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schreckte hoch. Jennifer stand neben ihr und hatte sie leicht am Arm gerüttelt. Erst jetzt hatte Lisa bemerkt, dass sie anscheinend eine Ewigkeit auf die wunderschönen Sachen geblickt und die Zeit vergessen hatte. »Wie machen wir das jetzt mit den anderen zwei Outfits?«

      »Ich werde sie tragen.«

      »Aber … ist das denn erlaubt?«

      »Es wird niemand merken, dass ich kein Model bin. Ich bin zwar nicht so groß, aber das ist heutzutage auch nicht mehr so ausschlaggebend.«

      Jennifer lächelte und sagte sofort: »Ich werde Ihnen helfen.«

      »Das ist sehr lieb von dir. Bitte sag doch du zu mir.«

      Jennifer nickte euphorisch.

      Schneller als erwartet, war Lisa umgezogen. Nur ungern präsentierte sie ihre nackten Brüste unter dem weiblich eleganten Negligé. Es war zartrosa und besaß eine aufwendige Stickerei am Ausschnitt und an den Trägern, die etwa fünfzehn Zentimeter breit waren. Die Stickerei wirkte wie ein breites V, das an den Ärmeln begann. Der Rest bestand aus einem hauchdünnen Stoff, der leicht um ihre Beine floss und ihre Knöchel umspielte. Zwar passten die lila Pumps nicht hundertprozentig, aber das war jetzt zweitrangig. Hauptsache, die Modelle wurden präsentiert.

      ***

      Inzwischen hatte das Stimmengewirr zugenommen, Musik spielte, das Licht variierte und eine leicht nervöse Stimmung war hinter dem Catwalk entstanden. Blitzlichter zuckten, lautes Lachen erklang dann und wann.

      Lisa saß auf einem harten Stuhl in der Maske, hatte sich einen Bademantel umgeschlungen, weil sie so fror, und kämpfte mit der Atmung. Ab und an bekam sie einen Hustenanfall, von dem sie hoffte, er würde sie nicht mitten auf dem Catwalk überkommen. Sie dankte im Stillen ihrer Mutter, die von ihr immer angenommen hatte, Lisa werde Model und deshalb als Lisa noch ein kleines Kind war, immerzu das Laufen auf dem Catwalk geübt hatte. Nun war das etwas, was sie aus dem Effeff konnte. Doch ihr Kopf glühte und ihr Körper war matt und von Gänsehaut überzogen.

      Jemand kniete sich vor sie. Als sie ihren Blick erhob, sah sie in die besorgten blauen Augen Toms. Sofort erhellte sich ihr Gesicht. »Tom.«

      Er lächelte nicht.

      »Was ist denn?«

      Sein Blick streifte über ihren Körper, schien jedes Detail in Sekundenschnelle in sich aufzunehmen. Einen Augenblick zu lange verharrte er an der Stelle, wo ihr Bademantel in der Mitte etwas aufklaffte und den Blick auf ihre Brüste freigab, die nur von dem hauchdünnen Stoff bedeckt waren.

      »Tom?« Sie berührte seine Hand.

      Sofort hielt er sie fest. »So kannst du da nicht raus!«

      »Wieso?« Augenblicklich ging ihr Blick zum Spiegel. Die Maske hatte gute Arbeit geleistet. Lisa fand sich schön. Kurz sah sie zur Friseurin, die ihr die Haare machte und nahm ein schwärmerisches Lächeln von ihr wahr, während diese Tom im Spiegel betrachtete. Er schien mehr Frauen zu faszinieren, als ihr lieb war.

      »Du bist krank, Lisa!«

      »Ich weiß. Aber man sieht es mir nicht an.«

      »Doch.«

      Erbost blickte sie zu ihm und die Friseurin verlor die Strähne, die sie gerade an Lisas Hochsteckfrisur befestigen wollte. »Danke, du darfst gern gehen!« Schnell entzog sie ihm ihre Hand und raffte den Bademantel enger um sich. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Zusammenschlagen ihrer Zähne.

      »Lisa, ich meine es nur gut. Es nützt niemandem, wenn du da draußen zusammenbrichst. Du gehörst ins Bett. Es gibt zig Modenschauen, an denen du noch teilnehmen kannst.«

      »Keine Angst, ich werde es schon schaffen.«

      »Darum geht es nicht. Warum denkst du nicht an dich?«

      »Das tue ich, mein Lieber. Es ist meine Zukunft, die auf dem Spiel steht. Wenn ich nicht da hinaus gehe, dann kann ich höchstens drei der Modelle präsentieren. Wenn überhaupt ...«

      »Manchmal ergeben sich andere Wege im Leben.«

      »Was meinst du damit?«

      Tom horchte auf, sah in den Spiegel und sagte: »Es ist deine Entscheidung. Ich sehe dich dann später. Viel Glück!« Und schon war er weg. Lisa verstand sein schnelles Verlassen nicht. Kurz darauf lief ein Mann durch die Models und rief Toms Namen.

