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Eisenmann nun ruhig.

      »Tot? Mein Gott, sie wird es doch nicht wahrgemacht haben? Glauben Sie mir doch! Sie hatte schon so oft gedroht, dass sie sich umbringen wolle. Ich habe damit nichts zu tun. Sie wollte mich unbedingt heiraten, aber eine solche Frau kann man doch nicht heiraten. Sie war schon lange krank.«

      Das war ihm doch unbedacht herausgerutscht, und da hakte Inspektor Eisenmann ein.

      »Sie wussten also, dass Frau Nielsen krank war?«, bemerkte er.

      »Sie hatte dauernd Wehwehchen«, schwächte Horst Miller seine Äußerung ab. »Sie ließ sich gehen. Es war einfach nichts mehr mit ihr anzufangen. Muss ich Ihnen eigentlich Rechenschaft ablegen?« Sein Blick wurde lauernd.

      »Es gibt allerlei zu klären«, meinte der Inspektor. »Frau Nielsen war verheiratet, aber sie hatte mit Ihnen ein Verhältnis.«

      Horst Miller war jetzt nicht mehr so redselig. Anscheinend überlegte er sich jedes Wort.

      »Wir kannten uns schon sehr lange«, sagte er.

      »Wie lange?«

      »Seit unserer Jugendzeit. Sie kam nicht mit ihrem Mann zurecht und klammerte sich an mich. Ich kann nichts dafür, Herr Inspektor. Ich wollte ihr helfen, aber mehr als Freundschaft war es nie. Christine war haltlos.«

      »Aus Briefen von Ihnen an Frau Nielsen stellt es sich aber etwas anders dar«, entgegnete Inspektor Eisenmann. »Sie hatten ein sehr intensives Verhältnis. Sie haben Frau Nielsen auch dazu veranlasst, sich von ihrem Mann zu trennen und hierherzuziehen.«

      »Weil sie mir in den Ohren gelegen hat, dass sie es nicht mehr aushalten würde, immer allein zu sein. Ihr Mann war ja dauernd unterwegs.«

      »Außerdem hatte Frau Nielsen von ihren Eltern ein ganz hübsches Vermögen geerbt«, bemerkte Inspektor Eisenmann. »Ihre Wohnung ist überaus bescheiden eingerichtet.«

      Er blickte sich um und stellte fest, dass man dies von Horst Millers Wohnung nicht sagen konnte.

      »Was kann ich dafür? Fragen Sie doch ihren Mann, was mit dem Geld geschehen ist. Ich bedauere, dass Christine tot ist, aber zu ändern ist das ja nun nicht mehr.«

      Nach Annika fragte er nicht, und in seinem Gesicht zuckte kein Muskel, als Eisenmann ihm sagte, dass sie ihre Tochter auch hatte töten wollen.

      »Vielleicht wäre es besser gewesen für das Kind«, meinte er nur.

      *

      Hermine Nielsen nahm einen wohlgelungenen Napfkuchen aus dem Backrohr, als der Türgong anschlug.

      »Junge, mein Junge!«, rief sie aus, als sie die Tür geöffnet hatte. »Du bist schon da?«

      Der hochgewachsene, sonnengebräunte Mann umarmte sie innig.

      »Ich konnte gar nicht schnell genug zu dir kommen, Mutti«, erwiderte er zärtlich. »Ich freue mich so!«

      Seine Stimme klang jedoch eher schwermütig. Hermine Nielsen legte ihre feinen Hände um das Gesicht ihres Sohnes und betrachtete ihn nachdenklich.

      Die erste Frage, die er stellte, war genau die, die sie gefürchtet hatte.

      »Hast du Nachricht von Christine?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Ich meine, dass es an der Zeit ist, dass wir endlich klar sehen, Bernd«, erwiderte sie gepresst.

      »Ich werde mir Klarheit verschaffen«, sagte er bitter.

      »Ich habe jetzt drei Monate Zeit, Mutti. Ich will sie ja nicht zurückholen, aber das Kind darf sie mir doch nicht einfach entziehen.«

      »Vielleicht bist du zu lange weggeblieben, Bernd«, bemerkte Hermine Nielsen leise. »Das soll kein Vorwurf sein für dich und keine Rechtfertigung für Christine, aber ich denke dabei an Annika. Das Kind kennt dich ja noch gar nicht.«

      Bernd Nielsen sank in den Sessel.

