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Honoria. »Men'r Ehr! ich hasse Molly Seegrims ebensosehr, als 'R Gnaden nur thun könn'n. Aberst, daß ich Herrn von Jones sollt' gelästert hab'n, da kann 'ch all's Gesinde im Hause zu Zeug'n rufen, so of nur von Pankerts-Kindern gesprochen word'n ist, ich immer sein' Partie genomm'n habe. Denn pfleg' ich zu den Lakaien zu sagen, wer von euch wollt' nicht gern' ein Pankertskind sein, wenn 'r nur könnt', um 'n Junker zu werden? und, sag' ich, mein Ehr' verwett' ich drauf, 's ist ein scharmanter Junker; und 'r hat die weißesten Händ' auf Gott's Erdboden: denn mein'r Ehr! das hat er! Und, sag' ich, einer der sanftestenlichen und gutmüt'lichsten Menschen von der Welt ist ähr; und, sag' ich, all hipsche Diensten und Nachbarn, im ganzen Land umher, halten ihn lieb. Und, mein'r Ehr! ich könnte 'R Gnaden solche Dinge erzählen thun! – wenn 'ch nicht angst wär' daß 'R Gnad'n mir drüber böse würden!« – »Nun! was könnte Sie mir dann erzählen?« – »Ach, neh, Arg hatt' er nicht draus, mein'r Ehr! drum wollt' ich auch nicht, daß 'R Gnaden mir böse drüber würd'n.« – »Will Sie wohl so gut sein und erzählen?« sagte Sophie, »denn nun will ich's wissen, auf der Stelle!« – »Je, nu ja!« antwortete Jungfer Honoria. »Er kam ein's Tags, verläden' Woch, uf meine Stube, als ich bei'r Arbeit saß; und da lag dar 'R Gnad'n Muff, auf'n Stuhle; und mein'r Ehr, er steckte sein Händ hinein; Ja, gewiß! eben denselbigen Muff, den 'R Gnaden mich erst gestern geschonken hab'n. – Gehn 's doch! sag' ich, Herr von Jones; Sie verderben mein'r Frölen ihren Muff, und machen 'n zu weit; ja, mein'n 'R Gnaden, daß er 'n weglegte? Ja, Prost die Mahlzeit! Er hielt die Hand immer weg drin, und küßt'n! Ach, mein'r Ehr! ich glaub', ich hab' in mein'n Leb'n solch'n Kuß nicht gesehn, als er 'n gab.« – »Ich hoffe doch, er wußte nicht, daß es mein Muff wäre?« versetzte Sophie. – »Nun hör'n nur 'R Gnaden. Er küßt'n, und küßt'n, daß 's kein End nehmen wollt', und sagt', es wär' der scharmantste Muff von der Welt! Gehn's doch! Junker,« sagt' ich. »Sie hab'n 'n ja wohl schon hundert Mal gesehn! – Nun ja, ruft er, Mansell Honoria, wer kann aber sonst was hipsches sehn, wenn Ihre Fröln dabei ist, als sie selber! – Ja, nun, mein'n 'R Gnad'n wohl, das wär 's alle! Ach näh! gar nicht! Aberst, ich hoffe doch, 'R Gnad'n werden mir nich böse! denn, mein'r Ehr, ich hat' kein Args draus! Ein's Tages, als 'R Gnaden dem Gnäd'gen Herrn Papa was aufs Klafier vorspielten, da saß Herr von Jon's im Zimber nah' bei, und mir dünkte, er säh' melankolisch aus. Je! Je! Herr Junker, sag' ich, wie siehts dann aus? Ihr bekümmerten Gedanken, sagt mir doch, wo wollt ihr hin? sagt' ich. Ach, Spottvogel! sagt' er, und sprang auf, wie aus'm Traum. Woran kann ich denken, wenn der Engel, Ihre Frölen, aufm Klafier spielt? Und dann kriegt er mich bei die Hand – Ach, liebe Mansell Honoria, sagt' er, wie glücklich wird der Mann sein! und dann seufzt' er. – Mein'r Ehr! sein Athen ist so süß als 'n Blumenstrauß. – Aberst, mein'r Ehr! Er hat's kein Args draus – und so bitt 'ch, daß 'R Gnaden ihm ja nichts wieder sag'n! dann 'r gab mir 'ne Krone, daß ich nichts wieder sag'n sollt, und ließ mich drauf schwören. Aberst, ich streckte keine drei Finger darbey aus, und so glaub' ich, ist's kein rechter Eid.«

