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Griechische Mythologie. Ludwig Preller
Читать онлайн.Название Griechische Mythologie
Год выпуска 0
isbn 9788027230273
Автор произведения Ludwig Preller
Жанр Сделай Сам
Издательство Bookwire
Im Peloponnes waren mehrere der höchsten Berge uralte Stätten des Zeusdienstes und als solche zugleich die ältesten Mittelpunkte der Sagen- und Stammesbildung. Für Argos und die Gegend von Nemea war der Berg Apesas ein solcher Mittelpunkt, ein überaus malerischer, weithin sichtbarer, wie ein riesiger Opfertisch emporragender Berg, dergleichen durch die Naturreligion alsbald in Beschlag genommen und durch Gottesdienst und heilige Sage eingeweiht zu werden pflegte. Hier deutet der Name wieder auf Gewölk und Regen, der erste Priester Perseus und die Sage vom Nemeischen Löwen auf Lichtdienst213. Für das nördliche Arkadien und das angrenzende Achaia war der schneebedeckte Kyllene, wo Zeus mit der Wolkengöttin Maia den Regengott Hermes zeugte, für Messene und die Messenier der gleichfalls im höchsten Grade malerische, fruchtbare und weithin sichtbare Berg Ithome (Ζεὺς Ἰϑωμάτας), für die spartanische Ebene der ragende Taygetos in gleicher Weise heilig, denn hier hatte Zeus mit der Pleiade Taygete, einer Schwester der Maia, den Lakedaemon gezeugt und mit der Leda die Dioskuren und Helena. Für Arkadien insgemein aber und für die ganze Pelopsinsel war der Lykaeische Berg an der arkadisch-messenischen Grenze und der dortige Dienst des Lykaeischen Zeus durch viele alterthümliche Sagen und Gebräuche auch für die spätere Zeit von großer Bedeutung geblieben. Auch hier thronte Zeus in lichter Höhe auf dem Gipfel des Berges214, den man Olympos und den heiligen Gipfel nannte und wo der geweihte Bezirk (τὸ ἄβατον) bei Lebensstrafe von Niemandem betreten werden durfte. Innerhalb desselben, glaubte man, werfe kein Gegenstand einen Schatten, ein bildlicher Ausdruck sowohl für die lichte Natur des dort heimischen Gottes als für die unverletzliche Heiligkeit des Orts. Auf dem obersten Gipfel des Berges, von wo man eine weite Aussicht über Arkadien und die anliegenden Landschaften und das Meer hat, vergegenwärtigten ein Altar von Erde und zwei gegen Sonnenaufgang sehende Adler den mächtigen Gott des höchsten Himmels, dem der kühne, bis zu den Quellen des Lichts aufsteigende und von dort wie ein Blitz auf seine Beute niederfahrende Adler seit alter Zeit und durch ganz Griechenland heilig war215. Von dem Altare erzählte man sich daß Lykaon, der mythische Urheber des Gottesdienstes, ihn gestiftet und dabei zuerst dem Zeus ein Kind geopfert und darüber zum Wolfe geworden sei: die gewöhnliche mythologische Begründung eines in diesem Cultus bestehenden Gebrauchs nicht allein Thiere, sondern auch Menschen zu opfern, welches Opfer zugleich für nothwendig zur Sühne, aber doch auch für eine Blutschuld galt; daher der Betheiligte fliehen mußte und auf der Flucht wie man glaubte in einen Wolf verwandelt wurde, nach neunjähriger Buße aber zurückkehren durfte und wieder zum Menschen d. h. gereinigt und wiederhergestellt wurde216. Also bedeutete der Wolf in diesen Erzählungen wie sonst bei verschiedenen Gelegenheiten den flüchtigen Mörder; dahingegen er in andern Erzählungen von diesem Berge die physikalische Bedeutung der wilden Natur d. h. der winterlichen Stürme und Wetter zu haben scheint, welche in dieser Gegend des durchweg rauhen