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Sie wußten bereits im vorhinein, was nun kommen mußte.

      „Ich bin bereit“, rief Parker seinem Gegner zu und begab sich würdevoll und gemessen in die Ringmitte.

      Sein Gegner tänzelte auf ihn zu, fintierte, pendelte mit dem Oberkörper und … schoß dann urplötzlich einen rechten Haken auf den Butler ab …

      *

      „Vegetative Dystonie!“ entschied Dr. Clyde, nachdem Mike Rander sich wieder angekleidet hatte und vor ihm am Schreibtisch saß, „wir werden Sie gründlich regenerieren müssen, Mister Rander. Falls Sie selbstverständlich einverstanden sind.“

      „Und wie soll das vor sich gehen?“ Randers Augen irrten immer wieder hinüber zu der reizenden Arzthelferin.

      „Zuerst einmal gründliche Bettruhe, medikamentöse Behandlung und dadurch bedingte Ruhigstellung, anschließend leichte Bewegungstherapie, selbstverständlich entsprechende Diät und später dann leichte Kräuterbäder …“

      „Und wie lange soll diese Kur dauern?“

      „Sie müssen wenigstens mit vier Wochen rechnen. Eine grundlegende Wandlung ist aber selbst dann noch nicht zu erwarten!“

      „Ich denke, daß ich mich Ihnen anvertrauen werde“, sagte Mike Rander.

      „Sehr schön, Mister Rander, dann begeben Sie sich bitte hinüber ins Sekretariat und unterschreiben Sie dort die Formblätter. Anschließend wird Ihnen dann Ihre Kuranweisung zugestellt werden.“

      Mike Rander nickte Dr. Clyde zu, der sich schon wieder mit Krankenberichten befaßte. Die reizende Helferin kümmerte sich um Rander und erbot sich, ihn zum Sekretariat zu bringen. Mike Rander war mit dieser Führung sofort einverstanden.

      „Wir können den Elektroroller benutzen“, sagte sie freundlich, „ab sofort müssen Sie sich sehr schonen, Mister Rander.“

      „Wie schade“, bedauerte Rander, „in Anbetracht der Lage ist es wohl sinnlos, Sie zum Essen einzuladen, wie?“

      Sie lächelte nur und antwortete nicht. Sie übernahm das Steuer des Elektrorollers, während Rander neben ihr Platz nahm. Doch kaum hatte der Dreiradroller sich in Bewegung gesetzt, da sprach sie auch schon. Und zwar in einer Art und Weise, die den jungen Anwalt stutzig werden ließ. Die Arzthelferin bemühte sich nämlich, die Lippen nicht zu bewegen.

      „Gehen Sie, solange noch Zeit ist“, sagte sie hastig, „man wird Sie umbringen, Mister Rander!“

      „Wo bin ich eigentlich?“ erkundigte sich Rander.

      „In einem Hornissennest“, erwiderte sie fast ohne jede Bewegung der Lippen. „Unterschreiben Sie nichts, damit würden Sie nur Ihr eigenes Todesurteil abzeichnen!“

      „Warum warnen Sie mich?“ fragte Rander.

      „Ich kann bald nicht mehr“, sagte sie verzweifelt, „was ich hier sehe und erlebe, übersteigt alle Vorstellungen.“

      „Schnell, nennen Sie mir einige Details!“

      „Hier werden … Vorsicht! Nicht mehr sprechen!“

      Rander mußte auf die Details verzichten, denn ein zweiter Elektroroller kam ihnen entgegen. In ihm saßen zwei Kurgäste, die sich Bademäntel übergeworfen hatten.

      „Hallo, Schwester Kathy!“ riefen sie der Arzthelferin zu, „Dr. Clyde erwartet uns. Kommen Sie, steigen Sie zu uns über!“

      Sie wollte dies ganz offensichtlich nicht, wagte aber nicht zu widersprechen. Sie lächelte etwas verkrampft, nickte Rander zu und stieg in den anderen Roller über. Rander sah der Arzthelferin nach und rollte dann weiter auf den langgestreckten Seitenflügel zu. Er hatte dabei ein flaues Gefühl in der Magengegend und kam sich wie ein Verräter an Schwester Kathy vor.

      Am Eingang zum Seitenflügel erwarteten ihn zwei Bekannte. Es handelte sich um die Mitarbeiter Hallways, Jerry und Hale.

