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hatte der Großvater wohl gerechnet und in einem letzten Brief an meinen Vater diesen gebeten, sich Manuelas anzunehmen, falls er sterben sollte. Mein Vater fuhr also nach seiner alten Heimat.

      Die Verhältnisse, die mein Vater dort unten vorfand, waren derartig, daß mein Vater es als seine Pflicht erachtete, Manuela, sein Mündel, mit nach Deutschland zu nehmen.

      Vier Jahre, weilte die damals zwölfjährige Manuela in deutschen Pensionaten. Als sie sechzehn Jahre alt geworden war, wünschte sie Eltern und Geschwister wiederzusehen. So kehrte sie denn zu ihnen zurück. Man begrüßte sie gnädiger, als man sie vor Jahren verabschiedet hatte und suchte sie schleunigst zu verheiraten.

      Es fand sich auch ein Mann von bestechendem, betörendem Äußern, dem das Herz des unerfahrenen, jungen Mädchens im Sturm zuflog. Es traf sie deshalb fast zu Tode, als sie – einige Tage vor der Hochzeit – Zeuge sein mußte, wie er sie mit ihrer Zofe betrog.

      Vier Jahre später lernte sie wiederum einen Mann kennen, der ihr beim ersten Sehen mehr galt als alle anderen Männer. Sie liebte ihn nicht so schwärmerisch wie ihren ersten Verlobten, doch sie hatte ihn gern und vertraute ihm.

      Sie nahm seine Werbung an – doch auch diese Verlobung sollte nicht zur Hochzeit führen. Sehr bald kam sie dahinter, daß ihr Verlobte der Galan ihrer Mutter war.

      Man wollte sie fangen, wollte so in den Besitz ihres vielen Geldes gelangen, an das man anders nicht herankommen konnte, da der erfahrene Großvater es sicher angelegt hatte. Zudem war noch mein Vater der Verwalter des Riesenvermögens.

      Und das war noch nicht alles! Als man sah, daß man so nicht mehr zu ihrem Geld gelangen konnte – trachtete man der Ärmsten nach dem Leben.

      Von Entsetzen geschüttelt, floh Manuela aus der Heimat.

      Sie kam zu uns. War vollständig menschenscheu, mochte niemanden sehen. Mir hatte mein Vater schon damals Groß-Löschen gekauft, und so kam sie denn dahin, um nicht von Menschen behelligt zu werden. Das Landleben gefiel ihr so gut, daß sie ein Jahr später, als Hohenweiden zum Verkauf stand, dieses für sich erwarb.

      So sitzt sie denn mutterseelenallein auf der großen Herrschaft und beehrt jeden, der in ihre Nähe kommt, mit ihrem Mißtrauen. Sie hat sich in den zwei Jahren so gründliche landwirtschaftliche Kenntnisse angeeignet, daß man staunen muß. So ist sie denn ungeheuer selbstherrlich geworden, und eine anderer Meinung als die ihre läßt sie nicht gelten.

      So, nun habe ich Ihnen reinen Wein eingeschenkt, und wenn Sie so viel Mut aufbringen können, Herr Rave, dann rate ich Ihnen dringend, den Posten anzunehmen. Sie haben da die Möglichkeit, Ihre Frau Mutter bei sich zu haben, denn dem Oberinspektor steht als Wohnung ein ganzes Haus zur Verfügung.«

      Es herrschte unter den drei Menschen tiefe Stille. Jobst Oluf kämpfte mit sich.

      Doch dann sprang er auf, trat zu Hans Heinrich hin und streckte ihm beide Hände entgegen. »Sie sollen sich nicht umsonst um mich gesorgt haben – ich will hiermit den Kampf mit Ihrer schönen Base wagen.«

      *

      »Selbstverständlich alles wie ausgestorben in diesem Märchenschloß«, brummte Hans Heinrich Brandler, der vor dem Portal des Hohenweider Schlosses stand.

      »He – Wirtschaft!« rief er laut, und endlich öffnete sich die Tür, und eine Livree wurde sichtbar.

      »Der Herr Baron…«, grinste der Portier erfreut.

      »Noch nicht«, brummte Brandler ungeduldig. »Herrin zu Hause?«

      »Nein, Herr Baron. Die Herrin ist ausgefahren. Wollen der Herr Baron warten?«

      »Selbstverständlich will ich das!«

      Er bat Jobst Oluf in die Halle und folgte ihm.

