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malte auf den cremefarbenen Smoking Romolos einen ganzen Regenbogen. Erschrocken legte seine Begleiterin besänftigend ihre Hände an seine Wangen. Damit streichelte sie alle Verärgerung aus seinem Gesicht. Er entschuldigte sich, erhob sich und ging mit raschen Schritten in die Garderobe, um den Schaden an seinem Anzug wenigstens einigermaßen beheben zu lassen. Der Zufall spielte weiterhin freundlich an der Seite des Fürsten An­dré mit, denn Garcia Mendoz, ein Argentinier, bat Sandra Mangini so flehend um einen Tanz, daß sie – schon im Interesse der Hornstein-Chemie – nicht ablehnen konnte.

      »Der Augenblick der Wahrheit«, sagte André von Hornstein tonlos vor sich hin, erhob sich und ging an die Bar. Er bestellte ein Glas Sekt und wartete. Er wußte, daß die nächsten Sekunden entscheidend sein würden.

      »Noch einen Teufelscocktail«, verlangte neben ihm eine weibliche Stimme. Zwei Plätze weiter glitt die begehrte Unbekannte auf einen Barhocker. Prinz André von Hornstein wagte keinen zu vertraulichen Blick. Er wußte, daß jede Plumpheit eine Frau von ihrer Klasse vertreiben würde.

      Erst als der Barmann mit einem anderen Gast beschäftigt war, sagte André halblaut: »Ich wußte, daß wir einander wiedersehen würden! Es mußte wohl so sein!«

      Jetzt erst wagte er es, sie anzublicken. Seine hellen Augen strahlten seltsam tief, als ob sie Glück und Hoffnung aus seiner Seele widerspiegelten. Die Unbekannte hatte ihm ihr Gesicht zugewandt. »Woher wußten Sie, daß wir einander noch einmal begegnen könnten?« fragte sie leise zurück. »Es ist doch ein Zufall, der…«

      Er lächelte, nicht überheblich und doch selbstsicher. Beinahe konnte er fühlen, wie er sie damit unsicher machte. »Ich wollte es gerne!« gestand er.

      »Bekommen Sie immer, was Sie sich wünschen?« Ihre Lippen wölbten sich trotzig auf wie die eines kleinen Mädchens. Dennoch war ihr Unmut nicht gespielt, sondern wirkte sehr echt.

      »Wie kann ich Sie wiedersehen?« flüsterte Fürst André hastig, weil er beobachtete, daß dieser Romolo soeben wieder die Bar betrat. »Sie dürfen nicht zögern! Uns bleibt keine Zeit…«

      »Woher wollen Sie wissen, daß ich ein Wiedersehen ebenso wünsche wie Sie?« wehrte sie ab. Aber diesmal klangen ihre Worte überhaupt nicht überzeugend, eher sogar etwas hilflos, beinahe ängstlich.

      »Sonst hätten Sie Ihrem blendend aussehenden Begleiter nicht den Cocktail über seinen Smoking schütten müssen!« behauptete André von Hornstein.

      Sie wehrte den Verdacht mit einem kleinen Lächeln ab. Als sie sah, wie Romolo zur Bar herkam, flüsterte sie: »Morgen, neunzehn Uhr, Rue de Paix, fünfundzwanzig… Ach, Romolo, Amore, ich habe ein wenig zuviel getrunken! Wir wollen gehen!«

      *

      Am nächsten Vormittag fühlte sich André von Hornstein nicht sehr wohl, denn seine Geschäftspartner hatten ihn während der Entdeckungsreise durch das Pariser Nachtleben bis in die Morgenstunden festgehalten. Nur weil San­dra Mangini so tapfer durchhielt, war er nicht einfach aufgestanden und in sein Hotel zurückgekehrt. In Wahrheit langweilte ihn diese Art von Vergnügen.

      Nun rächte er sich auf seine Art am nächsten Vormittag, indem er die Herren und deren Damen in den Louvre einlud und mit ihnen vier Stunden lang die schönsten Gemälde aus aller Welt besichtigte.

      »Ein Kunstbanause, wer dafür kein Verständnis aufbringt!« erwähnte er des öfteren so nebenbei, worauf keiner der Anwesenden mehr wagte, über Langeweile zu klagen. Sogar die attraktive Gattin eines steinreichen Südamerikaners quälte sich auf ihren hochhackigen Schuhen durch die unendlich vielen Säle und verbiß die Schmerzen. Sie strahlte den goldhaarigen Fürsten so verzückt mit ihren dunklen Augen an, daß sie damit sogar Sandras Mißfallen erregte.

      Erst als die Mittagsstunde längst vorüber war und zwei englische Direktoren von Chemie-Konzernen diskretes Magenknurren verrieten, bat Sandra: »Lassen Sie es doch gut sein, André! Diese Löwen des Nachtlebens werden heute bestimmt nicht mehr auf ihren Pfoten kriechen können!«

      Fürst von Hornstein sah sich von der kleinen Italienerin durchschaut.

