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ihre Mützen in die Höhe, umschlangen einander, machten wilde Sprünge und wollten ihn auf ihren Schultern als Triumphator in der Halle herumtragen.

      Aber Tarvin entzog sich dieser Huldigung: ihm war auf einmal die Kehle wie zugeschnürt, und blindlings die Menge durchbrechend, die ihn auf dem Podium umringte, flüchtete er in das Ankleidezimmer neben dem Saal. Er warf die Thüre hinter sich ins Schloß, verriegelte sie sogar und sank, sich die Stirne trocknend, auf einen Stuhl.

      »Und der Mann, der das vermag,« brummte er vor sich hin, »ist nicht im stande, ein fadendünnes kleines Ding zu überreden, daß sie ihn heiratet.«

      Drittes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Am andern Morgen lief in ganz Cañon City das Gerücht um, daß Tarvin seinen Gegner einfach vernichtet habe, und mehr als Gerücht, wohlverbürgte Thatsache war, daß Sheriff, als er sich ziemlich kleinmütig angeschickt hatte, das Wahlprogramm des Redners vorschriftsmäßig zu bekämpfen, durch die einmütige öffentliche Meinung gezwungen worden war, den Mund zu halten. Trotzdem begrüßte er Tarvin auf dem Bahnhof, wo beide in den nämlichen Zug nach Topaz einsteigen wollten, mit anerkennenswerter Höflichkeit und machte durchaus nicht Miene, seinem Widersacher scheu auszuweichen. Wenn Tarvin Kätes Vater wirklich »in den Staub getreten« hatte, wie ganz Cañon City sich vernehmen ließ, so schien dieser seine Vernichtung nicht sonderlich schwer zu empfinden. Tarvin überlegte bei sich, daß Sheriff allerdings Grund habe, sich mit einer andern Niederlage des jüngeren Mannes zu trösten, die diesen Triumph wohl aufwog, und diese Ueberlegung zog die zweite nach sich, daß er sich einfach lächerlich gemacht habe. Er hatte die Genugthuung gehabt, dem Nebenbuhler öffentlich seine Überlegenheit beweisen zu können, und das Vergnügen genossen, seiner Partei greifbar klar zu machen, daß er immer noch eine Kraft sei, auf die man bauen könne, wenn sich auch im Kopf eines jungen Mädchens tolle Weltverbesserungsideen angesiedelt hatten. Aber förderte ihn das etwa bei Käte? Es förderte ihn nicht, es schied ihn eher von ihr, wenigstens soweit der Vater Einfluß auf die Sache hatte und soweit seine Wahlaussichten dadurch verbessert wurden. Daß er gewählt werden würde, stand ihm jetzt fest. Aber was half es ihm? Selbst die Würde eines Sprechers, die er vor ihr hatte funkeln lassen, schien ihm nach den Erfahrungen des heutigen Abends ins Gebiet der Möglichkeiten gerückt, aber die einzige Präsidentschaft, nach der Tarvins Sinn wirklich stand, war die über Kätes Herz – wenn sie ihn nicht wählte, was’ nützten ihm alle andern Stimmen?

      Er fürchtete ernstlich, daß ihm diese höchste Würde nicht so bald blühen werde, und als er sich den untersetzten, vierschrötigen Mann ansah, der gleich ihm auf dem Bahnsteig stand, kam er auf den Gedanken, diesen dafür verantwortlich zu machen. Käte würde sicher nicht nach Indien gehen, wenn sie einen andern Vater hätte, einen Mann, wie er ihrer etliche kannte! Aber solch ein schmiegsamer, schlauer, selbstsüchtiger Protz, der’s mit niemand verderben wollte – was ließ sich von so einem erwarten? Wenn hinter der Geschmeidigkeit Kraft gesteckt hätte, würde Tarvin diese Eigenschaft geschätzt statt mißachtet haben, aber er hatte seine eigenen Gedanken über einen Mann, der an einem Ort wie Topaz zufällig reich geworden war.

      Was für Taruin diesen Sheriff so unleidlich machte, war das von ihm dargebotene Schauspiel eines Mannes, der ohne sein Zuthun plötzlich verblüffend reich geworden ist und nun als Glückspilz umherging, ängstlich vermeidend, irgend jemand auf die Hühneraugen zu treten. In der Politik betrieb er diese Kunst mit besonderem Eifer, außerdem war er aber jetzt Hort und Stolz des Komitees, das einen Eisenbahningenieursball arrangierte, half den »Tempelrittern« Ausflüge zu stand bringen, war Mitglied aller erdenklichen Vereine und die Zuflucht derer, die Wohlthätigkeitsbazare, Theatervorstellungen und Austerndiners zu guten Zwecken und hohen Preisen in Scene setzten. Ohne wählerisch zu sein, nahm er an Austernessen wie an jedem andern Wohlthätigkeitssport in Topaz teil, und zwar nicht allein, Frau und Tochter mußten mitgehen und ihre Wohnstube füllte sich mit Puppen im Täuflingsputz, protestantischen Stickereien, katholischen Sofakissen und künstlerischen Spritzarbeiten – es entstand eine wahre Sammlung.