      »Nehmen Sie Platz, Herr Rave.« Brandler zeigte auf einige Sessel, die, vor dem Kamin stehend, sich um einen kunstvoll eingelegten Rauchtisch gruppierten. »Es ist unbestimmt, wie lange wir warten müssen, denn die Dame Manuela ist niemals pünktlich; sie kommt und geht, wie es ihr beliebt. Es würde mich durchaus nicht wundern, wenn jetzt ein Diener erschien, um zu melden, daß die Herrin soeben telefonisch aus irgendeiner Stadt Bescheid gegeben hätte, als sei sie auf dem Wege nach Honolulu.«

      »Dann dürfte uns wohl die Wartezeit etwas lang werden, und wir bekämen inzwischen prächtige Vollbärte«, ging Rave auf Brandlers heiteren Ton ein. »Ah, hier läßt es sich wohl sein!« Dabei streckte er sich behaglich in dem Sessel.

      »Wie es Manuela in der Totenstille dieses Schlosses aushält, ist mir ein Rätsel«, nahm Brandler wieder das Wort. »Mir fällt sie jetzt schon auf die Nerven.«

      Er sprang auf, lief einige Male in dem Zimmer hin und her, trat dann an das Fenster und schob die kostbaren Stores zurück.

      »Herr Rave, kommen Sie doch einmal her zu mir. Sehen Sie das Häuschen da drüben hinter der Hecke? Darin hat immer der jeweilige Oberinspektor gewohnt. Dahinein können Sie nun mit Ihrer Mutter ziehen, wenn Sie sich Mühe geben, meiner Base zu gefallen.«

      »Nun – nach allem, was ich von der jungen Dame gehört habe, dürfte das nicht so ganz einfach sein. Doch was ist das?«

      »Das? Meine Base in Lebensgröße.«

      Er zeigte lachend auf den eleganten Dogcart, der soeben vor dem Portal des Schlosses hielt. Die junge Herrin lenkte das rassige Viergespann selbst.

      Sie warf dem herbeieilenden Kutscher die Zügel zu und sprang vom Wagen. Die kurze Peitsche in der Hand, stieg sie mit ruhigen, lässigen Schritten die zum Schloß führende Freitreppe empor.

      Dort trat ihr ein Diener entgegen und machte eine Meldung, die die Herren im Arbeitszimmer nicht verstehen konnten.

      »Der Herr Oberinspektor soll warten«, hörten sie dann die junge Herrin sagen.

      »Auch ganz nett«, meinte Hans Heinrich spöttisch und ging zu dem Sessel zurück, in den er sich aufseufzend niederfallen ließ.

      »Kommen Sie, Herr Rave, folgen Sie meinem Beispiel. Man weiß nicht, wie lange Gnädigste geruhen, Toilette zu machen.«

      »Sie sprechen mit einer beispiellosen Respektlosigkeit von dieser einflußreichen Base«, lachte Jobst Oluf.

      »Gott sei Dank kann ich mir das ja leisten«, war die phlegmatische Antwort. Doch gleich darauf erhob er sich von seinem Sessel, denn die junge Herrin von Hohenweiden betrat das Zimmer.

      »Du bist auch da, Hans-Heini – verzeih«, sagte sie mit einer weichen, süßen Stimme.

      »Der Diener hat mir deinen Besuch nicht gemeldet, sonst wäre ich gleich gekommen.«

      »Zuviel Ehre«, quittierte der und verbeugte sich übertrieben tief.

      »Frechdachs!« lächelte sie, und dann ging ihr Blick zu Rave hin.

      Kritisch, abschätzend war der Blick, mit dem sie ihn musterte, und dann zog ein Lächeln ihre Mundwinkel nach unten.

      Hans Heinrich sah, wie es rot auf der Stirn Raves aufflammte, und ärgerte sich zum ersten Male ernstlich über seine Base. Seine Stimme klang daher recht frostig, als er sagte: »Das ist Herr Rave, Manuela.«

      Sie bot den Herren einen Platz in der Sesselgruppe an, doch beide warteten, bis sie sich gesetzt hatte.

      »Du, Manuela, ich habe mir erlaubt, einige deiner unvergleichlichen Zigaretten zu rauchen«, plauderte Hans Heinrich frisch drauflos, um nur keine peinliche Stille aufkommen zu lassen.

      »Dazu sind sie ja da«, war die gelassene Erwiderung.

      »Das finden aber nicht alle Menschen«, widersprach er. »Dieser Herr zum Beispiel raucht lieber seine eigenen Zigaretten.«

      »Wenn sie ihm besser schmecken – bitte. Doch wir wollen zur Sache kommen«, sagte sie mit leichter Ungeduld. »Haben Sie schon eine ähnliche Stellung bekleidet, Herr Rave?« wandte sie sich dann kühl an Jobst Oluf, wobei ihre Stimme herrisch klang.

      »Gnädiges Fräulein können

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