      ***

      Schließlich war es soweit. Die Models reihten sich hintereinander ein. Lisa dachte an Betty, die sie von Weitem zweimal gesehen hatte, aber sie hatte das Gefühl, Betty hätte absichtlich weggesehen. Nun stand eins ihrer Models genau vor ihr. Eine Ansage erfolgte durch zwei Sprecher, die hinter dem Catwalk schwer zu verstehen waren. Doch zwei Worte bekam sie sehr gut mit: »Creation Warrior.«

      »Der ›Creation Warrior‹ ist auch hier?«, stieß Lisa hervor.

      Das Mädchen hinter ihr bejahte mit: »Er ist mein Chef«, und ihr Gesicht strahlte.

      »Na, toll.« Lisa verließ der Mut. Zwar hätte sie sich denken können, dass der Modeschöpfer hier war, aber bisher hatte sie so stark an ihre eigene Kollektion gedacht, dass sie den Gedanken an ihn einfach verdrängt hatte.

      Die Frauen setzten sich in Bewegung, sobald die Musik aufgedreht wurde. Lisas Herz klopfte, als sie den Bademantel über einen Stuhl legte. Das Adrenalin jagte durch ihre Adern. Ihre Nippel stellten sich auf und pressten sich gegen den Stoff. Nun wurde ihr ihre Nacktheit noch bewusster. Trotz des Adrenalinstoßes fror sie und die Hitze wallte in ihrem Gesicht. Noch drei Models, dann war sie dran. Noch zwei ... Noch eine ... Lisa ging los. Ihr Atem pulste schnell und ein Hustenanfall kündigte sich an. Bitte nicht, betete sie im Stillen. Ihre Füße arbeiteten sich sicher vor und nahmen auch die zwei gemeinen Stufen, die hier bestimmt jedes Model verfluchte. Die Musik machte es ihr leicht, die Schritte über den Catwalk zu finden. Köpfe waren ihr zugewandt, betrachteten sie. Lisa spürte, wie ihre Brüste unter dem rosa Hauch von Stoff auf und ab wippten. Sie war am Ende angekommen, stellte sich kurz mit einer ausladenden Bewegung auf das andere Bein, stützte eine Hand in die Hüfte und blickte lasziv in die Menge. Blitzlichter zuckten über den Laufsteg, und schon hatte sie sich wieder umgedreht. Auf der rechten Seite sah sie Valentino. Neben ihm Tom mit ernstem Gesicht. Ihr Herz raste, als sie erkannte, dass er ihre Brüste musterte und sein Blick weiter an ihr hinunterglitt. Dahinter saß Amanda, in die jetzt Bewegung kam und sich sofort zu ihrer Nachbarin beugte: Betty. Mehr konnte sie nicht erkennen, konzentrierte sie sich doch auf die Schritte. Plötzlich, völlig unerwartet, überkam sie der Husten. Eine Weile versuchte Lisa ihn zu unterdrücken. Ihr Gesicht färbte sich rot und dann prustet sie los, noch während sie lief. Es nützte nichts, sie musste sich dem beugen. Zum Glück hatte sie das Ende erreicht und taumelte hinter die Kulissen, wo sie versuchte, schnell zu ihrer Garderobe zu kommen. Ihr Husten hatte sie voll im Griff. Fast musste sie sich übergeben. Keuchend rang sie nach Luft. Ihr Kopf glühte und ein stechender Kopfschmerz überfiel sie.

      »Lisa, bist du sicher, dass du da noch mal rauskannst?«, fragte Jennifer besorgt und legte ihr fürsorglich eine Hand auf den Rücken.

      Lisa nickte und presste hervor: »Ich muss. Das orangefarbene Kleid muss ich einfach noch präsentieren ... aber bitte, sorge dich nicht um mich, du musst dich schnell umziehen und noch mal raus. Denk dran, dich einfach hinten noch ein drittes Mal einzureihen, damit ...« Ein Hustenanfall erstickte ihre Stimme.

      »Mist, ich brauche unbedingt Hilfe mit diesem Negligé, es wird mit zwei Häkchen auf dem Rücken geschlossen, da komme ich jetzt nicht ran«, rief Jennifer.

      Lisa hatte sich nach Luft ringend auf einen Stuhl fallen lassen. Sie drückte sich hoch und versuchte, die Häkchen ineinander zu bringen, doch ihre Finger zitterten so.

      »Lass mich mal«, sagte Tom und hakte die Häkchen ein. »Setz dich wieder, Lisa. Du bleibst hier. Es ist unverantwortlich, dass du noch einmal den Walk mitmachst.«

      »Ich kann für mich selbst entscheiden und brauche keinen Bestimmer.« Lisa griff nach dem Schlauchkleid.

      Tom

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