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Schalldirne bekannte Mädchen.« – »Nun finde ich Verständnis für das doppelte Interesse, das Seine Hoheit an der Auffindung des Sohnes dieser armen Frau hat.« – »Wie steht es denn eigentlich um diese Gräfin Mac Gregor?« – »Vor etwa siebzehn Jahren führte ein unglücklicher Zufall den Vater des Marquis mit Sarah Seyton of Halesbury zusammen in eine Gesellschaft, die beim englischen Botschafter gegeben wurde. Der alte Herr gab ihr, als sie mit ihrem Bruder Tom Deutschland bereiste, Empfehlungsschreiben an den Vater Seiner Hoheit mit, mit dem er in Korrespondenz stand. Wäre dieser Fall nicht eingetreten, so wäre wohl manches Unglück erspart geblieben, denn Hoheit hätten dann dieses Weib überhaupt nicht kennen gelernt. – Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich der Depesche, jenes andere teuflische Geschöpf betreffend: Cecily, die unwürdige Gattin des ehrenwerten David.« – »Unter uns gesagt, lieber Murph,« erwiderte der Baron, »diese verwegene Mestize hätte längst dieselbe Strafe verdient, die Hoheit an Bakel hat vollstrecken lassen.« – »Ja, sie hat Blut genug vergossen, diese ausgefeimte und doch so schöne, verführerische Sünderin! Mich packt immer ein maßloser Schauder, wenn ich in einem schönen Körper eine verderbte Seele finde.« – »Hoheit bestehen also noch immer darauf, daß wir ihr zur Flucht aus der Feste verhelfen, in der sie auf Lebenszeit interniert worden?« – »Ja, und die Depesche, die ich heute früh, kurz vor Ihrem Eintritt erhielt, befiehlt, Cecilys Flucht so rasch wie möglich zu bewirken, überhaupt alles so einzurichten, daß sie in knapp vierzehn Tagen hier sein kann.« – »Ich verstehe das nicht. Durchlaucht zeigen doch immer so große Abneigung vor ihr.« – »Vermindert hat sie sich bestimmt nicht.« – »Und doch soll sie kommen? Leicht wird es ja schließlich, wenn Cecily nicht hält, was man von ihr erwartet, immer sein, ihre Auslieferung durchzusetzen. Was brauchts weiter, als dem Sohne des Gerolsteiner Kerkermeisters den Wink zu geben, daß man ihre Entführung durch ihn wünscht? Die Mestize wird sich zur Flucht nicht nötigen lassen. Ihrem Urteil entgeht sie ja nicht dadurch, denn sie bleibt nach wie vor eine Gefangene, deren Verhaftung Hoheit jederzeit beantragen kann.« – »Nun, wir werden ja sehen, was geschieht. Hoheit wünscht, daß von unsrer Kanzlei ein Trauschein Davids eingeholt werde, da David als Hofbeamter Seiner Hoheit in seinem Schlosse getraut worden ist. Als David von Hoheit erfuhr, daß Cecily kommen solle, war er wie versteinert. Dann rief er: »Hoffentlich ersparen mir Durchlaucht den Anblick dieses Ungeheuers.« – Darauf sagte Hoheit: »Aengstigen Sie sich nicht! Sie sollen das Weib nicht sehen; aber ich muß sie kommen lassen, da ich ihrer zu gewissen Plänen unbedingt bedarf.« – David fühlte sich durch diese Zusage erleichtert; daß er sich aber durch die Erinnerungen, die sich an dieses Weib knüpften, schwer bedrückt fühlt, glaube ich trotz allem.« – »Der arme Nigger ist ihr vielleicht noch immer gut. Eine sehr hübsche Person soll sie ja sein.« – »O gewiß, und nur das scharfe Auge eines Kreolen könnte das Mischblut in ihr erkennen.« – »Wie ist denn der David zu ihr gekommen, lieber Murph? Sie wissen, wie alles, gewiß auch das! Erzählen Sie es mir doch!« –

      Zehntes Kapitel. Davids und Cecilys Geschichte.