      Allein diese Allerweltsliebenswürdigkeit machte den Mann durchaus nicht so beliebt, als er es verdient hätte. Die dunklen Ehrenmänner nahmen sein Geld und hielten an ihrer Meinung über den Mann fest; Tarvin, sein Gegner, hatte den Leuten gezeigt, wie er über derartige Politik dachte, indem er sich offen weigerte, auch nur eine einzige Eintrittskarte zu nehmen. Dieser thörichte, erbärmliche Drang, es allen Leuten recht zu machen, war, wie Tarvin richtig erkannte, auch der Grund von Sheriffs schlaffem Verhalten der töchterlichen Narrheit gegenüber. Weil Käte eben durchaus gehen wolle, fand es der Vater schließlich bequemer, sie gehen zu lassen. Er versicherte, den Plan anfangs heftig bekämpft zu haben, und das glaubte ihm Tarvin auch, denn er wußte ja, daß der Vater an seinem Kind hing. Nicht Mangel an gutem Willen machte er ihm zum Vorwurf, aber Mangel an der Fähigkeit, seinen Willen durchzusetzen. Schließlich mußte er sich freilich sagen, daß die eigentlich Schuldige wie in allen Stücken so auch in diesem Käte selbst war, denn ihr Starrsinn war allen Vorstellungen unzugänglich.

      Als der Topazer Zug angekommen war, stiegen Sheriff und Tarvin in denselben Wagen. Tarvin hatte gerade nicht das Bedürfnis, sich während der Fahrt mit Kätes Vater zu unterhalten, aber es sollte auch nicht aussehen, als ob er ein Gespräch scheute. Im Wagen bot ihm Sheriff eine Cigarre an, und als dann Dave Lewis, der Schaffner, hereinkam, begrüßte ihn Tarvin als alten Freund und forderte ihn auf, sich ein wenig zu ihnen zu setzen, wenn seine Dienstpflichten erledigt wären. Tarvin mochte den Mann wohl leiden, wie er tausend andre Zufallsbekannte leiden mochte, die ihm irgendwo in den Weg gekommen waren und bei denen er sich großer Beliebtheit erfreute: die Aufforderung entsprang übrigens wenn auch nicht ganz, so doch teilweise dem Wunsch, ein Alleinsein mit Sheriff zu vermeiden. Redselig teilte ihnen der Mann mit, daß er den Präsidenten der C. C. C. im Zug habe, der mit seiner Gesellschaft in einem eigenen Salonwagen fahre.

      »Was der Tausend!« rief Tarvin und bat dann seinen Freund, ihn auf der Stelle dem Präsidenten vorzustellen, der ihm gerade recht käme.

      Lachend sagte der Schaffner, daß er doch kein Bahnvorstand sei und so etwas nicht wagen dürfe. Als er aber nach vollendeter Runde wieder in den Wagen kam, erzählte er, der Präsident habe ihn gefragt, ob er ihm nicht einen rechtschaffenen Mann in Topaz empfehlen könne, der ein Herz für öffentliche Angelegenheiten habe und mit dem sich die Frage, ob die drei C, nach Topaz kommen sollen, vernünftig erörtern ließe. Darauf hatte ihm der Schaffner gesagt, daß sich gleich zwei für diesen Zweck geeignete Herren im Zug befänden, und nun lasse der Präsident ihnen sagen, es würde ihm sehr angenehm sein, wenn sie sich in seinen Wagen bemühen und ihm ihre Aufmerksamkeit schenken mochten.

      Seit einem ganzen Jahr hatte der Verwaltungsrat der Central-Colorado-California-Eisenbahnlinie Beratungen gepflogen, ob die Bahn über Topaz geführt werden solle oder nicht, und die Mitglieder hatten sich in der leidenschaftslosen, unparteiischen Weise geäußert, die Verwaltungsräten eigen ist, solange sie Zuspruch und Aufmunterungen von allen Seiten erwarten. Die Handelskammer von Topaz hatte den Wink begriffen und es an der gewünschten Ermutigung nicht fehlen lassen. Diese hatte die Gestalt einer städtischen Anleihe und von Landschenkungen angenommen, und schließlich hatte man sich durch Ankauf von Aktien zu einem in die Höhe getriebenen Preis an dem Unternehmen selbst beteiligt. Das war aller Ehren wert, selbst für eine Handelskammer, aber von städtischem Hochmut und Ehrgeiz gespornt, hatte Rustler sie übertrumpft. Rustler lag fünfzehn Meilen von Topaz entfernt, höher in den Bergen, folglich auch näher bei den Bergwerken, und Topaz bekam seine Nebenbuhlerschaft auch in andern Angelegenheiten als der dieser Eisenbahnlinie zu fühlen.

      Nie beiden Städte waren ungefähr zu gleicher Zeit entstanden und erblüht, dann hatte die Lebenskraft Rustler verlassen und sich in Topaz niedergelassen. Das hatte Rustler eine gehörige Anzahl von Bürgern gekostet, die an den gedeihlicheren Ort übersiedelten: Manche davon hatten ganz einfach ihr Haus auf den Rücken genommen wie die Schnecken, das heißt es auf einen Güterwagen geladen und als Frachtgut nach Topaz geschickt, was den Zurückbleibenden einen großen Schrecken einjagte. Neuerdings aber rührte sich in Topaz das unbehagliche Gefühl, daß ihm etliches aus den Fängen

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