Minute Verspätung ein persönlicher Angriff war.

      »Ja, Vater, und die Zeit ist zum Glück längst vorbei«, grummelte Alex.

      Tina begrüßte ihn mit einem Kuss. »Oh, gute Laune?«

      »Na ja, mal ehrlich! Wahrheit oder Pflicht? Mit meinem Vater?«, gab Alex missmutig zurück.

      Bibi sagte: »War nicht meine Idee … also das mit deinem Vater.« Sie schaute bedeutsam zu Chico, der sich ein bisschen frisch gemacht hatte und nun auch in die Scheune marschierte. Er war es, der Graf Falko eingeladen hatte, ohne das mit ihnen vorher abzusprechen.

      »Ich dachte, du freust dich«, verteidigte sich Chico gegenüber Alex. »En España spielt immer die ganze Familie zusammen.«

      Alex lächelte schwach. »Die ganze Familie! Da ist bei uns ja nicht viel zu holen. Als Einzelkind hat man es echt nicht leicht.«

      Chico nickte. »Glaub mir. Ich weiß zu gut, was du meinst. Aber das kann sich ja vielleicht noch ändern.«

      Alex schaute ihn stirnrunzelnd an, genau wie Bibi und Tina.

      Zum Erstaunen aller tauchte in diesem Moment auch Freddy in der Scheune auf. »Hab im Radio gehört, dass ihr einen Spieleabend macht! Da bin ich natürlich auch dabei!« Mit einem schnellen Griff nahm er sich ein Stück Kuchen vom Büfett und biss genüsslich hinein: »Keine Party ohne Freddy!«

      Wahrheit oder Pflicht

      Alle hatten erwartungsvoll Platz genommen. Die Ferienkinder saßen auf dem ausrangierten Sofa und schauten aufgeregt zu Freddy, der ein Heulen ausstieß und dann mit gruseligem Unterton sagte:

      »Schon gehört? Hier soll’s jetzt wieder Wölfe geben!« Eine Nachricht, die den Ferienkindern sichtlich Respekt einflößte.

      Tina seufzte. »Oh, Freddy!« Warum musste er immer andere ärgern?

      »Es geht nur um einen jungen Wolf auf der Durchreise, der von seinem Rudel verstoßen wurde«, stellte Frau Martin schnell klar. Kein Grund zur Panik also. Und damit war das Thema hoffentlich für alle erledigt.

      Doch Graf Falko wollte auch noch unbedingt seinen Senf dazugeben. »Homo homini lupus est! Nicht das Tier – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf!«

      Alex verdrehte die Augen.

      Freddy zuckte nur mit den Achseln. »Ich kann kein Französisch.« Ihn kümmerte nicht, dass Graf Falkos Spruch lateinisch war.

      »Wölfe interessieren sich nicht für Menschen«, beruhigte Frau Martin die Ferienkinder.

      »Und für so kleine Stinker wie euch sowieso nicht«, fügte Holger an. Er saß mit Billy the Kid neben ihnen.

      Bibi blickte argwöhnisch zu Chico, der neben Graf Falko Platz genommen hatte, und fragte Tina leise: »Was hat Chico eben damit gemeint? Von wegen Einzelkind … und dass sich das vielleicht ja noch ändern kann?«

      Tina zuckte kurz mit den Schultern. Sie hatte keine Ahnung, worauf Chico anspielte. Aber vor allem wollte sie endlich mit dem Spiel beginnen.

      Zum Glück machte Frau Martin dem Geplänkel ein Ende. »So, dann möge der …« Suchend schaute sie sich um. Graf Falko erhob sich erwartungsvoll.

      »… der Kleinste darf beginnen!«, vollendete Susanne Martin ihren Satz.

      Etwas enttäuscht setzte der Graf sich wieder, während Finn begeistert zum Tisch ging. Schnell drehte er die Flasche, die mit Schwung kreiselte, langsamer wurde und schließlich, als sie zum Stillstand kam, direkt auf Chico zeigte.

      Bibi sah Tina gespannt an. Ging ja schon mal gut los.

      Finn fragte: »Wahrheit oder Pflicht?«

      Chico zögerte kurz und antwortete dann: »Ich nehme Pflicht!«

      »War ja klar«, sagte Bibi leise.

      Finns Aufgabe für Chico lautete, eine Zitrone zu essen. »Na gut, wenn du das möchtest.«

      Beherzt biss Chico hinein und verzog sein Gesicht. War die sauer! Alle lachten. Aber Pflicht war eben Pflicht.

      Und so ging es fröhlich weiter. Freddy macht es einen Heidenspaß, pflichtgemäß lang und ausgiebig zu rülpsen. Frau Martin musste Graf Falko den Finger ins Ohr stecken. Malaika bemühte sich, ernst zu bleiben, obwohl alle die lustigsten Grimassen machten, um sie zum Lachen zu bringen. Und sie schaffte es tatsächlich, keine Miene zu verziehen, weswegen sie nun die Flasche drehen durfte.

      Langsam wurde Graf Falko ungeduldig. Er wollte auch unbedingt mal drankommen. Von wegen, die Flasche zeigte schließlich auf Holger.

      »Wahrheit oder Pflicht?«, fragte Malaika.

      »Wahrheit«, wählte Holger mit lässiger Geste.

      Offenbar hatte er nichts zu verbergen.

      Malaika fragte: »Wo wärst du gerade am liebsten?«

      Graf Falko verdrehte die Augen. »Och, das interessiert doch wirklich niemanden!«

      »In Norwegen!«, antwortete Holger unbeirrt.

      Tina stutzte: »Warum Norwegen?« Sie wusste ja nicht, dass Holger an Kim Win Win dachte, die geschäftstüchtige junge Frau, die es ihm so angetan hatte. Sie wollte eine bestimmte Pferdeweide vom Martinshof kaufen, um wertvollen Kies abzubauen. Sie hatte Holger bei einem Treffen in der Eisdiele erzählt, dass ihre Geschäfte sie demnächst nach Norwegen führten.

      Tinas Bruder sah gar nicht ein, warum er Tina irgendetwas davon verraten sollte und verwies auf die Spielregeln: »Tina! Nur eine Frage.«

      Doch Freddy schien was zu ahnen und fragte mit einem breiten Grinsen: »Wegen einer Liebschaft oder so?«

      Aber auch darauf lächelte Holger nur geheimnisvoll.

      Kennen Sie eine Elena?

      Die Flasche drehte sich und drehte sich – und endlich war auch Graf Falko an der Reihe. Auf Ellis Frage nach Wahrheit oder Pflicht stand er auf und räusperte sich: »Selbstverständlich nehme ich die Wahrheit! Adel steht schließlich für Aufrichtigkeit, Gradlinigkeit und Rückgrat!«

      Mit Ellis Frage hatte er allerdings nicht gerechnet, denn die lautete: »Hast du schon mal gepupst?«

      Doch der Graf ließ sich nichts anmerken und nickte ernsthaft: »Natürlich habe ich schon mal ›gepupst‹ . Da bin ich ganz bei Luther: Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmecket?« Er nickte den Ferienkindern selbstgefällig zu, die sein altes Zitat überhaupt nicht verstanden. »Könnt ihr euch mal merken!« Voller Elan drehte nun der Graf die Flasche. Sie wirbelte im Kreis, wurde langsamer und langsamer …

      Bibi flüsterte Tina zu: »Kann Chico endlich mal wieder drankommen?«

      Doch die Flasche drehte sich weiter und trudelte in Holgers Richtung aus. »Das ist für Billy«, wies Holger auf sein

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