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nach Landeck gekommen? Das wird festgestellt werden müssen.«

      Leonie war ganz in sich zusammengesunken. »Ich werde jetzt gehen«, sagte sie tonlos. »Morgen möchte ich früh starten.«

      »Du kannst doch hier schlafen. Dann holen wir deine Sachen morgen früh. Ich möchte nicht, daß du jetzt allein bist und noch dazu in Violas Haus.«

      Sie sah ihn verwirrt an. »Was hast du für Gedanken, Clem?«

      »Keine guten, meine Liebe.«

      Sie tranken noch einen Glüh­wein und dann waren sie erschöpft. »Danke, daß du so verständnisvoll bist«, sagte Leonie leise.

      »Ich bin sehr froh, daß du zu mir gekommen bist. Und nun schlaf. Wir werden das gemeinsam durchstehen, Lexi. Ich habe Viola doch auch gern.«

      *

      Sie starteten gleich nach acht Uhr. Es war viel Schnee gefallen in der Nacht, und sie mußten warten, bis die Straßen geräumt waren, sonst wären sie gar nicht vorangekommen. Aber es wurde besser, als sie sich der österreichischen Grenze näherten.

      Als Leonie erzählte, daß Viola in der Nähe von Nauders gefunden worden sei, stutzte Clemens.

      »Das scheint mir aber so, als wäre sie von der italienischen Seite gekommen. Ist ihr Wagen dort gefunden worden?«

      »Nein, sie lag im Schnee, unterkühlt und wie schon gesagt, ohne Hinweis auf ihre Identität. Es sieht mir auch nach einem Überfall aus. Vielleicht wollte sie von Italien aus nach Klosters fahren. Sie könnte Straßenräubern in die Hände gefallen sein, die auch ihr Auto gestohlen haben. Man muß alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«

      »Vielleicht auch die, daß Paolo in ihrer Gewalt ist«, sagte Clemens. »Du siehst, ich will objektiv sein, aber eher glaube ich, daß Viola vor ihm türmen wollte.«

      »Du bist herzerfrischend aufrichtig«, stellte sie fest.

      »Ich kann nicht heucheln, Lexi.«

      Eine Weile schwiegen sie, dann begann Clemens wieder mit seinen Überlegungen. »Wir müssen uns erkundigen, wer Viola gefunden hat. Da müssen wir ansetzen. Ich kenne diese Polizei. Sie legen keinen Wert auf eingehende Ermittlungen. Sie wollen ihre Ruhe haben.«

      Sie waren schneller in Landeck als gedacht. Und sie fanden das Hospital auch gleich.

      Dr. Brankow war überrascht, daß nun schon wieder Besuch für Viola kam. Leonie zückte gleich ihren Paß.

      »Ich wurde von Dr. Norden und seiner Frau informiert. Ich war in Klosters, um nach Viola zu sehen, aber sie war nicht dort. Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht und war ein bißchen erleichtert, als ich von Frau Norden erfuhr, daß sie am Leben ist. Wie geht es meiner Nichte? Das ist übrigens ein guter Freund der Familie, Dr. Münch.«

      Sie hatte in der Aufregung gar nicht gemerkt, daß Clemens sich schon selbst mit Dr. Brankow bekannt gemacht hatte.

      Und Clemens hatte Leonie noch nie so aufgeregt und verwirrt gesehen.

      »Der Zustand der Patientin ist unverändert, aber doch stabil. Einer Verlegung nach München steht nichts im Wege. Mein Kollege Norden wollte das von München aus in die Wege leiten.«

      »Ja, das ist gut. Ich möchte Viola in der Nähe haben.« Sie sah Dr. Brankow forschend an. »Haben Sie eine Gewalteinwirkung bei Viola feststellen können?«

      »Sie hat mehrere Blutergüsse, die aber bei dem Sturz entstanden sein könnten. An der Stirn hatte sie eine Platzwunde, die aber nicht mehr ganz frisch war und gut verheilt ist. Es war ein großes Glück, daß sie so schnell gefunden wurde.«

      »Sind die Personalien des Helfers bekannt?« fragte Clemens.

      »Die Polizei hat alles aufgenommen. Ich habe mich nicht darum gekümmert. Meine Sorge gilt den Patienten, und um Signora Carelli mußte ich mich sehr kümmern.«

      »Genau genommen ist sie eine Contessa Corelli«, sagte Leonie nebenbei, und dann stellte sie mehrere Fragen. Dr. Brankow erklärte ihr, wie das Rezept gefunden worden war. »Nur das und ein Taschentuch befanden sich in dem Parka«, sagte er. »Ich mache mir natürlich auch Gedanken, was da passiert sein könnte.«

      »Wir werden es herausfinden«, sagte Clemens.

