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gelbe Spinne lief kribbelnd über ihre Hand hin und veranlaßte sie, von der Bank aufzuspringen. Sie ging auf den Eingang zu und langte nach einer Rose, die oben in dem Laubwerk saß, konnte sie aber nicht erreichen. Dann ging sie hinaus und pflückte von den Schlingrosen; je mehr sie pflückte, um so eifriger wurde sie, und bald hatte sie den Rock voll. Sie trug sie in die Laube und setzte sich an den Tisch. Eine nach der andern nahm sie aus dem Schoß und legte sie auf die Steinplatte, dicht nebeneinander, und bald war der Stein verborgen unter einer rosenfarbenen, duftenden Schicht.

      Die letzte Rose war genommen; sie glättete die Falten des Rockes, und die losen Blütenblätter und die grünen Blätter, die sich in die Wolle des Kleides festgesetzt hatten, strich sie ab und blieb dann sitzen, die Hände im Schoß, und betrachtete den Rosenflor.

      Dieser Blütenton, der sich in Licht und Schatten kräuselte, vom Weiß, das errötet, bis zum Rot, das blaut, vom feuchten Rosa, das fast schwer ist, bis zu einem Lila so leicht, daß es kommt und geht, als schwebe es in der Luft. – Jedes einzelne, gerundete Blütenblatt, anmutig gewölbt, weich im Schatten, doch im Licht mit tausenden kaum sichtbaren Funken und Blitzen; mit all seinem holden Rosenblut, in Adern gesammelt und in die Haut zerstreut ... und dann der schwere, süße Duft, der treibende Brodem des roten Nektars, der auf dem Kelchgrunde der Blume braut.

      Schnell streifte sie ihre Ärmel auf und tauchte die nackten Arme in die milde, feuchte Kühle der Rosen hinein.

      Sie wühlte damit in den Rosen herum, die mit losgelösten Blättern zur Erde flatterten, dann sprang sie auf und fegte mit einer Bewegung alles das weg, was auf dem Tische war, und ging in den Garten hinaus, an ihren Ärmeln zupfend. Mit glühenden Wangen und hastigen Schritten ging sie die Steige hinab und hinaus, und langsam an dem Gartenwall entlang, auf den Fahrweg zu. Auf dem war, kurz vor der Einfahrt zum Hofe, ein Fuder Heu umgestürzt; mehrere Fuder hielten dahinter und konnten nicht vorwärts kommen. Der Verwalter prügelte den Kutscher mit einem braunen Stock, dessen Politur in der Sonne glänzte.

      Der Laut der Schläge machte einen unheimlichen Eindruck auf das Kind; sie hielt sich die Ohren zu und ging hastig nach dem Hof hinauf. Die Kellertür zum Brauhaus stand offen; sie schlüpfte da hinein und schlug die Tür hinter sich zu.

      Das war die vierzehnjährige Marie Grubbe, die Tochter von Herrn Erik Grubbe auf dem Tjeler Edelhof.

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      Das blaue Licht der Dämmerung lag über Tjele. Der Tau war gefallen und hatte dem Heueinfahren ein Ende gemacht. Die Mägde des Hofes waren im Stall und molken; die Knechte rumorten im Wagenschuppen und in der Geschirrkammer herum; die Fronbauern standen in Scharen vor dem Tor und warteten darauf, zum Abendbrot zusammengeläutet zu werden.

      In dem offenen Fenster stand Erik Grubbe und sah auf den Hofplatz hinaus; langsam und eines nach dem andern kamen die Pferde, ganz frei von Geschirr und Halfter, zur Stalltür heraus und gingen nach dem Wassertrog. Mitten auf dem Hofe stand ein Junge mit roter Mütze an einem der Portalsteine und setzte neue Zähne in seinen Rechen, und hinten in einer Ecke spielten zwei junge Windhunde Haschen zwischen dem hölzernen Pferd und dem großen Schleifstein.

      Wie die Zeit vorrückte, kamen die Knechte immer häufiger in den Stalltüren zum Vorschein, sahen sich um und zogen sich pfeifend oder trällernd zurück, eine Magd mit gefülltem Milcheimer kam in schnellem, kleinschrittigem Stapfen über den Hof, und die Fronbauern begannen, sich in das Tor hineinzuschieben, als wollten sie die Abendbrotglocke zur Eile antreiben. Unten aus der Küche schallte ein stärkeres Tummeln und Rasseln mit Eimern, Schüsseln und Bricken, dann wurden ein paar kräftige Züge an der Glocke getan, und sie schüttelte zwei Abteilungen rostiger Töne von sich, die jedoch bald erstarben in dem Holzschuhgeklapper und dem Geräusch von Türen, die gegen die Rahmen schurrten. Und dann war der Hof leer, nur die beiden Hunde standen da und kläfften um die Wette zum Tor hinaus.

