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– ohne dass sie darunter leiden – dass ihr Vater es vorzieht, in der Welt umherzuzigeunern, anstatt sich um seinen Jungen und seine kleine Tochter zu kümmern?«

      »Bist du es leid, dich um Heidi und Carsten zu sorgen?« Das sympathische, unbekümmerte Gesicht des Bruders spannte sich. »Dann sag es nur geradeheraus und rede nicht lange um den heißen Brei herum.«

      »Ich habe Heidi und Carsten gern, sehr gern sogar, weil … Lassen wir das.«

      »Sprich es nur aus, Matthias. Ich weiß sowieso Bescheid. Du hast meine Kinder lieb, weil du die Mutter der beiden geliebt hast. Ich kann nichts dafür, dass Isabell damals mir den Vorzug gegeben und mich geheiratet hat.«

      Das Gesicht des Försters rötete sich jäh.

      Er wandte sich ruckartig ab und trat ans Fenster und starrte hinaus. Seine Hände spannten sich um den Sims, dass die Knöchel weiß hervortraten.

      »Sprechen wir nicht von Isabell. Lassen wir der Toten ihren Frieden. Ja, ich habe die Kinder gern, aber da ist etwas, das mir Sorgen macht, große Sorgen.«

      »Und das wäre?«

      »Ich befürchte, dass Heidi und Carsten deinen leichtsinnigen, unsteten Charakter geerbt haben. Ich bemühe mich, dieser Veranlagung entgegenzuwirken, durch Autorität, manchmal durch Strenge. Auch darum möchte ich nicht, dass die Kinder schon jetzt erfahren, dass ich nur ihr Onkel bin, weil ich dann wahrscheinlich noch weniger Autorität bei ihnen hätte.«

      »Natürlich, Matthias, ich werde Heidi und Carsten nicht verraten, dass ich ihr Vater bin, das verspreche ich dir. Ich schweige. Vorläufig jedenfalls. Aber eines Tages müssen sie es ja doch erfahren.«

      »Sicher. Eines Tages …« Matthias stockte. Noch immer stand er am Fenster, und sein Blick verlor sich im dichten Grün des Waldes, den er liebte.

      »Es tut mir leid, Matthias, ehrlich, es tut mir leid, dass die Kinder dir Schwierigkeiten machen. Kann Frau Jahnke sich nicht bei ihnen entsprechend durchsetzen? Bleibt die Erziehung überwiegend an dir hängen?«

      »Ja. Übrigens, Frau Jahnke wird mich verlassen. Ich suche bereits händeringend eine neue Haushälterin oder ein Kindermädchen. Ich habe bereits überall in den Dörfern herumgefragt und neulich ein Schild im Lebensmittelgeschäft aufgehängt. Leider vergeblich.«

      »Hast du keine Anzeige aufgegeben?«

      »Doch, aber die Bewerberinnen, die sich vorstellten, waren einfach indiskutabel.«

      Björn ging auf seinen Bruder zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Matthias, ich würde dir meine Kinder gern abnehmen, wenn – ja, wenn ich die richtige Frau finden würde. Aber nur heiraten, um Heidi und Carsten eine neue Mutter zu verschaffen, das kann ich einfach nicht.« Die letzten Worte klangen erregt.

      Der Forstmeister drehte sich langsam um. Ein spöttisches und dennoch verständnisinniges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Mir scheint, mein lieber Bruder, du hast sowieso einen regelrechten Horror vor der Ehe. Du liebst doch dein ungebundenes Leben viel zu sehr, oder?«

      Björn Hartmann wand sich vor Verlegenheit. »Sicher, aber wenn mir die Richtige über den Weg laufen würde, ein patentes Mädchen, das Herz auf dem rechten Fleck … Na ja, warten wir es ab. Momentan ist jedenfalls keine in Sicht, für die ich meine Freiheit opfern würde. Und so lange … Also, wenn dir Heidi und Carsten über den Kopf wachsen, sehe ich nur einen Ausweg …«

      »Ja?«

      »Ich müsste sie in ein gutes Internat geben. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.«

      Die Gestalt des Försters straffte sich. »Kommt nicht infrage.«

      »Danke, Matthias. Du bist ein fabelhafter Kerl. Wenn es dir recht ist, werde auch ich mich nach einer Haushälterin umsehen. Darf sie jung und hübsch sein?«

      Matthias lachte auf. »Sie darf alt und hässlich sein, wenn sie nur selbstständig arbeiten kann und kinderlieb ist.«

      »Und die bereit ist, in die Waldeinsamkeit zu ziehen«, fügte Björn hinzu.

