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Fällen ist es aber das Beste, was ein Ehepaar tun kann«, sagte sein Vater. »Für die Kinder ist es sicherlich viel schrecklicher, wenn sie ständig Mittelpunkt furchtbarer Streitereien sind. Und oft bleibt es ja nicht einmal dabei.«

      »Dem Rolf seine Eltern haben sich immer geschlagen.« Henrik kicherte verhalten. »Einmal hat Rolfs Mutter seinem Vater einen vollen Teller nachgeworfen. Muß das komisch ausgesehen haben.«

      »Für Rolf bestimmt nicht«, bemerkte Denise.

      »Nein, mir würde das auch nicht ge­fallen«, gab Henrik zu.

      Sie hatten die Einfahrt nach Schoeneich erreicht. Alexander von Schoenecker bog durch das offene Tor. Er hielt kurz an, um es zu schließen, dann fuhren sie weiter.

      Nick, Denises Sohn aus erster Ehe, der im Wohnzimmer vor dem Fernseher gesessen hatte, steckte seinen Kopf gerade durch den Türspalt, als seine Eltern und Henrik ins Haus kamen.

      »Gibt es Neuigkeiten?« fragte er.

      »Nichts von Bedeutung, Nick, leider«, erwiderte seine Mutter. »Und bei dir? Wolltest du dich nicht auf die Mathematikarbeit vorbereiten?«

      »Ich bin fertig, die Arbeit kann kommen.«

      »Was gibt’s denn im Fernsehen?« Henrik wollte an seinem Bruder vorbeischlüpfen, doch Alexander hielt ihn am Kragen fest. »Das Programm für dich steht bereits fest, Sohnemann. Ausziehen, waschen, ins Bett gehen.«

      »Och, Vati.«

      »Ab mit dir!« Alexander drehte Henrik in Richtung Treppe und gab ihm einen liebevollen Stoß. »Wir kommen nachher noch zum Gutenachtsagen.«

      »Erwachsen müßte man sein«, seufzte Henrik, stieg aber gehorsam die Treppe hinauf. Ihm war eingefallen, daß er sich in der Schule ein neues Comic-Heft von seinem Banknachbarn ausgeliehen hatte. Er wollte es sich mit Hilfe einer Taschenlampe unter der Bettdecke zu Gemüte führen.

      Nick folgte seiner Mutter und seinem Stiefvater in die Bibliothek, um sich das Neueste berichten zu lassen.

      Später am Abend, es war längst Ruhe im Haus eingekehrt und Nick lag bereits im Bett, beschloß das Ehepaar von Schoenecker, noch einen kurzen Spaziergang im Park zu machen. Liebevoll legte Alexander seiner Frau eine Stola um die Schultern.

      »Tut gut, die Stille ringsherum«, meinte Denise. In den Arm Alexanders geschmiegt, ging sie neben ihm her durch die Allee.

      »War mal wieder ein bißchen viel heute«, sagte Alexander besorgt. »Ich mache mir ernsthaft Sorgen um deine Gesundheit, Liebes. Irgendwann solltest du einmal richtig ausspannen.« »In den Sommerferien werde ich es tun«, versprach Denise. »Ich fühle mich gut, Alexander, es besteht überhaupt kein Grund zur Besorgnis.«

      »Das sagst du so leicht.« Er blieb stehen und nahm sie fest in die Arme. »Ich kann sehr gut verstehen, daß du so in deiner Arbeit aufgehst, Liebling, aber ab und zu solltest du auch an dich denken. Seit vierzehn Tagen hat es kaum einen Abend gegeben, an dem du vor acht Uhr nach Hause gekommen bist.«

      »Ich gelobe Besserung.«

      »Ich nehme dich beim Wort.« Der Gutsbesitzer beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie zärtlich auf den Mund.

      *

      »Kaffee, Herr Professor?« Anna Marquard steckte den Kopf in das Arbeitszimmer.

      Tobias Lemmon antwortete nicht. Er hatte sich in seine Notizen vertieft und alles um sich herum vergessen.

      Anna seufzte hörbar auf. »Herr Professor!«

      Der Mann wandte den Kopf zur Tür. »Ja, was ist denn schon wieder?« fragte er unfreundlich. Erst vor einer halben Stunde war er durch den Postboten gestört worden, der auf seiner Unterschrift für einen Einschreibebrief bestanden hatte.

      »Ich fragte, ob Sie eine Tasse Kaffee möchten«, erwiderte Anna ruhig.