      So lange bis der berühmte Karminmacher in Helmstädt kein schöneres Rot erfindet, sag' ich kein Wort von der Farbe auf Sophiens Wangen bei dieser Gelegenheit. »Nore,« sagte sie. »Ich – wenn Sie das mir niemals wieder sagen will, – noch sonst einem lebendigen Menschen, so will ich Sie nicht verraten – böse will ich nicht darüber werden, mein' ich; aber ich fürchte Ihre Zunge. Warum, gutes Mädchen, gibt Sie ihr so freien Lauf?« – »Ach, sehn Sie nur, Gnädigs Frölen, ich wollt' mir lieber die Zung' abbeissen, als 'R Gnaden bös machen. – Mein'r Ehre! mein Lebstage will 'ch 'R Gnaden wieder kein Wort darvon sag'n, wenn 's nicht haben woll'n.« – »Gut dann! Ich wollte, daß Sie mir nichts wieder davon erwähnte!« sagte Sophie, »denn es möchte meinem Vater zu Ohren kommen, und der würde Herrn Jones darüber böse werden; ob ich gleich wirklich glaube, wie Sie sagt, daß der gute Mensch nichts weiter dabei meinte. Ich würde selbst böse werden, wenn ich mir es anders einbildete.« – »Näh! Gnädigs Frölen, ich glaub, mein'r Ehr, er meinte nichts dabei,« sagte Honoria. »Ich dacht', 'r spräche so, als ob er nicht bei Sinnen wär'. Ja, er sagt' auch, er meint', er sey ganz allein, Mutter-Seelen allein, als er die Worte gesproch'n hätte. Ach, ja! Herr Junker, sag' ich, das glaub' ich auch. – Ja, gewiß, Mansell Honoria, sagt ähr, – Aberst, ich bitt' 'R Gnad'n um Verzeihung; ich könnt' mir die Zung' aus'm Hals reissen, wenn 'ch mein Frölen böse machte.« – »Fahre Sie nur fort,« sagte Sophie: »Sie kann alles erzählen, was Sie nicht schon bereits gesagt hat.« – »Ja, gewiß, Mansell Honoria, sagt' er, (dies war ein Zeitlang hernach, als er mir die Krone gegeben hatte) ich bin wed'r ein solcher Hasenfuß noch ein solcher Schelm, daß 'ch in ein'r andern Rückensicht auf sie denken sollt', als an mein' Göttin; nur, als mein' Göttin will 'ch sie anbäten und verehren, so lang' ich Athen habe. – Das war's all, 'R Gnad'n; drauf kann ich drei aus fünfen ziehn, sonst besinn' ich mir nichts mehr: Ich ärgerte mich selbst nicht wenig, über'n, bis 'ch sah, er meint's nicht böse.« – »Nun wohl, Nore,« sagte Sophie, »ich glaube wirklich, Sie ist mir im Ernst zugethan! Ich war neulich ein wenig aufgebracht, als ich Ihr den Dienst aufsagte; wenn Sie aber Lust hat zu bleiben, so mag Sie.« – »Auf mein' Ehr, Gnädige Frölen,« sagte Honoria, »mir soll's nicht in Sinn komm'n, 'R Gnaden zu verlassen. Sicherlich, ich hab' mir fast die Aug'n aus'n Kopf geweint, als 'R Gnad'n mir aufsagt'n. Ich müßt' wohl sehr undankbarlich seyn, wenn' ich Lust hätt' 'R Gnaden zu verlassen, weil' ich, so zu sag'n, all' mein Lebstag kein'n so guten Platz wieder kriegte. Bei mein'r Ehr! Ich wollt' mit 'R Gnad'n leben und sterben – denn, wie der arme Herr Junker Jon's sagt: glücklich ist der Mann –«

      Hier unterbrach die Glocke aus dem Eßsaal eine Unterredung, welche dergestalt auf Sophie gewirkt hatte, daß sie vielleicht ihrem Aderlassen des Morgens mehr zu verdanken hatte, als sie wohl damals vermutet hätte. Was ihre gegenwärtige Lage des Gemüts anbetrifft, werd ich mich an Horazens Regel halten und es nicht unternehmen, sie zu beschreiben, weil ich verzweifle, daß es mir gelingen möchte. Die meisten von meinen Lesern werden sich solche selbst leicht denken können, und die wenigen, welche dazu nicht im stande sind, würden das Gemälde nicht verstehen, oder wenigstens leugnen, daß es natürlich wäre, es möchte übrigens noch so richtig getroffen sein.

      Fünftes Buch.

      Enthält einen Zeitraum von etwas mehr als einem halben Jahre.

      Ueber die ernsthafte Schreibart und zu welchem Endzwecke solche eingeführt worden.

      Es kann sich leicht ereignen, daß keine Teile dieses stupenden Werkes dem Leser, beim Studieren desselben, weniger Vergnügen gewähren, als gerade diejenigen, welche seinem Verfasser in der Ausarbeitung die größeste Mühe gekostet haben. Hierunter mögen wahrscheinlicherweise diese Einleitungsversuche gerechnet werden, welche wir den in jedem Buche enthaltenen Geschichtsmaterien vorangesetzt haben, und welche, nach unsrer Entscheidung, dieser Art von schriftstellerischen Werken, der wir uns selbst an die Spitze gestellt haben, wesentlich notwendig sind.

      Von dieser unsrer Entscheidung irgend eine Ursache anzuführen, halten wir uns eben nicht verbunden; da es mehr als hinlänglich ist, daß wir es als eine, bei allen prosaisch-komisch-epischen Schriften notwendige Regel festgesetzt haben. Wer hat jemals nach den Ursachen jener genauen Einheit der Zeit und des Orts gefragt, welche jetzt in der dramatischen Dichtkunst für so wesentlich nötig angenommen wird? Welchen Kunstrichter hat man jemals befragt, warum ein Schauspiel nicht ebenso gut die Dauer von zwei Tagen als von einem umfassen könne? Oder warum das Auditorium (vorausgesetzt, daß es, wie die Domherren in ihren Stiftern, auf Landesunkosten reise) nicht ebensowohl fünfzig, als fünf Meilen von dannen entrückt werden dürfe? Hat irgend ein Kommentator wichtige Ursachen für die Grenzen aufgefunden, welche ein alter Kritikus dem Drama gesetzt hat, vermöge welcher solches aus nicht mehr oder weniger als fünf Akten bestehen soll? Oder hat irgend einer von unsern jetzt lebenden Kritikern es zu erklären versucht, was die modernen Richter unsrer Theater mit dem Worte Niedrig für eine Meinung verknüpfen? Wodurch es ihnen unterdessen glücklicherweise gelungen ist, alle wahre Laune von der Bühne zu verdrängen und das Schauspielhaus zu einem ebenso langweiligen Orte zu machen, als eine fürstliche Antichambre! Bei all dergleichen Gelegenheiten scheint die Welt eine Maxime aus der Jurisprudenz angenommen zu haben, welche heißt: Cuicunque in arte sua perito credendum

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