      »Allerdings.«

      »Ich werde die Augen und Ohren offen halten, Matthias. Wir werden schon jemanden finden.«

      »Es eilt. Frau Jahnke droht mir fast jeden Tag mit der Kündigung«, seufzte der Förster.

      »Sie ist auch schon über fünfundsechzig, also im Rentenalter, nicht wahr?«

      »Stimmt. Siebenundsechzig ist sie. Der Ruhestand sei ihr vergönnt«, erwiderte Matthias.

      »Sag mal, Matthias, hast du eigentlich nie daran gedacht, zu heiraten?«, wollte der Bruder wissen.

      »Meine Antwort wird dir bestimmt irgendwie bekannt vorkommen«, meinte Matthias und verzog spöttisch den Mund.

      »Ich höre.«

      »Mir ist die Richtige noch nicht über den Weg gelaufen, Bruderherz.«

      Björn lachte.

      »Das dürfte auch schwierig sein. Wenn ich nicht irre, lebst du noch immer wie ein halber Eremit. Du solltest hin und wieder mal an Abwechslung denken, dich unter Menschen mischen, wenigstens ins Theater oder Konzert gehen, um Frauen und Mädchen kennen zu lernen. Wenn du dauernd im Wald hockst, wie willst du die Frau fürs Leben treffen?«

      »Und du, Bruderherz? Schlägst du nicht oft genug über die Stränge? Lernst du zu wenig Frauen und Mädchen kennen?«

      Björn grinste lausbubenhaft. »Das kann man nicht gerade sagen.«

      »Siehst du. Auf die Menge kommt es nicht an.«

      »Schon möglich. Das ist höhere Philosophie, also nicht mein Fall. Jedenfalls wünsche ich dir von Herzen, dass dir eines Tages die Frau begegnet, die wirklich zu dir passt. Nur …« Er schwieg und schaute seinen Bruder an.

      »Sprich dich nur aus.«

      »Für mich sähe es wahrscheinlich übel aus, wenn du heiraten würdest. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau die beiden fremden Kinder akzeptieren würde, meine Kinder. Was sollte dann wohl werden?«

      »Mach dir darüber keine Sorgen, Björn. Es ist weit und breit keine Frau in Sicht, für die ich meine Freiheit opfern würde. Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden.«

      »Das freut mich, Matthias, das freut mich ehrlich!« Björn Hartmann strahlte den Bruder an. Er hatte kein Ohr für bittere Untertöne.

      »Wie lange bleibst du diesmal?«

      »Nur ein paar Stunden, leider. Aber ich komme wieder«, fügte er rasch hinzu.

      »Was hast du denn momentan vor?«

      »Ach, ich soll mich für einen südamerikanischen Händler in Europa nach gebrauchten Baumaschinen umsehen, in Deutschland, Holland, Dänemark und Schweden. Darum muss ich in den nächsten Wochen viel herumreisen. Aber ich komme wieder, vielleicht auch zwischendurch, bevor ich nach Südamerika zurückkehre. Ich möchte doch auch ein bisschen was von meinen Gören haben.«

      »Aber vorläufig nur als Onkel Björn, vergiss das bitte nicht«, sagte Matthias mit Nachdruck.

      »Okay, ich sehe ja ein, dass dies die vernünftigste Lösung ist. Du bist überhaupt immer so vernünftig, Matthias, schon immer gewesen, auch als Kind.«

      In diesem Augenblick stürmten die Kinder ins Zimmer. Carsten schwenkte aufgeregt einen Lastwagen mit Fernsteuerung. »Zeigst du mir, wie das funktioniert, Onkel Björn?«

      »Klar! Komm her, mein Junge.«

      Heidi trug eine Schachtel vor sich her. »Schau mal, Vati, daraus kann man selbst Ketten und allerlei Sachen machen. Darf ich Tante Julia eine Kette basteln und dann schenken?«

      »Wem? Wer ist denn Tante Julia? Ach, du meinst die junge Dame mit dem Zelt?«

      »Ja, sie ist so lieb. Ich möchte ihr …«

      »Du wirst keine Gelegenheit

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