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es merken, wenn wir heute Abend nicht dort aufkreuzen. Sie werden uns finden.«

      »Ich hoffe es. Als das Flugzeug abgestürzt ist, konnte ich nur an Amelia denken und daran, wie gründlich ich bei ihr gescheitert bin.«

      »Wie ist sie so?«, fragte Toby, brauchte eine Ablenkung von den Schmerzen.

      »Ein typischer Teenager, schätze ich. Launisch. Nicht von ihren elektronischen Geräten zu trennen. Glaubt, sie weiß alles. Aber andererseits war sie irgendwie schon von Geburt an so – hat endlose Fragen gestellt und ständig die Regeln getestet.«

      »Ich habe eine Schwester, die so ist. Nell. Feurig, hat meine Mom es genannt.« Fuck, Toby wollte jetzt nicht an seine Familie denken, nicht, wenn er alles dafür gegeben hätte, wieder bei ihnen zu sein und ihnen zu versichern, dass es ihm gut ging.

      »Ja, feurig. Das ist es. Und als sie jünger war, war sie in vielerlei Hinsicht so ein süßes Kind. Ist ständig in der Gegend umhergestreift, hat Geheimverstecke gebaut und sich kreative Spiele ausgedacht.« Reuben stockte und schluckte hart. Die Liebe, die er für seine Tochter empfand, war deutlich in seinen schimmernden Augen zu lesen, bevor er wegsah. »Ich bin vermutlich nicht der beste Vater. Wir arbeiten beide sehr viel, seit wir Partner sind. Wir sorgen immer dafür, dass sie gute Kindermädchen hat und auf die besten Schulen geht, aber… ich vermisse sie sehr. Fühlt sich an, als hätte ich nur einmal geblinzelt und auf einmal ist sie vierzehn statt vier.«

      »So läuft es immer.« Er bewegte sich etwas, was einen schmerzhaften Stich auslöste, und er musste erst stillhalten, bevor er fortfuhr. Aber ganze Sätze herauszubringen, hielt ihn davon ab, dem Schmerz nachzugeben. »Fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen, dass Nell mich dazu bringen wollte, mit ihr Barbie zu spielen, und jetzt ist sie fast zwanzig. Aber immer noch eigenwillig.«

      »Du klingst wie ein guter großer Bruder«, sagte Reuben beruhigend und etwas an seiner Stimme traf eine weiche Stelle in Tobys Brust, von der er vergessen hatte, dass sie existierte.

      »Ich versuche es. Ich habe viel verpasst, wie du. Musste arbeiten. Hab versucht, das Haus und die Familie beisammenzuhalten.«

      »Du hast Nell aufgezogen?« Reuben klang neugierig, aber auch nervös, als versuchte auch er, dem Schmerz und der Verzweiflung nicht nachzugeben.

      »Irgendwie schon. Ist eine lange Geschichte.«

      »Wenn wir eins haben, dann Zeit, und du musst weiterreden.« Der strenge Unterton kehrte in Reubens Stimme zurück, während der Wind um sie herum blies und der Regen wieder stärker fiel.

      »Es ist eine Familiensache.« Toby seufzte und wusste, dass er doch die ganze Geschichte erzählen würde. Aber wie Reuben gesagt hatte, sie konnten genauso gut reden. Es hatte ja doch keinen Sinn, diese abenteuerlustige, sorglose Fassade noch länger aufrechtzuerhalten. Er hatte bereits mehr mit Reuben geteilt als mit allen anderen Kunden der letzten zehn Jahre. Er wusste nicht, was dafür sorgte, dass er so gut mit Reuben reden konnte. Der Kram über Nell war ihm einfach herausgerutscht, genau wie alles andere, das Toby ihm erzählt hatte. Nell. Dad. Hannah. Fuck.

      Er stöhnte wieder, sowohl vor Schmerz als auch Frust. »Und fuck. Das ist der Grund, warum wir nicht hier sterben werden. Die Signale werden funktionieren. Meine Familie braucht mich zu sehr, als dass ich es nicht zurückschaffen kann.«

      »Erzähl mir von ihnen«, sagte Reuben sanft, nicht drängend.

      »Jetzt sind da nur mein Dad, meine zwei jüngeren Schwestern und ich. Mom ist vor zwei Jahren an Meningitis gestorben. Aber eigentlich hat es mit dem Unfall meines Dads begonnen. Als ich zwanzig war, habe ich gerade in Anchorage studiert, als ich einen Anruf bekam, dass mein Dad bei einem Unfall mit dem Schneemobil ernsthaft verletzt wurde. Ich hab das Studium abgebrochen, um der Familie während seiner Genesung zu helfen. Letztendlich hat er teilweise Lähmung und bleibende gesundheitliche Probleme zurückbehalten. Er versucht, so viel selbst zu tun, wie er kann, aber er musste sich trotzdem oft von meiner Mom helfen lassen und jetzt ist sie nicht mehr da.«

