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Die Forsyte Saga. John Galsworthy
Читать онлайн.Название Die Forsyte Saga
Год выпуска 0
isbn 9783958131217
Автор произведения John Galsworthy
Жанр Языкознание
Серия Forsyte
Издательство Bookwire
»Na, Tante Ann?«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Soames Forsyte - schmale Schultern, glattrasiert, schmale Wangen, schmaler Oberkörper, und dennoch hatte sein gesamtes Erscheinungsbild etwas in sich Abgerundetes und Verschlossenes – sah schräg nach unten zu Tante Ann, als ob er versuchen würde, die Seite seiner eigenen Nase zu sehen.
»Und, was hältst du von der Verlobung?«, fragte er.
Tante Anns Blick ruhte stolz auf ihm. Seit der junge Jolyon das Nest der Familie verlassen hatte, war er ihr Lieblingsneffe, denn sie sah in ihm einen verlässlichen Vermögensverwalter der Seele der Familie, die ihrer Pflege so bald entgleiten würde.
»Sehr erfreulich für den jungen Mann«, sagte sie. »Und er ist ein gutaussehender junger Mann. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich der Richtige für die liebe June ist.« Soames berührte die Außenseite eines mit Gold überzogenen Kronleuchters.
»Sie wird ihn zähmen«, sagte er, während er seinen Finger verstohlen befeuchtete und damit an den Knubbeln des Kronleuchters rieb. »Das ist echter alter Lack, den kriegt man heute nicht mehr. Das würde sich bei Jobson gut verkaufen.« Er genoss es, zu sprechen, als ob er fühlte, dass er seine alte Tante damit aufmunterte. Er war selten so selbstsicher. »Ich würde ihn selbst gerne haben«, fügte er hinzu. »Für alten Lack bekommt man immer einen guten Preis.«
»Du kennst dich immer so gut aus mit all diesen Dingen«, sagte Tante Ann. »Und wie geht es der lieben Irene?«
Soames’ Lächeln verschwand.
»Ganz gut«, antwortete er. »Sie klagt, dass sie nicht schlafen kann, dabei schläft sie um einiges besser als ich«, und er schaute zu seiner Frau, die an der Tür mit Bosinney sprach.
Tante Ann seufzte.
»Vielleicht«, meinte sie, »wird es ihr ganz guttun, wenn sie June nicht mehr so oft sieht. Sie ist so energisch, die gute June!«
Soames stieg die Röte ins Gesicht; sie wanderte schnell über seine Wangen, dann konzentrierte sie sich zwischen seinen Augen, wo sie verweilte - das Zeichen beunruhigender Gedanken.
»Ich weiß nicht, was sie an diesem Luftikus findet«, platzte er heraus. Doch als er bemerkte, dass sie nicht mehr allein waren, wendete er sich ab und betrachtete wieder den Kronleuchter.
»Es heißt, Jolyon hat noch ein Haus gekauft«, hörte man seinen Vater neben ihm sagen. »Er muss eine Menge Geld haben – so viel, dass er gar nicht weiß, wohin damit! Montpellier Square, heißt es, in der Nähe von Soames! Sie haben mir das nie gesagt, Irene sagt mir ja nie was!«
»Großartige Lage, keine zwei Minuten von mir entfernt«, hörte man Swithin sagen. »Und von mir aus brauche ich nur acht Minuten zum Klub.«
Die Lage ihrer Häuser war für die Forsytes lebenswichtig. Das war auch nicht verwunderlich, denn sie waren die Verkörperung des gesamten Wesens ihres Erfolgs.
Ihr Vater, der aus einer Bauernfamilie stammte, war gegen Anfang des Jahrhunderts aus Dorsetshire gekommen.
Meister Dosset Forsyte, wie er von seinen Freunden genannt wurde, war von Beruf Steinmetz gewesen und hatte sich zum Baumeister hochgearbeitet.
Gegen Ende seines Lebens zog er nach London, wo er, nachdem er bis zu seinem Tod als Baumeister gearbeitet hatte, auf dem Highgate Cemetery begraben wurde. Er hinterließ seinen zehn Kindern mehr als dreißigtausend Pfund. Der alte Jolyon beschrieb ihn, wenn er überhaupt von ihm sprach, als »groben, robusten Mann, nicht wirklich gebildet«. Die zweite Generation der Forsytes hatte in der Tat nicht das Gefühl, er hätte ihnen viel Ehre gemacht. Die einzige vornehme Eigenschaft, die sie bei ihm ausmachen konnten, war, dass er immer Madeira getrunken hatte.
