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ich auch eingeladen.«

      »Ich weiß«, entgegnete er lächelnd.

      Dass Valentina in ihm und seiner schönen Nachbarin bereits ein Paar sah, war ihm schon länger klar.

      »Wir bekommen Besuch«, sagte sie, als sie das Mädchen im Garten sah, das auf die Terrassentür zusteuerte. »Guten Morgen, Ophelia«, begrüßte sie das Mädchen mit den langen roten Haaren und den hellen blauen Augen, als sie ihr gleich darauf die Tür öffnete.

      »Ist Ortrud da?«, fragte Ophelia, Olivia Mais Tochter.

      »Nein, Herzl, heute nicht, ich habe sie schon vermisst«, antwortete Valentina mit einem bedauernden Achselzucken. Ortrud, die Katze der Mais, kam für gewöhnlich jeden Morgen zu Danny, legte sich auf die Fensterbank mit Blick auf den Garten und ließ sich streicheln.

      »Ich hatte so gehofft, dass sie hier sein würde. Wir haben sie seit gestern Abend nicht mehr gesehen, und das ist ungewöhnlich. Sie kommt sonst nachts immer nach Hause«, entgegnete Ophelia mit besorgter Miene.

      »Sie kommt schon wieder. Katzen kommen sehr gut allein zurecht. Vielleicht hat sie ihr Revier ausgedehnt und erkundet die Gegend«, beruhigte Valentina das Mädchen.

      »Ja, vielleicht, ich werde mich aber trotzdem mal in der Nachbarschaft umsehen. Ich habe heute erst zur dritten Stunde Schule. Guten Morgen, Doc!«, rief sie, als sie Danny am Küchentisch entdeckte.

      »Guten Morgen«, antwortete Danny freundlich. »Falls du Ortrud nicht findest, gib mir Bescheid. Ich höre mich dann in der Praxis um, ob jemand etwas weiß«, schlug er Ophelia vor.

      »Danke, Doc, ich werde vielleicht darauf zurückkommen«, verabschiedete sich Ophelia und stürmte davon.

      »Hoffentlich findet sie Ortrud«, sagte Valentina, während sie dem Mädchen in der roten Jeans und der weißen taillenkurzen Jacke nachsah.

      »Sie taucht ganz bestimmt wieder auf«, versicherte ihr Danny und schaute auf die Fensterbank, auf der Ortrud sonst um diese Zeit lag. Seitdem seine Nachbarinnen in das Haus neben ihm gezogen waren, kam die Katze fast jeden Morgen vorbei, und er hatte das sanfte Tier schon lange in sein Herz geschlossen.

      Ein paar Minuten später machte er sich auf den Weg zur Praxis, die durch einen abgeschlossenen Gang mit dem Wohnteil des Hauses verbunden war. Sophia und Lydia, seine beiden Arzthelferinnen, waren wie immer schon da und standen hinter dem weißen Empfangstresen. Lydia telefonierte, Sophia schrieb die Namen der Patienten auf, die zu ihm in die Sprechstunde wollten. An diesem Morgen war schon einiges los. Auch im Wartebereich mit den gelben Sesseln und den hochgewachsenen Grünpflanzen, der nur durch eine Glaswand von der weiten hellen Diele getrennt war, waren schone einige Plätze besetzt.

      »Guten Morgen, Herr Doktor!«, rief Sophia, als sie auf Danny aufmerksam wurde.

      »Guten Morgen, Herr Doktor!«, schlossen sich die Patienten der Begrüßung an, während Lydia ihm lächelnd zunickte.

      »Guten Morgen«, antwortete Danny freundlich in die Runde und durchquerte den Gang in Richtung seines Sprechzimmers. Er gab vor, es eilig zu haben, weil er nicht wollte, dass ihn seine Patienten schon im Gang ansprachen und jeder dabei dem anderen zuvorkommen wollte. Er war nicht darauf aus, sich dem Vorwurf auszusetzen, er würde dabei jemanden bevorzugen.

      Das Sprechzimmer war ebenso hell eingerichtet wie die ganze Praxis. Der Kontrast zwischen dem modernen Schreibtisch, der an einem Stahlarm befestigten Lampe mit dem großen Schirm und der antiken Standuhr, die eine Ecke des Zimmers einnahm, verlieh diesem Raum einen besonders interessanten Charakter. Danny hatte gerade das Fenster geschlossen, das zum Lüften geöffnet war, als es an der Tür klopfte und Lydia hereinkam.

      »Was kann ich für Sie tun, Lydia?«, fragte Danny.