      Dann wurden sie zu Viola geführt.

      Nur mühsam konnte Leonie ihre Tränen zurückhalten.

      »Du armes Kleines«, flüsterte sie, »wenn du uns doch nur sagen könntest, was dir widerfahren ist«, aber Viola rührte sich nicht.

      »Ich möchte bei Viola bleiben, vielleicht wacht sie doch auf«, sagte Leonie nach einem langen Schweigen.

      »Dann könntest du mit dem Sanitätsflugzeug mitfliegen, und ich bringe den Wagen nach München«, erklärte Clemens.

      »Und was wird mit deinem Wagen in Klosters?« fragte sie.

      »Ich habe keinen Wagen dort. Ich wurde mit einem kleinen Flugzeug hergeflogen. Mach du dir um mich keine Gedanken. Wir sollten jetzt erst mal etwas essen gehen. Wir nützen niemand, wenn wir umfallen, und der Doktor muß schon genug rennen.«

      Sie fuhren erst zur Gendarmerie. Dort wurden sie mißtrauisch und mit leichtem Unwillen gemustert, wohl in der Überzeugung, daß man mit Fremden immer Ärger hätte.

      Aber schließlich waren die doch höflich und schnell bereit, ihnen den Bericht zu zeigen, der aufgenommen war. So erfuhren sie, daß es sich um zwei ehrbare Burschen aus dem Ort handelte, die auch beim Bergrettungsdienst tätig waren und so über jeden Verdacht erhaben. Sie hatten nichts anderes sagen können, als daß sie die bewußtlose Frau gefunden und sofort nach Landeck gebracht hatten, weil rasche Hilfe nötig war.

      Das war es also. Nichts, was ihnen weiterhelfen konnte. »Jetzt muß Paolos Familie befragt werden«, sagte Clemens.

      »Das soll die Polizei besorgen, ich mag nicht mit ihnen reden. Sie werden sich, was immer auch geschehen sein mag, bestimmt schützend vor Paolo stellen.«

      »Waren sie nicht sehr angetan, daß Paolo eine so schöne und dazu reiche Frau heiratete?«

      »Sicher waren sie das, aber die Begeisterung könnte umgeschlagen sein, als sie erfuhren, wie schwer man an das gesamte Vermögen herankommen konnte. Aber wir wollen uns nicht in Vermutungen ergehen.«

      Sie suchten ein Restaurant auf, das einen soliden Eindruck machte. Sie hatten nun doch Appetit bekommen.

      Auch Leonie ging es dann wieder besser, und sie beratschlagten, was sie nun unternehmen wollten. Sie wollten ganz diplomatisch vorgehen.

      *

      Am Montag vormittag wurde Viola nach München geholt. Leonie beglich die Rechnung und gab noch eine großzügige Spende für das Hospital. Sie flog mit dem Sanitätsflugzeug und konnte sehr zufrieden sein, wie gut Viola von dem noch jungen Arzt Dr. Montey betreut wurde. Er war Leonie sehr sympathisch in seiner zurückhaltenden Art. Mit dem Blick der Künstlerin stellte sie sofort fest, daß er wunderschöne schmale und ausdrucksvolle Hände hatte. Sein Gesicht mußte sie länger studieren, um festzustellen, was es eigentlich so anziehend machte, da er auf den ersten Blick unauffällig wirkte.

      Es war ein schmales Gesicht mit hoher Stirn, warmen graublauen Augen, einer leicht gebogenen Nase und einem schön geschwungenen, sensiblen Mund. Bei näherer Betrachtung konnte Leonie jedoch bemerken, daß er ein willenstarkes Kinn hatte. Wenn er sie ansah, hatte sie das Gefühl, daß er bis in ihr Innerstes blicken konnte. Wie es schien, beschäftigte er sich auch sehr intensiv mit Violas Zustand.

      »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen, gnädige Frau?« fragte er mit einer warmen dunklen Stimme, die Leonie sehr gefiel, denn sie reagierte äußerst empfindlich auf harte und schrille Töne.

      »Gern, wenn ich sie beantworten kann.«

      »Versuchen wir es. Ich möchte gern eine Erklärung finden für dieses Koma, da eine Kopfverletzung, die eine Hirnschädigung hervorgerufen haben könnte, nicht vorliegt. Also könnte

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