Tante Hester, Expertin in Sachen Familiengeschichte, beschrieb ihn so: »Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals irgendetwas getan hätte, zumindest nicht zu meiner Zeit. Er war ein … ähm … ein Hausbesitzer, meine Liebe. Seine Haarfarbe war in etwa so wie die von Onkel Swithin. Er war ziemlich breit und kräftig. Groß? Nein, nicht sehr groß«, er war keine eins siebzig groß gewesen und hatte ein fleckiges Gesicht gehabt, »er hatte eine frische Gesichtsfarbe. Ich erinnere mich, dass er immer Madeira trank, aber frag deine Tante Ann. Was sein Vater war? Der … ähm … hatte mit dem Land unten in Dorsetshire zu tun, am Meer.«
James war einmal dorthin gefahren, um selbst zu sehen, was das für ein Ort war, aus dem sie kamen. Er fand dort zwei alte Bauernhöfe und einen ausgefahrenen Feldweg, der durch die rote Erde hinunter zu einer Mühle am Strand führte, eine kleine graue Kirche mit Strebepfeilern an den Außenmauern und eine noch kleinere und grauere Kapelle. Der Bach, der die Mühle antrieb, floss in dutzenden kleinen Rinnsalen hinunter und dort, wo er mündete, liefen Schweine umher. Es lag ein Nebel über der Landschaft. Anscheinend waren die Ur-Forsytes zufrieden damit gewesen, Jahrhunderte lang Sonntag für Sonntag diese Senke hinabzusteigen, ihre Füße tief im Matsch und ihre Gesichter dem Meer zugewandt.
Ob James nun Hoffnungen auf ein Erbe oder auf irgendetwas anderes Besonderes dort unten gehegt hatte oder auch nicht, er kehrte in schlechter Verfassung zurück in die Stadt und unternahm dann den verzweifelten Versuch, das Beste aus der ganzen Sache zu machen.
»Gibt nicht wirklich was her«, sagte er, »ein typischer kleiner Ort auf dem Land, alt wie die Hügel …«
Dass er so alt war, schien ein Trost zu sein. Der alte Jolyon, den hin und wieder eine verzweifelte Ehrlichkeit packte, pflegte über seine Vorfahren zu sagen: »Kleinbauern – unbedeutende Leute, nehme ich an.« Und dennoch wiederholte er immer das Wort »Kleinbauern«, als ob es ihm Trost böte.
Sie hatten es alle so weit gebracht, diese Forsytes, dass sie jetzt allesamt eine sogenannte gewisse Stellung innehatten. Sie hatten in alles Mögliche investiert, nur noch nicht – mit Ausnahme von Timothy – in Staatsanleihen, denn nichts war so schrecklich für sie wie drei Prozent für ihr Geld. Sie sammelten auch Gemälde und unterstützten wohltätige Institutionen, die ihrem kranken Hauspersonal zugutekommen könnten. Von ihrem Vater, dem Baumeister, erbten sie ein Talent für Immobilien. Ursprünglich vielleicht Mitglieder irgendeiner primitiven Religionsgemeinschaft, waren sie jetzt, wie sich das eben entwickelt, Mitglieder der Kirche von England und sorgten dafür, dass ihre Frauen und Kinder einigermaßen regelmäßig in die schickeren Kirchen Londons gingen. Zweifel an ihrer Christlichkeit hätten sie sowohl geschmerzt als auch überrascht. Einige von ihnen zahlten für Kirchenbänke und brachten so auf die praktischste Weise ihre Sympathie für die Lehre Christi zum Ausdruck.
Ihre Wohnsitze, in festen Abständen rund um den Park platziert, passten auf wie Wächter, dass sich ihnen das wundervolle Herz Londons, der Sitz ihrer Wünsche, nicht ihrem Griff entzog und sie in ihrer Selbstachtung herabsetzte.
Da waren der alte Jolyon in Stanhope Place, James und seine Familie in der Park Lane, Swithin in der einsamen Pracht oranger und blauer Zimmer in Hyde Park Mansions – er hatte nie geheiratet, er doch nicht –, Soames und seine Frau in ihrem Heim nahe Knightsbridge und Roger und seine Familie in Prince’s Gardens. (Roger war jener bemerkenswerte Forsyte, der die Idee gehabt und umgesetzt hatte, seine vier Söhne zu einem neuen Beruf zu erziehen. »Sammelt Hauseigentum, gibt nichts Besseres«, pflegte er immer zu sagen. »Ich habe nie etwas anderes getan.«)
Die Haymans wiederum – Mrs Hayman war die einzige verheiratete Forsyte-Schwester – wohnten in einem Haus hoch oben in Campden Hill, das wie eine Giraffe geformt und so hoch war, dass Betrachter sich den Hals verrenken mussten. Nicholas und seine Familie hatten einen geräumigen Wohnsitz in Ladbroke Grove, ein echtes Schnäppchen. Und zu guter Letzt war da noch Timothys Haus in der Bayswater Road, wo Ann und Juley und Hester von ihm behütet wohnten.
Doch James grübelte die ganze Zeit über und fragte nun seinen Gastgeber und Bruder, wie viel er denn für dieses Haus am Montpellier Square gezahlt habe. Er habe selbst schon seit