      »Annika«, bemerkte er leise. »Jetzt ist sie schon vier. Hat dir Christine wenigstens mal ein Bild von ihr geschickt?«

      »Nein, sie hat mir nie geschrieben. Du weißt, dass sie mich nicht mochte. Ja, wen mochte sie eigentlich?«

      »Ich muss endlich Klarheit haben«, sagte er heiser.

      »Willst du sie zurückholen?«, fragte sie, obgleich sie überzeugt war, dass ihm dies nicht gelingen würde.

      »Ich werde es versuchen«, erklärte er. »Christine muss doch auch an das Kind denken.«

      Hermine Nielsen schwieg dazu. Sie fühlte, dass Bernd sie forschend musterte.

      »Sie hätte doch die Scheidung eingereicht, wenn es eine andere feste Bindung gäbe«, fuhr er fort.

      Sie rang mit sich, begann dann aber doch stockend. »Ich bitte dich, meine Worte nicht misszuverstehen, Bernd, aber es gibt Männer, denen es sehr bequem ist, mit einer Frau zu leben, die gebunden ist. Es enthebt sie eigener Verpflichtungen, es bleibt ihnen immer eine Tür offen.«

      »Es ist so schwer zu begreifen, Mutti«, äußerte er gepresst.

      »Jetzt schlaf erst mal wieder eine Nacht in deinem Bett«, lenkte sie ihn ab.

      Das war nicht so einfach, obgleich er todmüde war. Gedanken kamen und gingen.

      Christine war labil und überaus sensibel. Wegen der geringsten Kleinigkeit brach sie in Tränen aus.

      Sie hatte plötzlich gemeint, dass ein Zusammenleben unter den derzeitigen Umständen zu noch größeren Spannungen führen würde.

      Sie hatte sich an diesen Umständen auch selbst die Schuld gegeben. Wenn er zurückkäme, sei Annika schon aus dem Gröbsten heraus, und sie hätte sich dann wohl gefangen, meinte sie.

      Und so schien es dann auch zu sein. Sein nächster Urlaub verlief harmonisch. Sie war einsichtig und auch eine liebevolle Mutter. Wenn er von der nächsten Reise zurückkam, wollten sie sich einen festen Wohnsitz suchen. Sie erwähnte auch zum ersten Mal, dass sie das Erbe von ihren Eltern dann zum Aufbau einer Praxis verwenden könnten.

      Er hatte sich nie darum gekümmert. Er wusste nicht, wie viel Geld das war, aber er ging damals wieder hinaus mit dem Gedanken, dass nach seiner Rückkehr alles anders werden würde.

      Und dann bekam er nach sechs Wochen jenen unbegreiflichen Brief, in dem sie schrieb, ob es nicht doch besser wäre, wenn sie sich trennen würden. Es war der letzte, den er von ihr bekam. Auf sein Antwortschreiben hörte er nichts mehr. Er wusste nur, dass Christine mit Annika zu einer Freundin nach Österreich gefahren sei, um sich dort zu erholen.

      Das war also meine Ehe, dachte Bernd Nielsen vor dem Einschlafen. Kommt jetzt das Ende?

      *

      Zwei Tage verbrachte er damit, Christines derzeitigen Aufenthalt ausfindig zu machen. Er erreichte nichts.

      Er brauchte lange Zeit, um sich des Namens von Christines Freundin zu erinnern, den sie nur nebenbei erwähnt hatte.

      Plötzlich fiel er ihm dann doch ein. Aline Eberle. Sie wohnte in Granz.

      »Ich werde nach Granz fahren«, sagte er an diesem Morgen zu seiner Mutter. »Mir ist jetzt wieder eingefallen, wie Christines Freundin heißt.«

      Da läutete es. Der Briefträger kam und brachte einen Einschreibebrief.

      Mit einem Gefühl der Beklemmung öffnete ihn Bernd. Sein Gesicht wurde fahl. Blicklos starrte er seine Mutter an. Ihr wurde es richtig unheimlich.

      »Christine ist tot«, äußerte er mit schwerer Stimme. »Sie hat Selbstmord begangen, und sie wollte auch Annika mitnehmen. Warum, Mutter?«

      »Ich weiß es nicht, Bernd«, erwiderte Hermine Nielsen leise.

      »Hohenborn«, sagte er geistesabwesend. »Ich habe nie von einem Ort dieses Namens gehört. Wie ist sie dorthin gekommen?«

      »Das wirst du nun wohl erfahren. Du wirst dorthin

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