      Erik Grubbe zog das Fenster zu und setzte sich bedächtig nieder. Er saß in der Winterstube. Die benutzten sie im Sommer wie im Winter sowohl als Wohnstube als auch als Eßstube, sie hielten sich fast nie in anderen Räumen als in diesem auf. Es war ein geräumiges, zweifenstriges Zimmer mit hohem Brustpaneel aus dunklem Eichenholz, die Wände waren mit einer Täfelung aus holländischen Steingutfliesen bekleidet, sie waren glasiert, weiß im Grunde und mit großen, blauen Rosen bemalt. Der Kamin war aus gebrannten Mauersteinen aufgemauert, eine Truhe war vor die Öffnung gestellt, sonst würde es ziehen, wenn man durch die Türen ging. Ein Tisch aus poliertem Eichenholz mit zwei großen, halbrunden Klappen, die fast bis auf den Fußboden hinabhingen, einige hochlehnige Stühle mit Sitzen aus hartem, blankgeschlissenem Leder und ein kleiner, grüngemalter Schrank, der hoch oben an der Wand hing, – weiter war nichts dadrinnen.

      Wie Erik Grubbe jetzt in der Dämmerung dasitzt, kommt seine Haushälterin, Ane Jensdatter, mit einem Licht in der einen Hand und einem Stüberchen euterwarmer Milch in der andern, herein. Das Stüberchen stellt sie vor ihn hin, sie selbst setzt sich an den Tisch, und das Licht stellt sie vor sich hin, doch läßt sie den Leuchter nicht los, sondern sitzt da und dreht ihn herum mit ihrer großen, roten Hand, die von vielen Ringen und großen Steinen glitzert.

      »Ach ja, ja ja, ja ja!« sagte sie, während sie sich setzte.

      »Nun, was gibts?« fragte Erik Grubbe und sah sie an.

      »Na, man dörpt doch woll stöhnen, wenn man sick afmaracht hät, dat man knapp miehr bi Sinn un Verstand is!«

      »Ja, geschäftige Zeiten! – Die Leute müssen in den Sommermonaten die Wärme erjagen, mit der sie in den Wintermonaten warm dasitzen wollen.«

      »Ja! Ji hewt god snaken! Äwersens allens hät sine Grenzen. De Räders in' Grawen und de Diksel in't Gras führen, dat is 'n slichtes Führen. Ick möt allens sülwst dohn. De Dirns sünd alltohop to nix nich' to bruken; Lewesgeschichten und Dörpsnak, ja, dorup verstahn se sik; dohn se wat, denn maken se dat verkiehrt, un' dahn warden möt dat und zworstens gründlich; un wer anners möt dat denn dohn as ick. Wulburg is krank, und Stine und Buel, de Dammeldirns, de stahn dor un' rackern sich af, dat se sweten ward, un kamen dorbi doch nich ut de Stell. Man künn ja doch ok 'n beten Hülp von Mari hebben, wenn Ji man mit ehr snaken wullt, owers de dörpt jo nix nich anfaten.«

      »Nun, nun; du redest dich ja von Atem und Verstand und um die Landessprache obendrein. Beklag dich nicht über mich, klage dich lieber selbst an; hättest du diesen Winter Geduld mit Marie gehabt und sie recht glimpflich angelernt und ihr den rechten Griff für alles gezeigt, dann würdest du jetzt Nutzen von ihr gehabt haben; aber du hattest keine Geduld, du warst heftig, und sie ward trotzig, ihr waret ja kurz davor, euch bei lebendigem Leibe zu zerreißen. Es ist, weiß Gott, mehr als Dank wert, daß die Sache jetzt ein Ende hat.«

      »Ja, so is dat nu! Nehmt Ji man Mari in' Schutz, Ji west jo ok de nächste dorto; äwersten, wenn Ji ehr in' Schutz nehmt, denn nehm ik min in' Schutz, Ji mögt det nu krumm nehmen oder dohn, wat Ji willt, weten sallt Ji dat doch, dat dor mihr Obstinatschigkeit in Mari is, as womit se dörch de Welt kamen kann. Äwer dat is nur ehr Sak, blots dat se so boshaft is – ja! Ji seggt nee, äwerst se is boshaft, nie nich kann se de lütt Ane in Ro laten, nie nich; se föhrt öwer ehr her mit Knuffen und Puffen un böse Wühr, solang as de Dag is; dat arme Göhr künn sik würklich wünschen, det se nie up de Welt kamen wier, un det künn ick mi ok man wünschen, un ick wünsch mi dat ok, so bedrövelich as dat ok is. Ach, du leewe Herrgott, seh in Gnaden up uns dahl. Ji west nich de sülwig Vadder för de beiden Kinners, öwers dat versteiht sich, allens wat recht is, de Vadder ehre Sünden sall'n heimsöcht warden an de Kinners bet in't drürre un vierte Glied, un de Mudder ehre Sünden likerwelts, un de lütt Ane is ja man blots 'n Hurenkind, – ja! ick sägg dat grad herut, se is 'n Hurenkind, 'n Hurenkind vör Gott un Minschen; – öwers Ji, da Ji ehr Vadder wesen deit, Ji süllt Jug schämen, dat süllt Ji – ja, det segg ick, un' wenn Ji dorüm ok Hand an mi leggen wullt, as den Micheliabend for twe Johr, Ji sallt Jug wat schämen, ja, pfui, schämen sallt Ji Jug, dat egen Kind föhlen laten, dat se in Sünden empfangen is, un Ji lat ehr dat föhlen, Ji und Mari ok, Ji lat' ehr un mi dat föhlen, ja, un wenn Ji

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