      „Wir sind bereits vom Doktor verständigt worden“, sagte Jerry, ohne zu große Freundlichkeit, „kommen Sie, im Sekretariat wartet man bereits auf Sie!“

      Sie nahmen ihn zwischen sich, wie es zwei ausgekochte Gangster tun, die ihr Opfer möglichst unauffällig abführen wollen. Mike Randers flaues Magengefühl weitete sich jetzt zu einem leichten Magenkrampf aus. Er hatte die dumpfe Ahnung, daß er nicht nur Formblätter unterschreiben sollte …

      *

      Der geplante rechte Haken zischte wirkungslos in die Luft und richtete weiter keinen Schaden an. Vom Schwung allerdings mitgerissen, fiel der Meisterboxer nach vorn und … damit gleichzeitig in die leicht erhobene Hand des Butlers.

      Der Erfolg war erstaunlich.

      Der Meisterboxer blieb in der leicht waagerechten Haltung für Bruchteile von Sekunden stehen. Dann ging ein schwaches Beben und Zittern durch seinen Körper und schließlich knickte er in den Beinen ein. Schraubenartig drehte der Boxer sich hinunter auf den Ringboden, wo er bewegungslos liegen blieb.

      „Ich fürchte, Mister Hallway, hier hatte der Zufall seine unberechenbare Hand im Spiel“, entschuldigte Parker sich und lüftete höflich seine Melone.

      Hallway war in den Ring geklettert und kümmerte sich um seinen Meisterboxer. Nach kurzer Untersuchung schaute er fassungslos hoch zu Parker.

      „Total ausgeknockt“, sagte er dann in das Schweigen der Zuschauer hinein, „Mann, Parker, wie haben Sie das gemacht?“

      „Ich stehe vor einem Rätsel“, sagte Parker, „Sie haben ja mit eigenen Augen gesehen, daß ich überhaupt nicht boxen kann!“

      Hallway war an weiteren Experimenten nicht mehr interessiert. Er hatte es plötzlich sogar eilig, daß Parker den Trainingskeller verließ.

      „Besteht die Möglichkeit, daß ich mir noch die übrigen Übungsgruppen ansehe?“ erkundigte sich Parker.

      „Wie wäre es mit unserem unterirdischen Schießstand?“

      „Sehr interessant“, antwortete Parker, „aber ich möchte gleich betonen, daß ich mich keineswegs an solchen Übungen beteiligen werde. Schußwaffen herkömmlicher und normaler Bauart sind mir verhaßt, wenn ich das ehrlich eingestehen darf.“

      Hallway und Parker fuhren mit einem schmalen Lift hinunter in einen zweiten Keller. Als sie aus dem Lift stiegen, waren Schüsse zu hören, die in schneller Reihenfolge abgefeuert wurden. Hinter einer dick wattierten Tür, die die Schüsse aber nicht völlig hatte dämpfen können, lag der Schießstand.

      Es handelte sich um eine vollautomatische Anlage.

      Durch elektronische Zeitsteuerung konnten die Ziele bewegt und ausgetauscht werden. Vorn vor einer Barriere standen einige Herren, die aus Pistolen ganze Serien von Geschossen auf diese Ziele abfeuerten, die von Scheinwerfern angestrahlt wurden. Diese Männer trugen Trainingsanzüge, in Schnitt und Farbe genormt.

      „Das Sportschießen soll die Nervenreflexe wieder auf Vordermann bringen“, erklärte Hallway, „wir haben mit dieser Therapie gute Erfolge gehabt.“

      Er nahm eine Pistole hoch, visierte ein Ziel an und schoß in rasend schneller Reihenfolge. Anschließend fuhr das Ziel auf geölten Schienen nahe an ihn heran, damit er die Trefferzahl selbst kontrollieren konnte.

      „Wir haben hier Zehnerscheiben“, sagte Hallway und zählte seine Treffer. Er nickte zufrieden. „Fünf Schuß … 42 Ringe!“

      „Ich erlaube mir, Sie zu Ihren Kenntnissen zu beglückwünschen“, sagte Parker höflich. „Wie sieht denn der Trefferdurchschnitt Ihrer Patienten aus, wenn ich fragen darf?“

      „Fünf Schuß … 45 Ringe“, sagte Hallway. Er lächelte den Butler an, „wollen Sie’s mal versuchen?“

      „Ich weiß nicht recht“, zögerte Parker.

      „Na, versuchen Sie’s doch mal!“ Hallway drückte dem Butler eine Pistole in die Hand, nachdem er sie höflicherweise vorher sorgfältig abgewischt

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