      »Nur gut so, denn heute nehme ich mir von dieser Meute einfach frei«, gab er lachend zurück.

      Ein toller Hoffnungsstrahl durchzuckte Sandra Mangini. »André, wollen Sie mich zum Abendessen einladen?«

      Sie tat dem Fürsten von Herzen leid, denn er ahnte längst etwas von ihrer Liebe zu ihm. Er zerstörte all ihre Hoffnungen mit einem glatten Schnitt, weil er meinte, das würde sie am wenigsten schmerzen.

      »Heute darf ich einmal ganz Privatmensch sein. Ich habe ein Rendezvous.«

      Sandra bewies große Beobachtungsgabe.

      »Groß, schlank, braunschwarzes Haar und stets ganz raffiniert nach römischer Mode gekleidet… Fragen Sie mich nicht, Durchlaucht, woher ich das weiß. Nur eine Vision!«

      Genau diese Vision sah auch Fürst André von Hornstein vor sich, als er gegen neunzehn Uhr in der Rue de Paix, einer der elegantesten Pariser Einkaufsstraßen, aus seinem Taxi stieg. Zwar trug er keine verräterischen Blumen bei sich, aber er ging nervös immer wieder vor den Häusern um Nummer fünfundzwanzig auf und ab. Das bezaubernde Gesicht mit den leidenschaftlich glühenden dunklen Augen und die Gestalt im köstlich raffinierten Kleid blieb nur Illusion. In Wahrheit konnte er sie auch zehn nach sieben noch nicht entdecken.

      »Eine schöne Frau hat das Recht, sich zu verspäten«, sagte er sich, ungewöhnlich nachsichtig gestimmt. Aber seine Bedenken wuchsen, als sich die Unbekannte nicht zeigte. Unruhig ging der Fürst auf und ab. Er war es nicht gewohnt, auf eine Frau warten zu müssen; noch nie war er so grausam versetzt worden, auch dann nicht, wenn die Erwartete nichts von seinem gesellschaftlichen Rang oder seinem Reichtum wußte.

      »Dieser Schönling Romolo hat sie festgehalten!« grollte er zornig.

      Seine Enttäuschung machte ihn gegen den Italiener ungerecht; er bedachte nicht, daß es Romolos gutes Recht gewesen wäre, um eine so bezaubernde junge Dame zu kämpfen!

      In seinem wachsenden Zorn las Fürst von Hornstein auch die Werbeankündigungen an der nächsten Litfaßsäule, und da blieb sein Blick an einer Zeile hängen: 25 Rue de Paix. Er trat näher und sah ein Foto, das eine Modenschau zeigte. Der Text sagte ihm nicht mehr viel: Sabina di Matteo (Rom) zeigt die schönsten Kreationen der Modekunst! Doch auf dem Foto entdeckte er neben zahlreichen bezaubernden Mannequins auch die Schöpferin der Modenschau, Sabina di Matteo.

      »Das kann nicht wahr sein«, murmelte Fürst André. »Die Vorführung beginnt um zwanzig Uhr. Also wollte sie, daß ich kommen sollte. Sabina di Matteo! Sie wird wohl von den Kulissen aus zusehen, zärtlich am Arm ihres Romolo!«

      André von Hornstein fühlte sich versucht, einfach in sein Hotel zurückzukehren, in die Bar zu gehen und seine Enttäuschung mit einer Flasche Sekt hinunterzuspülen. Aber das Schicksal zwang ihn, den anderen Weg zu gehen. Eine letzte Klippe ergab sich dann noch, als eine bezaubernd livrierte, etwas gewagt zurechtgemachte junge Dame am Saaleingang von ihm das Einladungsbillett verlangte.

      »Tur mit leid«, gestand der Fürst, ohne unsicher zu werden.

      Die Schöne in ihren hautengen Goldshorts und mit dem noch sparsameren Oberteil bedauerte flüsternd: »Mir tut es nicht weniger leid, Monsieur, aber die heutige Modenshow ist nur für geladene Gäste.«

      Fürst André lächelte sie freundlich an und beruhigte sie: »Weiß ich doch! Persönliche, mündliche Einladungen von Sabina. Ich will sagen: von Sabina di Matteo!«

      »Pardon, ich verstehe!« Mit einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen trat das Mädchen zur Seite und gab den Weg frei.

      Selbstbewußt, mit ein bißchen männlicher Überheblichkeit, suchte Fürst André von Hornstein die Reihen der rot gepolsterten, vergoldeten Stühle ab. Die meisten von ihnen waren schon besetzt; entweder von sehr eleganten Modeschöpferinnen, von diamantenbehängten Millionärinnen oder von einigen Herren.

      Weil Sabina nicht zu entdecken war, wählte André einfach den nächsten Stuhl, von dem aus er den ganzen Saal am besten überblicken

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