Arkadiens besonders zu Hause waren217. Daher auch Zeus vorzüglich in diesem Sinne verehrt wurde und wie der Z. Laphystios in Thessalien und Arkadien einer blutigen Sühne bedurfte, also vorzüglich deshalb Λύκαιος benannt sein mochte, wie das Gebirge selbst τὸ Λύκαιον. Was aber den Glauben des Volkes nicht abhielt ihn im heißen Sommer, wenn die Saaten des Feldes und die Bäume des Waldes schmachteten, als einen milden Spender erfrischenden Regens zu denken und anzubeten: daher in solchen Fällen der Priester des Zeus nach Gebet und Opfer zu einer heiligen Quelle des Berges ging und das Wasser mit dem Zweige einer Eiche berührte, worauf das Wasser, so erzählte man, alsbald in Aufregung gerieth, bis ein Nebel emporstieg der sich zur Wolke bildete und andere Wolken anziehend endlich den erwünschten Regen spendete218. Auch wiesen die peloponnesischen und arkadischen Stammsagen auf dieses Gebirge als auf die Wiege der peloponnesischen Menschheit zurück, sowohl nach ihrem Ursprunge als nach ihren ältesten Schicksalen. Hier war Pelasgos im stillen Geheimnisse des Urwaldes aus dem Schooße der Erde geboren. Hier gründete sein Sohn Lykaon die Stadt Lykosura, die älteste aller Städte, welche Helios zuerst gesehen. Dann stiftet Lykaon jenen blutigen Dienst des Lykaeischen Zeus und das Kampfspiel der Λύκαια, das angesehenste in Arkadien219. Auch galt Lykaon für den Vater der arkadischen Heroine Kallisto und eines zahlreichen Geschlechts von Söhnen, deren Namen und Geschichte sowohl die älteste Geschichte des Landes und seiner Städte als den frevelmüthigen Character einer Urzeit wiederspiegelt, welche man auch in Arkadien für eine gewaltthätige und gigantische hielt. Alle Brüder bis auf einen mußte Zeus vertilgen, ehe er den Stamm frische Sprossen treiben ließ220.
Auch der attische Zeusdienst ist wesentlich Naturreligion geblieben, übrigens von besonderem Interesse deswegen weil sich hier der Gegensatz des freundlichen (Ζ. μειλίχιος) und des zürnenden (Ζ. μαιμάκτης) Himmelsgottes noch deutlicher als sonst ausdrückt. Die alte Stätte dieses Dienstes war die Burg von Athen, daher er Ζ. Πολιεύς hieß. Kekrops der attische Urmensch hatte dort der Sage nach dem Ζ. ὕπατος d. i. dem obern oder Himmelsgotte den ersten Altar geweiht und die milden Opfergebräuche eingerichtet, welche den arkadischen Menschenopfern entgegengesetzt zu werden pflegten, sammt den unter dem allgemeinen Ausdruck ἀποδιοπομπήσεις zusammengefaßten Sühngebräuchen, durch welche man für die Feldfrüchte und die in Attika so wichtigen Oelbäume221 in der heißen Jahreszeit Regen und Kühlung vom Himmel beschwor. Gegen den Ausgang des Winters (23 Anthesterion) wurden die Diasien gefeiert, mit feierlichen Opfern und Opferschmäusen, aber auch mit düsteren Gebräuchen und Sühnungen, weil der Frühling kam, aber der Himmel in dieser Zeit noch sehr kalt und stürmisch zu sein pflegt222. Bei weiter vorgerücktem Frühjahre (19 Munychion) folgten die ritterlichen Diasien. Um die Mitte des Sommers (14 Skirophorion), wo die Hitze am höchsten stieg, wurde das Fest der Buphonien oder Dipolien gefeiert, wo trotz jener milden Stiftungen des Kekrops ein Stier geopfert und dieses blutige Opfer dann auch hier wieder durch eigene sinnbildliche Gebräuche motivirt und entschuldigt wurde. Endlich die Maemakterien im Maemakterion, der gegen den Anfang des Winters fiel und von dem Ζ. μαιμάκτης d. h. dem wild aufgeregten,