      Tobias Lemmon besann sich. Er lä­chelte um Entschuldigung bittend. »Ja, gern, Anna«, sagte er. »Sie wissen ja, wie das ist, wenn ich mitten in einer Arbeit stecke. In etwa einer halben Stunde möchte ich Ihnen wieder diktieren. Sind Sie bis dahin mit Ihrer Arbeit fertig?«

      »Ich bin bereits fertig.«

      »Sie sind schon ein Schatz, Anna.« Tobias nickte seiner Assistentin kurz zu, dann widmete er sich wieder seinen Aufzeichnungen. Er blickte nicht einmal auf, als sie ihm wenig später eine Tasse mit der dampfenden Flüssigkeit auf den Schreibtisch stellte.

      Anna Marquard ging ins Labor hinüber, das sich in einem ehemaligen Schuppen des alten Bauernhauses befand, und vervollständigte die Eintragungen in dem Journal, das über

      die einzelnen Versuchsreihen geführt wur­de. Sie arbeitete jetzt seit fast einem Jahr für Professor Lemmon. An der Universität war sie eine seiner eifrigsten Studentinnen gewesen, deshalb war es für sie nicht sehr verwunderlich gewesen, als er ihr die Stelle einer Assistentin angeboten hatte.

      Auf ihrem Schreibtisch klingelte das Telefon. »Bei Lemmon«, meldete sie sich.

      »Kinderheim Sophienlust. Ich hätte gern Herrn Lemmon gesprochen. Mein Name ist von Schoenecker.«

      »Da sind Sie sicher falsch verbunden«, erwiderte Anna verblüfft. »Ich glaube nicht, daß der Herr Professor etwas mit einem Kinderheim zu tun hat.«

      »Bitte verbinden Sie mich.«

      »Würden Sie mir bitte sagen, um was es sich handelt, Frau von Schoenecker? Der Herr Professor wird sehr ungehalten sein, wenn ich ihn grundlos störe.«

      »Es geht um seine Kinder Danielle und Isabelle«, erklärte Denise. »Es ist sehr wichtig«, setzte sie hinzu.

      »Einen Moment bitte.« Anna holte tief Luft, dann drückte sie auf das weiße Knöpfchen und wählte die Nummer des Arbeitszimmers. »Entschuldigen Sie bitte die Störung, Herr Professor, aber da möchte Sie jemand wegen Ihrer Töchter sprechen«, sagte sie, wartete erst gar nicht seine Antwort ab, sondern stellte sofort durch.

      »Anna! – Anna!«

      »Von Schoenecker«, meldete sich Denise.

      »Wer sind Sie denn?« bellte Tobias Lemmon in den Hörer.

      »Ich verwalte das Kinderheim Sophienlust«, erwiderte Denise, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Sie haben doch zwei Töchter, Herr Lemmon?«

      »Ja? – Was um alles in der Welt haben Sie mit meinen Kindern zu tun? Danielle und Isabelle leben doch bei ihrer Mutter in Maibach! – Ist etwas passiert?«

      Also macht er sich doch Sorgen, dachte die Frau zufrieden. Sie erzählte, daß Frau Stein in Wildmoos mitten auf der Straße zusammengebrochen war und einer der Gutsarbeiter die beiden Kinder im Wald gefunden hatte.

      »Ich begreife das alles nicht«, sagte Tobias. »Wo steckt denn meine Frau? Sie müssen wissen, wir leben in Scheidung, das heißt, offiziell haben wir sie allerdings noch nicht eingereicht.

      Jeannette ist mit den Kindern nach Maibach gezogen. Sie arbeitet dort in einem Modehaus.«

      »Wir wissen nicht, wo Ihre Frau steckt, Herr Lemmon. Frau Stein ist leider noch nicht ansprechbar. Zum Glück erinnerte sich eine der Nachbarinnen, daß Ihre Frau einmal erwähnte, ihr Mann würde in Schleswig-Holstein leben. Wir haben in Marne Freunde, daher war es nicht allzu schwierig, Ihre Adresse herauszubekommen.«

      »Das ist typisch Jeannette! Läßt einfach die Kinder allein!« brauste Tobias auf. »Verlaß war noch nie auf sie. Bitte entschuldigen Sie, daß ich vorhin so unfreundlich war.«

      »Wissen Sie, für welches Modehaus Ihre Frau arbeitet?«

      »Nein, ich habe mich für derlei Dinge nie interessiert.«

      »Na, das macht nichts, Maibach ist keine Großstadt, es wird leicht sein, es herauszufinden.«

      »Was geschieht nun mit den beiden? Wie geht es ihnen überhaupt?«

      »Ich würde vorschlagen, daß sie vorläufig in Sophienlust

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