      »Mein Beileid. Das ist schrecklich. Meine Eltern sind beide gestorben, aber sie waren viel älter.«

      »Danke. Wie auch immer, ich habe ihr versprochen, dass ich mich um Dad kümmern und dafür sorgen würde, dass meine Schwestern einen Studienabschluss schaffen. Und ich gebe mir Mühe, aber…«

      »Es ist schwer, diese Verantwortung.« Reuben klang verständnisvoll und berührte Tobys unverletzten Arm. »Ich verstehe. Und wir bringen dich zu ihnen zurück, versprochen.«

      »So oder so werde ich ihnen nicht viel nützen.« Toby deutete auf seine Verletzungen. Er hatte nicht einmal bemerkt, wie der Flügel sich gelöst hatte – in einer Sekunde war er voller Adrenalin gewesen, um Reuben zu retten, und in der nächsten war er auf den Boden gedrückt und hatte flach auf dem Rücken gelegen. Unter der unmittelbaren Notwendigkeit, gerettet zu werden, lag eine tiefere Sorge darum, was als Nächstes kommen würde. Und fuck, der Gedanke war fast mehr, als er ertragen konnte, und er stieß einen zischenden Seufzer aus.

      »Ruhig.« Reuben tätschelte seine Hand. »Du wirst dich erholen. Und sie werden sich einfach nur freuen, dich zurückzuhaben, da bin ich sicher.« Dann wurde er nachdenklich und leckte sich die Lippen. »Ich hoffe, Amelia geht es genauso. Als wir gestern und heute draußen am Fluss waren, habe ich mir gewünscht, ich könnte die Erfahrung mit ihr teilen.«

      »Hab's dir doch gesagt. Wir machen noch einen Angler aus dir.« Seine Stimme wurde zu einem Murmeln, als es plötzlich zu einer Herausforderung wurde, die Augen offen zu halten.

      »Hey.« Reuben stupste seine Schulter an. »Wirst du schläfrig?«

      »Ja.« Toby konnte ein Gähnen nicht unterdrücken.

      »Du darfst nicht schlafen, schon vergessen?«

      »Weck mich auf. Alle zwanzig oder dreißig Minuten.« Ein weiteres langes Gähnen. »Kann nicht wach bleiben. Tut mir leid.«

      »Das muss es nicht.« Reuben zog Toby an sich, gab ihm seine breite Schulter als Kissen und die Geste war so natürlich, als hätten sie es schon tausendmal gemacht. »Ich wecke dich auf. Und ich versuche, nach deinem Schläfchen nicht so langweilig zu sein.«

      »Bist du nicht«, murmelte Toby undeutlich und war nicht sicher, wie er Reuben sagen sollte, dass er alles andere als gelangweilt war und es tatsächlich genoss, mit ihm zu reden, wie er es seit Jahren mit niemandem erlebt hatte. Es hatte sich seltsam richtig angefühlt, ihm von seiner Familiensituation zu erzählen, und statt komisch, fühlte er sich warm. Gesehen. Verstanden. Reuben verstand ihn und was ihm wichtig war, und versuchte nicht, ihn zu bemitleiden oder mit leeren Phrasen aufzuheitern. Und während Toby in den Schlaf hinüberglitt, hüllte er sich in diese Wärme und benutzte sie, um sich selbst zu versichern, dass sie das überstehen würden. Rettung würde kommen. Das musste sie.

      Kapitel 6

      Die Stille brachte einen kalten Wind mit sich, der die Temperatur um weitere zehn Grad zu senken schien, als Toby einschlief und Reuben mit seinen Sorgen und Gedanken und dem Regen, der auf ihren Wetterschutz prasselte, allein ließ. Es gefiel ihm, Toby zu halten, obwohl er sich wünschte, die Umstände wären anders. Es war eine Weile her, seit jemand neben ihm eingeschlafen war, und er hatte vergessen, wie gut es sich anfühlen konnte, dieses Vertrauen und das warme, beschützerische Gefühl dabei, die andere Person beim Schlafen zu beobachten. Allerdings verspürte er selbst nicht einen Deut Müdigkeit. Zu viel Adrenalin nach dem Absturz, zu große Sorge um Tobys mögliche Gehirnerschütterung und seine anderen Verletzungen, zu große Angst davor, was es bedeuten könnte, wenn sie nach dem Absturz doch nicht rechtzeitig gefunden wurden.

      Hinter dem Adrenalin lag auch ein unerwartetes Gefühl der Befriedigung. Er hatte hart gearbeitet, als er Toby in Sicherheit gebracht, ihre Ausrüstung geholt und den Unterstand gebaut hatte, und sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten nützlich gefühlt. Es hatte ihn an einen früheren Punkt in seiner Karriere erinnert – als er seine eigenen Verträge und Mandate aufgesetzt, nächtelang die Details von Abkommen ausgearbeitet, mit ganzer Kraft dabei gewesen war und Dinge bewirkt hatte. Die letzten Jahre waren mit endlosen Meetings

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