      »In Florida lebte ein reicher amerikanischer Pflanzer, namens Willis, der einen mit außerordentlichem Verstand begabten jungen Negersklaven hatte. Nachdem der Sklave mehrere Jahre im Krankenhause der Pflanzung verwendet worden war, kam Willis auf den Gedanken, ihn Medizin studieren zu lassen. Da es hierzu in Florida an Unterrichtsanstalten fehlte, schickte Willis seinen Sklaven nach Frankreich, von wo derselbe nach acht Jahren, mit der Doktorwürde ausgestattet, zurückkehrte, von Willis mit Begeisterung willkommen geheißen. Nun entfaltete David in Florida eine segensvolle Tätigkeit als Arzt; seine unglücklichen Brüder verehrten ihn als ein von der Vorsehung gesandtes Wesen; es gelang ihm auch, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Nach Verlauf von etwa einem Jahre fing eine Sklavin der Willis'schen Pflanzung an, durch ihre Schönheit aufzufallen. Sie hieß Cecily, und bald stellte sich heraus, daß sie David liebte, der ihr bei einer Epidemie, die in der letzten Jahreshälfte die Pflanzung heimsuchte, das Leben gerettet hatte. Sie stand in ihrem sechzehnten Jahre und hatte auch die Aufmerksamkeit des Pflanzers, eines sehr sinnlich veranlagten Mannes, auf sich gezogen. Cecily beichtete David ihr Unglück, denn sie konnte Willis nicht lieben und wollte sich ihm opfern. David beruhigte sie und erbat sich von Willis, um Cecily aufs wirksamste zu schützen, Cecily zur Frau, bekam aber von diesem abschlägigen Bescheid, ja Willis sagte, David scheine zu vergessen, daß er ja selbst noch Sklave sei und gar kein Recht habe, ihm bei Cecily in die Quere zu kommen. Da trat David zum ersten Male als Mann auf, der seine Pflichten nicht verletzen, aber auch seine durch den achtjährigen Aufenthalt im Auslande erworbenen Rechte nicht gering achten lassen wollte. Darüber geriet Willis in Zorn und drohte David mit der Kette. Ein schlimmes Wort gab nun das andere, und nach zwei Stunden stand David am Pfahle, mit von Peitschenhieben zerfleischtem Rücken, während Cecily vor seinen Augen in das Schlafzimmer des Pflanzers geschleppt wurde. Aber die Nemesis blieb nicht aus. Willis wurde bald darauf von schwerer Krankheit befallen, und ärztliche Hilfe, als Davids, war nicht zur Stelle. Willis mißtraute David aber, von dessen Rache er das Schlimmste fürchtete. Es blieb ihm aber zuletzt doch nichts anderes übrig, als Davids Hilfe in Anspruch zu nehmen, und David rettete ihn, wurde aber zum Lohne dafür von dem Pflanzer, sobald er ihn nicht mehr gebrauchte, wieder in Arrest gesteckt.« – »Man kann es sich erklären, denn Willis erblickte in ihm doch einen ständigen Vorwurf,« sagte der Baron, »und wenn, wie Sie sagen, die Neger ihn vergötterten, so war wohl direkte Gefahr für den Pflanzer nicht ausgeschlossen.« – »Ganz recht, es wurde laut gemurrt, und Willis meinte, die Keime zu einer Empörung wahrzunehmen. Die Folge hiervon war, daß er David noch schärfer bewachen ließ als bisher, um ihm jede Möglichkeit zur Rache abzuschneiden. Als die Dinge so weit gediehen waren, kamen wir in Frankreich an. Seine Hoheit hatte auf Sankt-Thomas eine dänische Brigg gemietet, mit der wir sämtliche Pflanzungen an der Küste befuhren und überall glänzende Aufnahme fanden. So auch bei Willis. Im Weinrausche erzählte uns Willis von seinem Sklaven David und dessen Verhältnis zu Cecily. Hoheit wollte ihm die ungeheuerliche Geschichte nicht glauben, worauf Willis uns in Davids Kerker führte. Etwas Gräßlicheres als wir in diesem scheußlichen Loche erblickten, hatte ich in meinem Leben noch nicht vor Augen gehabt. Die beiden Wesen, die hier an Ketten geschmiedet lagen, glichen nicht Menschen mehr, sondern Gespenstern. David sprach kein Wort, über die Lippen des Mädchen aber kamen wehklagende Laute. Mit schneidendem Hohne fragte der Pflanzer den armen David, warum er sich nicht von all seinem Gebreste heile, da er doch in Paris auf seine Kosten so lange studiert hätte? – David hob seine Rechte empor und sprach nur, ohne den Pflanzer eines Blickes zu würdigen, in feierlichem Tone das einzige Wort: »Gott!« – Willis aber, trunken von Wein, streckte ebenfalls die Faust gen Himmel und rief: »Geh mir mit deinem Gott! So lange er mir nicht meine Sklaven entreißen kann, ehe der Tod sie abruft, so lange glaube ich nicht an ihn!«

      »Mit Abscheu wandten wir uns ab. Hoheit äußerte kein Wort, aber auf der Stelle gab er Befehl zum Marsche nach der Brigg zurück. Als aber um ein Uhr die Pflanzung in tiefem Schlafe lag, landeten wir von neuem. Hoheit drang mit acht Bewaffneten in Davids Kerker und befreite ihn, wie auch die mit ihm die Haft teilende Kreolin. Dann drang er in das Schlafzimmer des Pflanzers, warf ihm einen Sack voll 25,000 Dublonen aufs Bett und rief ihm zu: »Gestern lästertet Ihr Gott, indem Ihr ihn herausfordertet, Euch Eure Sklaven vorm Tode zu entreißen. Heute entreiße ich sie Euch! Möge Gott Euch richten!«

      »Darauf verließen wir die Pflanzung. Willis war wie betäubt und stand ab von jeglicher Verfolgung. Nach wenigen Minuten waren wir wieder auf der Brigg und gingen unter Segel.«

      »Für ein solches Verhalten unserer Hoheit kann es niemand an Verständnis fehlen, der es mit angesehen, wie er Bakel hat bestrafen lassen,« bemerkte der Baron; »aber hatte dieses Abenteuer nicht noch andere Folgen?« – »Nein, denn wir fuhren unter dänischer Flagge. Hoheit wahrte ihr Inkognito auf das strengste, so daß wir allgemein für reiche Engländer gehalten wurden. Wohin hätte also Willis Beschwerden richten sollen? David sowohl als Cecily waren so arg mitgenommen, daß sie nur durch die sorgsamste Pflege dem Tod entrissen werden konnten. Von da ab steht David im Dienste Seiner Hoheit als Leibarzt und ist einer seiner getreuesten Sklaven.«

      »Und nach der Landung in Europa hat David die Kreolin geheiratet?« fragte der Baron. – »Ja. In der Schloßkapelle sind sie, wie schon gesagt, getraut worden. Cecily vergaß aber schnell, was David um

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