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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 55. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 55
Год выпуска 0
isbn 9783954393725
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Zumarraga hatte Hasard verraten müssen, was weiter mit Godefroy von Manteuffel geschehen war. Er war dem Piraten Uluch Ali in die Hände gefallen. Ali hatte ein Lösegeld gefordert. Graciela hatte es gezahlt, doch ihre Brüder hatten Zumarraga, den Mittelsmann und Unterhändler in diesem verabscheuungswürdigen Geschäft, ersucht, sich das Geld in die eigene Tasche zu stecken. Zumarraga hatte es getan. Hasard hätte ihn deswegen am liebsten umgebracht. Aber jetzt hatte der alte Schurke ja, was ihm zustand: den Tod.
Sie hatten Gracielas Ehe nicht gewollt, die drei Brüder de Coria. Sie hatten den kleinen „Bastard“ mit der Kogge abgeschoben, wie sie auch Godefroy von Manteuffel ins Verderben zu jagen hofften. Die Sache mit den fünf Jahren Dienst als Ritter des Malteserordens war doch nur ein Vorwand gewesen! Selbstverständlich hatten sie darauf gehofft, daß er im Kampf mit Piraten sein Ende finden würde.
Und so schien es ja auch gekommen zu sein. Wie hatte sich Uluch Ali denn wohl verhalten, nachdem er das Lösegeld nicht empfangen hatte? Hasard gab sich keinen falschen Hoffnungen hin. Sein Vater war tot. Bestimmt. Aber er wollte die Bestätigung dafür haben. Und er wollte noch ein Wörtchen mit diesem Uluch Ali reden.
Hasard wurde in seinen Grübeleien unterbrochen, als der Kutscher mit ziemlich mürrischer Miene die Kombüse im Vordeck verließ, über die Kuhl marschierte, zum Hauptdeck aufenterte und sich dem Backbordschott des Achterkastells zuwandte. Er trug einen Kübel mit heißem Wasser, Tücher und einige andere Utensilien seines Metiers als Feldscher bei sich.
Hasard grinste. Er wußte ja, um was es ging. Er selbst hatte die Anweisung erteilt, Salvador de Coria die Gesichtswunde zu verarzten. Der Kutscher führte den Befehl natürlich äußerst ungern aus. Er hätte de Coria viel lieber in dessen eigenem Fett schmoren lassen, so, wie die Crew es mit dem elenden Halsabschneider und Halunken Romeronde Zumarraga getan hatte, nachdem sie ihn gepackt und entführt hatte.
Hasard folgte dem Kutscher. Der Gang im Achterdeck war in diffuses Halbdunkel getaucht. Folgte man seinem geraden Verlauf bis zum Heck, so gelangte man in die Kapitänskammer, Hasards Allerheiligstem. Bog man nach links in einen Nebengang ab, stieß man auf die Kammer, in der der Gefangene untergebracht war.
Salvador de Coria! Generalleutnant und Beauftragter des Königs Philipps II. für das Festungswesen, speziell für Küstenbefestigungen. Es war purer Zufall gewesen, daß er am Vortag von Hasards Exekution im Fort San Sebastian erschienen war. Als er von dem Prozeß und den rätselhaften Begleitumständen erfahren hatte, hatte sich de Coria unbedingt den Verurteilten im Kerker ansehen wollen.
Ja, er hatte Hasard in die eisblauen Augen geschaut, und da hatte es in seinem Gehirnkasten gefunkt. Er hatte begriffen, wen er vor sich hatte – und hatte Hasard mit Beschimpfungen, Schmähungen und Hohn überhäuft. Aber er hatte sich mächtig ins Fleisch geschnitten. Denn es war kein am Boden zerstörter Todeskandidat gewesen, der ihm da aus der Zelle heraus Kontra geboten hatte. Selbstmitleid? Hasard kannte es nicht. Todesangst? Hasard verachtete sie und spuckte seinen Peinigern und Widersachern ins Antlitz.
De Coria hatte ihn zum Duell gefordert. Hasard hatte ihn daraufhin mit dem Degen halb ausgezogen und vor aller Augen gedemütigt.
Die Crew wußte inzwischen auch, was für eine Prachttype dieser Spanier war. Und der Kutscher hätte ihm wohl gern das heiße Wasser ins Gesicht geschüttet, als er die Kammer betrat.
Da saß er nun, bewacht von dem grimmigen Profos Edwin Carberry. Salvador de Coria, Hasards „Onkel“. Es war eine echte Ironie des Schicksals, diesen Schurken als Verwandten erkennen zu müssen.
Der Kutscher wollte die Tür hinter sich zuschieben, aber Hasard drückte sich in den Spalt.