      »Ich weiß nicht mehr, wie ich die Leute beruhigen soll. Ich hatte heute Morgen schon unzählige Anrufe. Ich befürchte, auf uns rollt etwas Beängstigendes zu.«

      »Und das wäre?«

      »Die Leute wollen wissen, wie sie sich vor diesem neuen Virus schützen können, das gerade grassiert. Sie glauben mir nicht, wenn ich Ihnen sage, dass gründliches Händewaschen allein schon eine Menge dazu beiträgt, sich keine krankmachenden Viren einzufangen.«

      »Aber so ist es«, sagte Danny und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.

      »Ich weiß das, aber die Leute wollen unbedingt mit Ihnen persönlich sprechen. Das würde allerdings dazu führen, dass Sie keine Zeit mehr für die Patienten hätten, die in die Praxis gekommen sind und noch kommen werden.«

      »Das wäre allerdings ein Problem«, stimmte Danny der hübschen jungen Frau mit dem dunkelblonden halblangen Haar zu.

      »Ich wünschte, die Leute würden sich nicht immer gleich bedroht fühlen, wenn irgendwo ein neues Virus auftaucht. Es reicht schon, wenn sich alle vor der jährlich wiederkehrenden Grippe fürchten«, seufzte Lydia.

      »Hände waschen ist nun einmal die beste Option. Sie könnten zusätzlich noch dazu raten, auf gesunde Ernährung zu achten und einen Arzt aufzusuchen, falls sie plötzlich Fieber bekommen.«

      »Alles klar, drei Ratschläge. Damit klinge ich gleich viel kompetenter«, entgegnete Lydia lächelnd. »Können wir dann mit der Sprechstunde anfangen?«

      »Können wir«, sagte Danny.

      *

      Ophelia hatte bereits die nähere Nachbarschaft nach Ortrud abgesucht, in die Gärten geschaut und auch bei den Leuten geklingelt, aber ihre Katze war nirgendwo zu sehen. Inzwischen war sie in der Straße unterwegs, in der Valentina wohnte. Vielleicht war sie auf ihren Streifzügen durch die Gärten irgendwo verunglückt und konnte sich nicht allein retten.

      »Ortrud!«, rief Ophelia und schaute sich in alle Richtungen um.

      »Wen suchst du?«, fragte eine ältere Frau, die mit einem Staublappen in der Hand am Fenster im ersten Stock eines der Einfamilienhäuser stand.

      »Meine Katze, sie hat ein rotgetigertes Fell«, beschrieb Ophelia Ortrud. Sie war vor dem Eisentor stehengeblieben, das zum Garten des Hauses führte.

      »Ich habe vorhin etwas gehört, es kam von dort.« Die Frau deutete auf die Eiche, die auf der anderen Straßenseite vor dem Grundstück der Merzingers stand.

      »Vielen Dank«, sagte Ophelia. Sie überquerte die Straße, blieb unter dem Laubdach der Eiche stehen und schaute nach oben. »Ortrud, bist du da irgendwo?!«, rief sie und beobachtete die Äste, ob sie sich bewegten. »Ortrud?!«, versuchte sie es erneut und plötzlich sah sie, wie ein Ast in Schwingungen geriet. Gleich darauf hörte sie Ortruds vertrautes Miauen, und sie atmete erleichtert auf, als sie das rote Fell der Katze durch das Laub schimmern sah. »Ortrud, komm zu mir!«, lockte sie das scheue Tier. »Du schaffst das, Süße«, machte sie Ortrud Mut, die weit oben im Baum über einen Ast balancierte.

      Aber Ortrud schien das Wagnis nicht eingehen zu wollen. Sie hatte es zwar geschafft, den Baum hinaufzusteigen, traute sich aber nicht mehr hinunter. Möglicherweise war sie am Abend zuvor vor etwas oder jemandem geflüchtet, vielleicht vor einem unbekannten Hund oder einem Menschen, der sie ärgern wollte. Sie hatte sich zwar in Sicherheit gebracht, aber ganz bestimmt hatte sie nicht damit gerechnet, die Nacht dort oben verbringen zu müssen.

      »Ortrud, du bist eine Katze, du kannst auch einen Baum wieder hinunterklettern«, redete Ophelia weiter auf Ortrud ein, aber sie hatte keinen Erfolg.

      Inzwischen war auch die Frau auf die Straße gekommen, die sie auf Ortrud aufmerksam gemacht hatte, und nach und nach kamen noch weitere Nachbarn dazu, die alle zusehen wollten, wie Ophelia das Problem lösen würde.

      »Du solltest deine Mutter oder deine Großmutter bitten herzukommen. Oder wirkt die Sache mit der Psychologie nicht bei Tieren?«, fragte der pensionierte Steuerbeamte grinsend, der im Haus am Ende der Straße wohnte und mit seinem Hund, einem Zwergspitz, unterwegs war.

      »Geh, Herr Brettschneider, das war eine recht blöde Bemerkung. Die Katze hockt auf einem freischwingenden Ast in etwa fünfzehn Meter Höhe«,

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