„Entschuldige“, sagte der Kutscher überrascht. „Ich habe dich nicht gehört.“
Carberry grinste wie ein Faun. „Er hat den Gang einer großen Wildkatze. Mir ist das auch schon passiert, Kutscher. Plötzlich hast du den Seewolf im Rücken und merkst es erst, wenn du dich umdrehst. Mann, wer möchte dich zum Feind haben, Hasard?“
Das war ganz klar auf de Coria gemünzt. Carberry schoß einen Blick auf den Mann ab, in. dem sich alles mischte: seine Verachtung, sein Zorn und sein Fluch über alle die, die sich gegen den Seewolf gewandt hatten.
De Coria hockte auf seiner Koje. Er hatte sich mit dem Rücken in die Ecke gelehnt und schien unter Carberrys Worten mehr und mehr zu schrumpfen. Er war bereits über Fünfzig, doch das fortschreitende Alter hatte seiner Arglist und Verschlagenheit keinen Dämpfer aufgesetzt. Sein Gesicht war verlebt, unter den kalten dunklen Augen hoben sich Tränensäcke ab. Da nutzten auch der Knebelbart und die schlank gebliebene Statur nichts: Die Spuren seines unlauteren Lebenswandels waren unverkennbar.
Er war ein Schürzenjäger gewesen, der rund einem Dutzend Mädchen Kinder gemacht hatte, ohne sich im weiteren noch um die „Entehrungen“ der Señoritas und deren Schicksale zu kümmern. Godefroy von Manteuffel, der alles andere als das im Sinn gehabt hatte, war von de Coria verdammt worden, doch Salvador de Coria selbst war das wandelnde Emblem der Unmoral und des Lasters.
Er hatte aus dem Duell mit Hasard eine Degenschnittwunde quer übers Gesicht davongetragen. Sie machte ihm zu schaffen. Der Verband mußte dringend gewechselt werden.
Der Kutscher setzte sich neben ihn auf die Kojenkante und sagte: „Also schön, ich muß dir eine neue Binde verpassen, Don Philipp von der traurigen Gestalt. Halt gefälligst still. Ed, assistierst du mir?“
Carberry trat näher. „Klar tue ich das. Soll ich den Knaben festhalten?“
„Lieber nicht, du brichtst ihm bloß die Knochen.“
De Coria musterte sie aus flackernden Augen. „Ich weiß, was ihr wollt. Aber ich bin bereit. Ich werde euch beweisen, daß auch ein Mann meines Alters körperlichem Schmerz trotzen kann.“
Carberry beherrschte inzwischen wie alle anderen Männer der Crew die spanische Sprache. Er hatte de Corias Äußerung also verstanden. „Du denkst, wir foltern dich? Bloß so, zum Vergnügen? Da irrst du dich aber, du Affenarsch. Ich breche dir nur die Knochen, wenn du irgendwelche Mätzchen versuchst.“
Der Kutscher begann, den Verband abzunehmen und die Degenschnittwunde auszuwaschen. Hasard, der bis dahin lässig am Türrahmen gelehnt hatte, tat drei Schritte auf de Coria zu. Ihre Blicke trafen sich und verfingen sich ineinander.
„Meine Männer sind nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt wie deine Landsleute und Verbündeten, Onkel“, sagte Hasard. Seine Worte waren von eisiger Höflichkeit. „Bei uns ist auch ein Gefangener noch ein Mensch, dessen Ehre geachtet wird, solange er nicht aufmüpfig wird.“
De Coria schnitt eine qualvolle Grimasse, weil der Kutscher mit dem Auswaschen der Blessur begonnen hatte. Carberry hielt den Holzkübel mit dem Wasser.
„Warum dies?“ erwiderte de Coria gepreßt. „Warum hast du mich als Geisel genommen? Genügt es dir nicht, mich im Zweikampf gedemütigt zu haben?“
„Wer hat mich denn herausgefordert, mein Lieber?“
„Spar dir deinen Spott. Ich stehe zu meinen Niederlagen.“
„Ausgezeichnet, das hätte ich gar nicht gedacht.“ Hasard war immer noch höflich, aber er verhehlte seine abgrundtiefe Verachtung nicht. „Dann solltest du deinen Verstand auch weiterhin arbeiten lassen und ganz zwangsläufig zu der Erkenntnis gelangen, daß du für uns das großartigste Faustpfand bist, das man sich denken kann.“
„Wegen etwaiger Verfolger?“
„Nicht nur deswegen.“
De Coria krümmte sich. Der Kutscher pinselte ihm einen Balsam gegen Entzündungen auf, ein scharfes, aber sehr wirksames Mittel. De Coria wollte den Kopf nach unten wegziehen, aber Carberry hielt ihn plötzlich